OFF! / Fucked Up / Hammerhead
19.08.11 Underground, Köln
Generationentreffen im Underground, 35 Jahre Hardcore-Geschichte trafen an diesem Abend zusammen und dementsprechend war der Laden ausverkauft
Als um acht Uhr Fucked Up gerade ankamen, ihre Shirts und CDs zum Merchstand im Biergarten trugen und ihr Equipment in den Club rollten, begannen schon Hammerhead. Die Rheinländer haben auch bereits 20 Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel, gelten als eine der ersten deutschen Hardcore-Bands, hatten sich eigentlich 2004 aufgelöst, spielen aber seit zwei Jahren wieder Konzerte. Ihre vom 80er Jahre Ami-HC beeinflusste Musik mit schrägen deutschen Texten passte natürlich hervorragend zu OFF! und Fucked Up bekamen einen kleinen Seitenhieb verpasst, indem Sänger Scheiße mal eben klar stellte, dass Hammerhead ja eigentlich die erste Punk-Oper verfasst hätten und zudem noch auf deutsch.
Eine halbe Stunde Spielzeit und eine weitere halbe Stunde Umbauzeit später betraten dann die sechs Kanadier von Fucked Up die Bühne. Vor drei Monaten spielten sie bereits hier, aber nun ist ihr epochales Meisterwerk
David Comes To Life erschienen und sogar Spiegel Online lobte die Band und bezeichnete Sänger Damian Abraham als "Pavarotti in Unterhose". Nun ja, das ist halt der Fluch eines Konzeptalbums, das zu Recht als Punk-Oper bezeichnet wird und eines der absoluten Highlights des Musikjahres 2011 darstellt.
Der einstündige Walkürenritt wird mit
Queen Of Hearts eröffnet und auch danach rollten die Stücke von
David Comes To Life wie aus einem Guss, wenn auch in veränderter Reihenfolge und nicht komplett. Und natürlich stand die Rampensau Damian Abraham mit seinem massigen Körper im Mittelpunkt. Verschmitzt hatte er schon zu Beginn angekündigt, was jeder, der die Band schon einmal live gesehen hat, eh wusste, dass er einen engen Kontakt zum Publikum während eines Auftritts pflegt, nicht nur den Leuten das Mikro ins Gesicht hält, sondern sie auch gerne Huckepack nimmt und überhaupt jede Ecke des Club bewandert. Dies machte er natürlich auch im vollgepackten Underground. Und in diesen Momenten musste man sogar dem Spiegel zustimmen, der Fucked Up als "Berserker der Liebe" bezeichnete, denn trotz der aggressiven Musik, dem manchmal bedrohlich wirkenden Grimassen Abrahams, verströmte er eine unglaubliche positive Energie, klatschte Fans ab, die Stagediver hoch halfen oder einfach nur gut gelaunt aussahen.Nach 50 Minuten verließ die Band die Bühne, kam aber noch einmal für eine Zugabe zurück und spielte dabei sogar den alten Fucked Up-Klassiker
Police. Ein Set, das eines Headliners würdig gewesen wäre.
Hammerhead gründeten sich 1990, Fucked Up 2001 und OFF! erst 2009. aber OFF! sind ja in dem Sinne keine "neue" Band, setzen sie sich sich doch aus alten Hasen zusammen wie Bassist Steven McDonald von Redd Kross oder Schlagzeuger Mario Rubalcada, der schon in mehr Bands trommelte, als manche Songs im Repertoire haben, und natürlich Sänger Keith Morris, mittlerweile fast 56 Jahre alt und Gründer von Black Flag. Es scheint eine besondere Generation von Performern zu sein, die Ende der Siebziger anfingen. Wie Jello Biafra vor gut drei Wochen untermalte Morris seinen Gesang ebenfalls durch ausdrucksstarke Mimik und Gestik und hielt auch mehrfach zwischen den Songs längere Monologe, allerdings keine politischen Statements, sondern eher Biographisches. Er erzählte von seinen Drogenerfahrungen mit Tranquilizern für Elefanten (!), gemischt mit Bier und PCP, in der Einleitung zu
Peace In Hermosa oder von den vielen musikalischen Weggefährten, die inzwischen verstorben sind, bei
Jeffrey Lee Pierce. Dabei musste er die ganze Zeit auf die Zähne beißen, denn vor wenigen Tagen war Morris in München in der Dusche ausgerutscht und auf den Rücken gefallen und die Schmerzen merkte man ihm noch immer an. So musste er sich immer am Mikrofonständer abstützen und langsam wie ein Ischias geplagter Rentner herablassen, um die auf dem Bühnenboden stehenden Wasserflaschen zu erreichen, die ihm auch ein Roadie oder Bandkollege reichen können.
Musikalisch wurde die
First Four EPs komplett gespielt inklusive des Bonustracks
Sexy Capitalists sowie
Compared To What von einer neuen im Mai erschienenen Single. Diese achtzehn Stücke waren natürlich in weniger als einer halben Stunde durchgespielt, doch die Band kam zu einer Zugabe wieder. Keith Morris erläuterte, dass sie nicht mehr Songs hätten und es daher wie schon in den Anfangszeiten von Black Flag machen würden: sie spielten die ersten drei Lieder des Sets einfach noch einmal. Doch nach insgesamt 35 Minuten war dann endgültig Schluss, zumal auch Morris immer stärkere Schmerzen zu haben schien. Es war schon bemerkenswert genug, wie er durchgehalten und dabei immer noch unglaublich viel Charisma versprüht hatte.
Dennoch waren für mich Fucked Up die beste Band des Abends, die einfach mit ihrer Musik mehr meinen Geschmack treffen, denn ich war halt nie so ein Hardcore-Kiddie, die auch an diesem Abend wieder mit ausgefahrenen Ellenbogen den harten Mann machten zum Leidwesen der Umstehenden. Wie es auch anders geht, zeigten die Berserker der Liebe.
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Setlist OFF! |
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