Divorce / Pfandflasche
23.03.13 Baustelle Kalk, Köln
Glasgow verfügt sicher über eine der lebendigsten Musikszenen der Welt und daher verwundert es auch nicht, dass sie auch für so ein abseitiges Genre wie Noise-Rock einen reichhaltigen Nährboden bietet, wie z. B. die leider verblichenen Take A Worm For A Walk Week. Eines der dort blühenden Nachtschattengewächse sind Divorce, die für das Genre untypisch nur ein männliches Mitglied am Schlagzeug haben. Nach diversen Singles und EPs hat das Quartett letztes Jahr sein erstes Album veröffentlicht und tourt damit nun durch Europa, wobei sie mit dem T.A.W.F.A.W.W.-Nachfolge-Projekt Rungs den Tour-Auftakt letzten Sonntag im Nice'N'Sleazy bestritten, man kennt sich halt in Glasgow.Divorce |
In NRW machten sie dabei nur in einem Hinterhof Station. Die Baustelle Kalk ist ein Kulturverein, der sich zu seinem einjährigen Bestehen mit einer Ferienschule vorstellt und das Konzert stellte die Eröffnungsfeier dar. Als Vorgruppe hatte man daher eine lokale Schülerband gesucht und in Pfandflasche auch gefunden. Die vier Jungs scheinen, wie man aus den Gesprächen der anwesenden Freunde und Mitschüler entnehmen konnte, gerade ihr Abitur gemacht zu haben. Offenbar gingen sie sehr ambitioniert an ihren Auftritt heran. Der Sänger/Keyboarder trug etwas, das man mit gutem Willen als dandyhaften Morgenmantel bezeichnen könnte, während der Bassist auch schon vor dem Auftritt ständig eine Sonnenbrille trug. Als sie erfuhren, dass sie nur eine halbe Stunde Zeit hätten und daher ihre Setlist etwas optimieren müssten, setzten bandinterne Diskussionen ein, wie man dennoch die ausgewogene Struktur des Sets wahren könnte. Die Musik entpuppte sich dann als deutschsprachiger Indie-Pop á la Die Sterne. Bei den Texten merkte man deutlich an, dass es noch eine sehr junge Band ist, aber gut gespielt war die Musik, auch wenn sie manchmal doch den älteren Anwesenden wie u. a. dem Sänger von EA 80 ein Schmunzeln entlockten, während die Kids vor der Bühne heftig abtanzten. Dem als Direktor der Ferienschule fungierenden Künstler Dejan Spasovski gefielen sie aber scheinbar so gut, dass er ihnen eine Zugabe zugestand und mit frischem Wodka-O in der Hand auf der Bühne mittanzte.
Divorce |
Tanzmusik war von Divorce nicht zu erwarten, pendelt ihre Musik doch zwischen fast atonalem Lärm und rhythmischer Monotonie, wobei über allem Sängerin Jennie Fulks sägendes Organ liegt. Für den Auftritt in Köln hatte sie sich in ein Bärchen-Karnevalskostum gepackt, in dem sie ständig durch den kleinen Raum nicht nur hin und her wuselte, sondern auch manchmal rauf und runter, wenn sie den Halt verlor und unfreiwillig auf dem Boden landete.
Eine Dreiviertelstunde wurde geschrien und gerockt, wobei ich überraschenderweise die Musik auf Platte als noch intensiver und verstörender empfinde, was auch daran liegen mochte, dass gerade meine Lieblingsstücke Cunts In A Circle und Pencils Giant Pencils nicht gespielt wurden. doch dafür versöhnte das großartige Stabby Stab. Zeit für eine Zugabe war auch noch und um kurz nach zehn war dann Schluss, der Hinterhof-Lage und den Nachbarn geschuldet.
Herzlichen Glückwunsch an die Baustelle Kalk zum ersten Geburtstag und dass sie diese tolle Band nach Köln geholt haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen