Sonntag, 25. November 2012

Pressure Air Festival

Pressure Air Festival

w/ Captain Planet / City Light Thief / Love A / Nepomuk

24.11.12 Druckluft, Oberhausen

Während andernorts in NRW gerade das Area 4 Festival zu Grabe getragen wurde, gönnte sich das nette Druckluft in Oberhausen den Luxus, mal eben an zwei Abenden ein kleines, aber feines Festival auf die Beine zu stellen. Das klingt doch gleich imposanter, als wenn man für den Samstag einfach nur Captain Planet mit drei Vorgruppen angekündigt hätte.
Und getreu dem alten Sesamstraßen-Motto "Eins von diesen vier Dingen passt nicht zu den anderen" gab es dreimal punkige Gitarrenklänge und als Ausreißer netten Akustik-Indiepop. Den spielten direkt als erste Band Nepomuk und der klang wirklich angenehm, sofern man das von draußen, bzw. dem kurzen Aufenthalt in der Halle zum Getränke holen beurteilen konnte. Nein, das war nicht die feine Art, aber besser so die sozialen Kontakte vor der Halle pflegen, als durch das Gelaber die Musiker zu stören. Auch Love A wurden auf die gleiche Weise vernachlässigt, hier aber mit mehr Kalkül, denn letztes Jahr im Vorprogramm von Turbostaat in der Zeche Carl konnten sie uns nicht überzeugen und so beugten wir einer weiteren Enttäuschung geschickt vor.

Captain Planet

Zu City Light Thief begaben wir uns dann endlich in die inzwischen sehr gut gefüllte Halle und bereuten es nicht. Der Band aus Grevenbroich gelang es nämlich, zwischen härteren Schreipassagen und fast schon konventionellem Indierock zu wechseln, ohne dass dabei der homogene Eindruck verloren ging. Und zudem haben sie einfach einige herausragende Songs im Repertoire, für die so manche bekanntere Band sie beneiden dürfte. Vor allem Pioneers müsste eigentlich längst ein Hit sein, lebten wir in einer gerechteren Welt. Und auch wenn sich Sänger Benjamin als bühnenblind bezeichnete, um so seinen sparsamen Aktionsradius zu entschuldigen, war es dennoch eine sehr Energie geladene Show mit dem Bonus der Live-Premiere eines brandneuen Songs, da die Band gerade an ihrem zweiten Album arbeitet.
Captain Planet haben ja von allen Seiten bereits reichlich Lob für ihr gerade erschienenes drittes Album Treibeis erhalten, so dass es nicht verwunderlich war, dass bei ihrem Auftritt das Druckluft dann proppevoll war. Gegen halb zwölf betraten sie die Bühne, legten los und es passierte nichts. Das Publikum war verhalten, die Band wirkte müde, so dass Gitarrist Benni nach der Ursache fragte und für sich und seine Mitstreiter veganes Gyros mit Pommes als Schuldigen nannte.


Doch ab Blattsport wendete sich das Blatt. Es kam reichlich Bewegung ins Publikum, so dass sogar die ersten Leute auf die niedrige Bühne gedrückt wurden. Daher gab es eine mahnende Bitte um Rücksicht, da bei ähnlichen Zuständen am Abend zuvor in Münster ein Mädchen durch Bierflaschen-Scherben blutige Schnittverletzungen erlitten hatte und die Band das Konzert vorzeitig beenden musste. Ein im sicheren Bereich neben der Bühne stehende Iro-Punk fiel dabei nichts Dämlicheres ein, als "Heul doch" zu rufen, was mich kurz in Versuchung führte, die leeren Bierflaschen in seinem Gesicht zu parken, anstatt sie vom vorderen Bühnenbereich nur wegzuräumen. Das Publikum war zum Glück besonnener als diese Assel und passte aufeinander auf, ohne allerdings an Bewegungs- und Mitsingfreude nachzulassen.

Captain Planet

Natürlich wurden reichlich neue Songs gespielt und klangen dank der Unterstützung von Matula-Gitarrist Basti auch fett, aber zwischendurch gab es natürlich Klassiker wie Rambo oder Spreu vom Weizen. Hierbei zeigte sich, wie sehr die Fans schon das neue Album ins Herz geschlossen haben, denn die Refrains von Pyro oder Spielplatz wurden mindestens so inbrünstig mitgesungen wie die alten Gassenhauer. Auch die Kollegen von City Light Thief standen die ganze Zeit am Bühnenrand und gröhlten textsicher mit, wechselten dann sogar nach und nach den Platz und warfen sich in den Trubel vor der Bühne.
Nach einer Stunde gingen Captain Planet von der Bühne, kamen aber noch einmal für eine Zugabe zurück, die mit Wespenstich nach gut 75 Minuten dann den finalen Akkord brachte.


Der Auftritt endete damit nicht so spät wie vor drei Jahren, als sich Captain Planet mit Matula durch wüstes Schneetreiben quälten und erst abends um zehn am Druckluft ankamen und dennoch eine damals deutlich leerere Halle amtlich rockten. Nun dürften sie der einzige ernsthafte Verfolger von Turbostaat sein und damit bald die Fassungsvermögen der kleinen Clubs und Jugendzentren sprengen. Verdient haben sie es.

Donnerstag, 22. November 2012

Caspian

Casoian / thisquietarmy

16.11.12 Druckluft, Oberhausen

Ist Postrock nicht eigentlich ein zu ausgelutschtes Genre, als dass es sich wirklich noch lohnt, Bands, die sich dieser Musikrichtung verschrieben haben, live anzusehen? Ich persönlich habe dieses Jahr jedenfalls Bands bevorzugt, die die Betonung auf Rock legten wie Sleepmakeswaves. Ansonsten müssen sie sich schon anstrengen und eine besondere Atmosphäre schaffen, wie es Immanu El in Dortmund gelungen ist.

thisquietarmy

Dies gelang thisquietarmy im Druckluft leider nicht. Die Einmann-Combo hatte zwar düstere Projektionen/Filmchen am Start, die vom Künstler mit seiner elektrischen Gitarre, diversen Effektgeräten und Sounds aus dem Laptop untermalt wurden, doch nach den ersten zehn Minuten legte sich die Neugier und das Ganze war zu eintönig, um wirklich zu fesseln. Ich hätte mir mehr Stücke mit Drumcomputer gewünscht, die sein Album Resurgence recht abwechslungsreich machen und streckenweise an Spacemen 3 oder A Place To Biury Strangers in Zeitlupe erinnern lässt, während sein neuestes Werk Phantom Limbs reines Gedröhne ist. Zudem ist es auf Dauer nicht wirklich spannend, jemanden im Dunkeln an irgendwelchen KNöpfen zu seinen Füßen herumschrauben zu ahnen.

Caspian

Caspian erfüllen eigentlich genau das Klischee einer Postrock-Band: drei Gitarren; manchmal ellenlange, atmosphärisch wirkende Einleitungen, bevor es dann zum Ausbruch mittels einer Wall Of Noise kommt; rhythmisches Mitwiegen im Takt, wie man es von Explosions In The Sky kennt. Aber trotz oder gerade wegen ihrer Vorhersehbarkeit schafften sie es, gut zu unterhalten. Bevor man entschlummern konnte, bekam man ein Gitarrenbrett an den Schädel geknallt, der zwangsweise im Takt mitschwingen musste, aber genauso wurden im richtigen Moment wieder Noise-Nebel erzeugt, damit man sich entspannen konnte.
Dem Rest des Publikums im sehr gut gefüllten Druckluft, man hatte seit langem mal wieder darauf verzichtet, die Bühne vorzuziehen, schien es ähnlich zu gehen, sah man doch eine menge bangender Köpfe.
Von den Neuerungen auf ihrem aktuellen Album Waking Season, dem spärlich eingesetzten Gesang, bekam man zum Glück kaum etwas mit, denn dafür war wohl das Mikro zu leise, als dass sich die Stimme gegen die Instrumente durchsetzen konnte. Ich fand das gut, denn das gehört für mich auf dem Album zu den Schwachpunkten.


Halls Of Summer hingegen war durch den zusätzlichen Schlagzeug-Einsatz eines der Gitarristen hervorstechend und gefiel mir besonders wie auch das letzte Stück des Abends, Sycamore, bei dem wiederum ein Teil des Schlagzeugs nach vorne geholt wurde, auf dem diesmal eine sechste Person, der Tour Manager (?), die ganze Zeit herumtrommelte, ehe der Rest der Band ebenfalls mit einstieg.
Caspian pusten zwar nicht den staub aus der Schublade Postrock sicherlich kein neues Leben ein, waren aber live gut genug, um fast anderthalb Stunden live nicht zu langweilen, was andere Genre-Größen wie Explosions In The Sky letztes Jahr nicht geschafft haben.


Wallis Bird

Wallis Bird / Oh Othello

15.11.12 Bahnhof Langendreer, Bochum

Wann kann man schon einmal Alanis Morissette, Melissa Etheridge und Tori Amos in einem kleinen Club gemeinsam auf der Bühne erleben? Nun, musikalische Grobmotoriker wie ich würden die Musik der Irin Wallis Bird als eine Mischung der drei Damen bezeichnen und sich beim Konzert im Bochumer Bahnhof Langendreer davon überzeugen, ob diese Schubladen auch wirklich passen.
Doch zunächst unterhielt das Duo Oh Othello die Anwesenden mit ihren netten, aber auf die Dauer doch eher langweilenden Folksongs. Bonuspunkte konnten sie dafür mit ihrer sympathischen Art sammeln und einer Rap-Einlage, die sie für ein demnächst stattfindendes Konzert im Vorprogramm des Hip-Hoppers Käpt'n Peng mal eben am Bochumer Publikum ausprobierten.

Wallis Bird
Um 21:20 betrat dann Wallis Bird zunächst alleine die Bühne, um dann nach und nach einzeln ihre Band hoch zu holen und vorzustellen, bevor es los ging. Dabei stellte sie überrascht fest, dass sie gar keine Setlist ausliegen hatte.Doch das Quintett schien so eingespielt genug, dass sie eigentlich keine brauchten. Von Anfang an versprühten sie eine solche positive Energie und Spielfreude, dass auch die Stimmung im Publikum direkt da war und mitgeklatscht und mitgesungen wurde. Bei Your Daddy setzte sich Wallis sogar ans Schlagzeug, während der Drummer sich als Rapper versuchte. Außerdem ließ sie einmal ihre Gitarre durch die Halle crowdsurfen, bekam sie auch unversehrt wieder. Zudem erkundigte sie sich nach speziellen Bochumer Redensarten und bekam gleich eine kleine Lektion in Sachen Ruhrpott-Deutsch und lernte so das Wörtchen Hömma.
Zwischendurch nahm sie aber auch musikalisch immer wieder das Tempo raus und sorgte mit akustischen Soloeinlagen für gebannte Stille im Publikum. Hierbei stach das bislang unveröffentlichte River Of Paper heraus, das nahtlos in Ghost Of Memories (wieder in voller Bandbesetzung) überging.


Nach einer guten Stunde beendete sie mit In My Bones ihr Set, doch der gut gefüllte Bahnhof Langendreer forderte natürlich eine Zugabe. Und wann, wenn nicht dann, sollte man ein Lied namens Encore spielen. Doch das Beste hatte sie sich für den Schluss aufgehoben, In Dictum. Solo mit der Gitarre, aber im Refrin stimmlich unterstützt von ihrem Gitarristen und ihrer Geigerin, zauberte sie eine Gänsehaut hervor, vor allem als sie zur Zeile There are devils inside... ansetzte.


Auch wenn es musikalisch auf Platte nicht immer meine Baustelle ist, so kann man sich live der Ausstrahlung der kleinen Irin einfach nicht entziehen, so dass ich sie mir jederzeit wieder anschauen würde.