Sonntag, 28. Juli 2013

Texas Is The Reason / The Thermals

Texas Is The Reason / The Thermals

26.07.13 Tower, Bremen

Omas Teich wurde kurzfristig trocken gelegt, das Festival in Ostfriesland wurde zwei Tage vor Beginn wegen finanzieller Schwierigkeiten abgesagt. Was machen eigentlich Bands mit ihrer ungeplanten Freizeit? Texas Is The Reason, zum ersten Mal in Europa auf Tour seit 16 Jahren, wollten sich offensichtlich nicht um einen der wenigen Auftritte vor ihrer erneuten Auflösung bringen lassen und setzten kurzer Hand eine Show im Bremer Tower an und nahmen The Thermals gleich mit, die gerade in Europa einige Konzerte zu ihrem neuen Album Desperate Ground spielten, ehe es im Herbst auf ausgedehnte Tour geht. Und da ich den Freitag zufällig frei hatte und The Thermals kein Konzert in NRW auf ihrem Plan sehen hatten, machte ich mich auf den Weg an die Weser.



Zur Hinfahrt probierte ich erstmals die neue Buslinie City2City aus, die mich um sieben in Bremen ankommen lassen wollte. Da freitags die Autobahnen gerne verstopft sind, hatte der Bus letztlich eine Stunde Verspätung, aber da erst um 20 Uhr Einlass war, passte das noch.  Die Fahrt selber war angenehm, der Bus klimatisiert und mit ausreichend Beinfreiheit. In Bremen hatte es bei 30 Grad gerade geregnet, so dass man direkt aus dem Bus in eine Sauna trat, dass selbst im Tower eine bessere Luft herrschte als draußen, was auch daran lag, dass der kleine Club sich nur langsam füllte, da viele das Kioskbierchen in der Abendhitze vorzogen.

The Thermals

Um Punkt neun begannen daher The Thermals noch vor spärlich gefülltem Haus und rockten los, als wären sie der Headliner. Und war anfangs das Publikum noch verhalten, konnten sie sich der Hitmaschine aus Portland nicht entziehen. Die Setlist bestand aus einem Querschnitt der Diskographie, ein typisches Festival-Set also. Zudem gewannen die Thermals einfach durch ihre "aufdringliche" Art. Zuerst sprang Sänger Hutch Harris samt Gitarre mal kurz vor die Bühne, um die Leute aufzulockern. Später revanchierte sich ein offensichtlich beeindruckter Gast mit einer Runde Pils, die er auf die Bühne stellte. Hutch flößte einen Becher seinem Schlagzeuger ein, der ob des kühlen Getränks scheinbar einen Magenkrampf bekam, sich kurz schüttelte und dann weiter auf sein Schlagzeug eindrosch, das sich dabei ständig um wenige Millimeter gen Bühnenrand verschob, um irgendwann plötzlich, wohl von Hutch inspiriert, ebenfalls ins Publikum zu hüpfen und den edlen Bier-Spender zu umarmen.


Der Riss in Harris' T-Shirt wurde von Minute zu Minute größer und gerade rechtzeitig, bevor das Shirt sich komplett auflöste, war das Set auch schon vorbei. 18 Songs in gut 51 Minuten, im Prinzip ein komplettes, reguläres Konzert ohne Zugaben, das bewies, dass The Thermals einfach jedes Publikum im Sturm erobern können und Lust auf die Tour im Oktober machte.

Setlist The Thermals

Setlist The Thermals:
Forward
Returning To The Fold
It's Trivia
Born To Kill
I Might Need You To Kill
An Ear For Baby
How We Know
Faces Stay With Me
The Sunset
I Don't Believe You
We Were Sick
St. Rosa And The Swallows
A Pillar Of Salt
Now We Can See
Here's Your Future
Born Dead
No Culture Icons
Overgrown, Overblown!


Danach wurde umgebaut für Texas Is The Reason. Die Band gilt als eine der einflussreichsten Emo-Bands überhaupt und hatte sich 1997 nach nur einem Album aufgelöst. Sänger Garrett Klahn blieb danach am aktivsten, spielte u. a. im Samiam-Nebenprojekt Solea und in Atlantic/Pacific, Gitarrist Norm Arenas und Bassist Scott Winegard waren mit Jonah Matranga bei New End Original, während Schlagzeuger Chris Daly später bei Jets To Brazil war. Nach einer Handvoll vereinzelter Reunion-Shows in den USA sind sie nun für gut eine Woche noch einmal in Europa unterwegs. 

Texas Is The Reason

Entsprechend ihrem Kult-Status war der Tower um kurz vor halb elf dann prall gefüllt. als die Instrumental-Klänge von Do You Know Who You Are? ertönten. Danach ging es dann mit Back And To The Left als erstem richtigen Song los. Vor allem Arenas und Winegard hüpften das Set über ausgelassen rum, während Klahn quasi das Emo-Klischee bedienen durfte und neben gerührten Ansagen versprach, jeden einzelnen Song, den sie kennen würden, zu spielen. Die Setlist sah zumindest danach aus. Ob er sein Versprechen tatsächlich gehalten hat, kann ich leider nicht sagen, denn mein Zug zurück ins Ruhrgebiet fuhr zu früh, als dass ich bis zum Ende bleiben konnte. Die gute Stunde, die ich gesehen habe, war es ein gutes Konzert, auch wenn ich für überschwängliche Begeisterung nicht genug Fan bin und mir ehrlich gesagt auch die Lobeshymnen nicht so recht erklären kann. Damals wie heute fand ich Samiam um Längen besser (da passt es, dass Texas Is The Reason auf der gemeinsamen Tour im Mai/Juni 1996 ausgerechnet im Bochumer Zwischenfall, wo ich in dem Jahr Samiam live gesehen hatte, nicht mit am Start waren) und natürlich kann man ihren Sound durchaus bei Bands wie The Get Up Kids raushören, allerdings hatten die dann die deutlich besseren Songs.
Nichtsdestotrotz war es schön, eine Legende live erlebt zu haben, aber das Highlight waren mal wieder The Thermals, die einfach live mal wieder eine Wucht waren und wohl jede Band an die Wand spielen können.

Setlist Texas Is The Reason

Setlist Texas Is The Reason:
Do You Know Who You Are?
Back And To The Left
Johnny On The Spot
Nickel Wound
Every Little Girl's Dream
If It's Here When We Get Back It's Ours
Dressing Cold
When Rock'n'Roll Was Just A Baby
There's No Way I Can Talk Myself Out Of This One Tonight (The Drinking Song)
Something To Forget
The Day's Refrain
The Magic Bullet Theory
Blue Boy
Antique
A Jack With One Eye

Texas Is The Reason

Montag, 22. Juli 2013

The Menzingers

The Menzingers / The Arteries

17.07.13 Druckluft, Oberhausen

Mensch Druckluft, such dir einen neuen Booker! Inzwischen finden so viele tolle Konzerte in dem netten Laden in Oberhausen statt, dass ich den Weg vom Bahnhof schon mit geschlossenen Augen gehen kann. Und sollte ich dabei mal überfahren werden, ist eben dieser Booker Schuld.

The Arteries

Diesmal war wieder Punkrock angesagt und da das scheinbar jüngeres Publikum zieht, war früher als gewohnt Beginn. Um zwanzig nach acht standen die vier Waliser von The Arteries bereits auf der Bühne. Ich hatte sie schon einmal live gesehen und damals in Bonn hatten sie mich jetzt nicht vom Hocker gehauen. Auch diesmal waren sie nicht meine neue liebste Band, aber ihr etwas härter gespielter Punkrock gefiel mir besser als noch vor 20 Monaten. Allein die Stimme des Sängers passte nicht so recht zu der Musik, denn dafür war sie einfach zu hoch. Dennoch Respekt für die Show, zumal sich ihr Stamm-Bassist den Arm gebrochen hatte und sie erst am Morgen Ersatz in Form des Vier-Saiten-Zupfers der befreundeten Caves vom Dortmunder Flughafen abgeholt hatten.


Während The Arteries noch die Leute auffordern mussten, nach vorne zu kommen, wurde es danach zu The Menzingers ganz von alleine voll vor der Bühne. The Menzingers haben sich eine treue Fangemeinde erspielt. Ihr vorletztes Album Chamberlain Waits war nett, aber nicht herausragend, doch letztes Jahr gelang ihnen mit On The Impossible Past der Durchbruch auch in meine Ohren. Hauptgrund ist sicherlich die Vermischung ihres bis dato durchschnittlichen Emo-Pop-Punk, wie ihn in den USA scheinbar Millionen von Bands spielen, mit einer gehörigen Prise Alkaline Trio.

The Menzingers

Vor allem Good Things, der Opener des Albums, hat alles, was einen guten Matt Skiba-Song ausmacht, eine düstere Stimmung, gepaart mit einer Singalong-Melodie, die einen sofort mitsummen und später dann laut mitgröhlen lässt.


Das geschah natürlich auch in Oberhausen und spätestens ab da war die Party in vollem Gange. Die Kids zeigten sich textsicher und ließen sich auch von der Hitze nicht in ihrem Bewegungsdrang einschränken. Man konnte sich aber auch sehr leicht bei Gitarrist Tom May mit Hummeln im Hintern anstecken, so wie er über die Bühne wirbelte.Einen kleinen Bruch gab es, als der andere Gitarrist Greg Barnett technische Probleme hatte. Man tauschte einen Teil des Verstärkers und auch die Gitarre aus und danach ging es weiter, doch der Sound war deutlich schlechter als vorher. Der Stimmung tat das aber keinen Abbruch und als die Band nach gut fünfzig Minuten die Bühne verließ, wurde natürlich lautstark eine Zugabe gefordert.

Setlist The Menzingers

Für zwei Songs kam das Quartett auch noch einmal wieder und überraschte mit einem Cover von Bullet With Butterfly Wings von den Smashing Pumpkins, ehe dann mit Casey nach einer Stunde der Auftritt beendet wurde.
Letztlich war es ein richtig gutes, solides Punk-Konzert, das Spaß machte, auch wenn man sich fragen muss, warum zwei Wochen zuvor bei Goodbye Fairground / Idle Class nicht genau so viele Menschen waren.


Sonntag, 21. Juli 2013

Two Gallants

Two Gallants / Mozes And The Firstborn

15.07.13 Druckluft, Oberhausen

Fünf Jahre haben Two Gallants gebraucht, bis das neue Album letztes Jahr endlich erschienen ist und gefühlt genau so lange wollen sie damit nun auf Tour gehen, um es auch wirklich überall zu Gehör zu bringen.

Warten auf Siegfried & Roy...

So hatte das Duo erst im Mai im Zakk in Düsseldorf gespielt und spielte nun nur wenige Kilometer weiter in Oberhausen. In Erwartung, das Druckluft voller als sonst zu erleben, betraten wir um kurz vor neun die Halle und sahen nur zwei Tiger auf den Boxen. Also schnell ein Bier geholt und in die Sonne gesetzt, was auch der Rest der bereits Anwesenden und auch die Hinzukommenden machten. Gegen halb zehn strömten die Leute dann zur holländisch-belgischen Vorband Mozes And The Firstborn, die uns aber eher langweilten, so dass wir außer einem kurzen Besuch an der Theke weiter die untergehende Sommersonne bevorzugten. Sie bezeichnen ihre Musik selber als Garage Pop, für mich klang es teilweise wie Oasis für Kiffer.

Two Gallants
Kurz vor halb elf begannen dann Two Gallants. Ich mag ja die Kombination Schlagzeug/Gitarre und finde es immer wieder erstaunlich, welch Dynamik ein Duo erzeugen kann, siehe Bands wie Japandroids oder natürlich Dÿse. Ähnliches erwartete ich von Adam Stephens und Tyson Vogel, doch die zwei Kalifornier konnten dies nicht ganz erfüllen.
Sehr schön gefielen mir die krachigeren Passagen, bei denen der Drummer so richtig Gas geben konnte und bei den folkigeren Songs die zweistimmigen Harmonien. Der Rest war nicht schlecht, auch der Ausflug von Stephens ans Keyboard nicht, auch wenn man merkte, dass er an der Gitarre versierter ist. Aber zu oft wirkten die Songs zu lang. Anstatt auf den Punkt zu kommen, wurde immer noch ein Stück dran gehängt.
Exemplarisch fiel dies bei der Coverversion von Tom Pettys A Thing About You auf. Im Original von 1981 ein Mid- bis Uptempo-Song von nicht ganz dreieinhalb Minuten, verlangsamten die Two Gallants ihn und streckten ihn dafür auf sechs Minuten.


Aber das kam nicht überraschend, ist das doch auch die Schwäche des letzten Albums The Bloom And The Blight. Die Songs folgen meist traditionellen Folk-, Americana- und Rock-Strukturen, sind krachiger geraten als die Vorgänger, aber halt oft die Minute zu lang, die den Spannungsbogen nicht oben hält.
Und so waren es zwar insgesamt über hundert durchaus unterhaltsame Minuten im Druckluft, aber ein knackigeres, kompakteres Set hätte mir sehr viel besser gefallen.

10 Jahre AKZ Recklinghausen

10 Jahre AKZ Recklinghausen

w/ Duesenjaeger / Messer / Freiburg / Andalucia

13.07.13 AKZ, Recklinghausen

Das AKZ in Recklinghausen feierte sein 10jähriges Bestehen mit einem großen Fest und viel Musik auf zwei Bühnen. Da das Wetter mitspielte, hielten sich die Besucher die meiste Zeit im Hof auf und begaben sich immer nur zu den einzelnen Bands ins Innere. Die erste Band, die ich mitbekam, war Andalucia, ein Duo an Schlagzeug und Gitarre, das sich scheinbar nicht richtig entscheiden kann, ob sie weinerlichen Indie-Schrammelpop oder verkreischten Noiserock spielen wollen und so elegant an meinem Geschmack vorbei spielten.

Freiburg

Danach dann Freiburg, die mich schon im Dezember im Vorprogramm von Turbostaat überzeugt hatten. Und das taten sie diesmal wieder mit ihrem vollen Brett an Oma Leatherface-Songs und dem scheinbar obligatorischen Tocotronic-Cover am Ende.

Messer

Messer haben inzwischen Zuwachs bekommen, einen zweiten Drummer. Leider war bei dem doch recht schepperndem Sound im AKZ nicht wirklich herauszuhören, ob er den Sound der Band bereichert. Sänger Hendrik, der mir beim ersten Live-Erlebnis letztes Jahr als Vorgruppe von Cerebral Ballzy eher unangenehm aufgefallen war, trug diesmal trotz der Sauna-Temperaturen im Raum schwarze Lederhandschuhe, übertrieb dafür aber sein Stage Acting nicht so sehr, so dass man seinen Auftritt als verbessert bezeichnen könnte. Einen brandneuen Song spielten sie, dazu bereits wie im letzten Jahr Neonlicht und natürlich fast das komplette Album Im Schwindel.


Das alles klang gut und wurde auch entsprechend mit Applaus bedacht.
Zum Abschluss spielten dann Duesenjaeger und inzwischen war der Konzertraum rappelvoll. Nach einem längeren Gebastel an der Verkabelung ging es endlich mit Vollgas los. Wie bei Freiburg kann man auch bei Duesenjaeger die musikalischen Eckpunkte bei Bands wie Oma Hans oder Leatherface setzen.

Duesenjaeger

Da der Zeitplan in Verzug geraten war, hatten die vier Osnabrücker nicht so viel Zeit und rasten durch ihr Set, um dann gegen viertel nach elf den Nachbarn des AKZ nach Las Palmas O.K. dann die Nachtruhe zu gönnen.


Es war eine gelungene Geburtstagsfeier des AKZ Recklinghausen, dem man in Zeiten, in denen in anderen Städten die AZs ums Überleben kämpfen, alles Gute für die Zukunft wünschen kann.


Sonntag, 7. Juli 2013

Goodbye Fairground / Idle Class

Goodbye Fairground / Idle Class / In Tradition

04.07.13 Druckluft, Oberhausen

Wieviel sind gute Kritiken für die eigenen Platten und Live-Auftritte im Vorprogramm bekannterer internationaler Bands wirklich wert? Goodbye Fairground aus dem Ruhrgebiet und Idle Class aus Münster werden regelmäßig gelobt und das völlig zu Recht, aber reicht das aus, um als Headliner eine ansehnliche Anzahl an Besuchern ins Druckluft zu locken?
Als ich an diesem sonnigen Donnerstag um kurz vor neun die Halle betrete, ist außer mir nur ein einsamer Mensch hinter der Theke dort. Allerdings war der Biergarten vor der Kneipe gut gefüllt und es trudelten immer noch Leute ein.

In Tradition

Als In Tradition gegen 21:20 anfingen, war die Halle denn doch ansehnlich gefüllt. Allerdings konnten mich die Essener, die nach eigenen Angaben erst ihre zweite Show überhaupt spielten, nicht wirklich überzeugen, da man ihnen ihre Unerfahrenheit anmerkte und die Songs auch nicht gerade Erinnerungswert besaßen. Das alles mag zu entschuldigen sein, aber als der Sänger sich als Liebhaber der Musik der 90er outete und die Band dann Coco Jambo zerschredderte, war es doch mit meiner Geduld vorbei und ich flüchtete nach draußen.

Idle Class

Danach schafften es Idle Class mühelos, dass ich mich von dem Schock erholte. Da ausreichend Platz in der Halles des Druckluft vorhanden war (letztlich waren nur ca. 30 zahlende Besucher gekommen), verlegten Bassist Benny und Sänger Tobi ihren Spielraum vor die Bühne, so dass die beiden Gitarristen oben auf den Brettern ungestört herumtoben konnten. Das taten sie auch und bretterten wild durch ihr seit einem Monat erschienenem Debüt-Album The Drama's Done. Die Band lebt von ihrer Energie und den z. T. vierstimmigen Gesangparts, die ins Ohr und in die Beine gehen. Allerdings hielt sich auf Grund der wenigen Zuschauer die Bewegung im Publikum in Grenzen, nur ein verwirrter Sachse wollte mit Tobi wohl einen Moshpit starten und rempelte ihn immer wieder an, bis dieser ihm entnervt den Vogel zeigte und er sich wieder von dannen trollte.


Idle Class brauchen sich jedenfalls hinter den ganzen Ami-Bands, die sie regelmäßig supporten, keineswegs zu verstecken und werden hoffentlich bald die Zuschauerzahlen haben, die sie verdienen.
Gleiches gilt auch für Goodbye Fairground, die danach spielten. Ihr Sound ist dabei sogar noch Erfolg versprechender, auch wenn sie die Vergleiche mit The Gaslight Anthem schon nicht mehr hören können.

Goodbye Fairground

Ihr zweites Album I Started With The Best Intentions ist seit Ende März erhältlich und wie The Drama's Done uneingeschränkt zu empfehlen. Vor allem die Gitarrenlinien bei Nails und Western Gold fräsen sich sofort ins Hirn und bleiben kleben. Live leben sie allerdings fast ausschließlich von ihrer Musik und der Präsenz ihres Sängers Benjamin, der ständig in Bewegung ist und alle Aufmerksamkeit auf sich zieht. Der Rest zeigte hingegen kaum Bewegungsdrang, was bei Bassist Benny auf Grund der Doppelbelastung, er spielt auch bei Idle Class mit, durchaus verständlich war.


Trotz der vorgerückten Stunde und mittlerweile leicht geschrumpften Zuhörerschaft spielten Goodbye Fairground noch eine Zugabe, ausgerechnet We've Come A Long Way mit Mundharmonika-Solo und damit quasi doch den Gaslight-Anthem-Vergleich bestärkend.
Beide Bands zeigten, dass sie das Potential besitzen, doch scheinbar werden sie auch in naher Zukunft weiterhin die Anheizer für die amerikanischen Vorbilder machen müssen (Goodbye Fairground spielen z. B. im September mit Off With Thei Heads in Düsseldorf, Idle Class mit Belvedere in Köln), ehe sie wirklich selber die Zuschauerzahlen erreichen, die sie verdienen.

Mission Of Burma

Mission Of Burma / White Crane

03.07.13 Gleis 22, Münster

Mission Of Burma in Deutschland live zu sehen, ist ein sehr seltenes Ereignis. So selten, dass selbst die Band nicht mehr weiß, wann sie zuletzt hier auf Tour war. Gitarrist Roger Miller jedenfalls kündigte den Abend als ersten Auftritt seit Jahren an, worauf Bassist Clint Conley meinte, sie hätten doch vor wenigen Wochen erst in Berlin gespielt. Das Konzert in Berlin war übrigens im Dezember letzten Jahres!

Mission Of Burma

Nun, Roger Miller ist inzwischen 60 Jahre alt, was man ihm keineswegs ansah: volles Haar, keine Falten im Gesicht, das machte direkt neidisch. Und auch auf der Bühne wirkten er und seine beiden nur unwesentlich jüngeren Mitstreiter nicht wie gebrechliche Rentner, sondern rockten lebendig und mit geradezu jugendlicher Energie. Nur einer schaffte es nicht auf die Bühne. Das vierte Band-Mitglied Bob Weston, für Loops und elektronische Spielereien zuständig, hatte seinen Platz am Mischpult und war selber nur zu Beginn von 1,2,3 Partyy! zu hören, als er das Lied anzählte. Apropos Hören, da Roger Miller seit gut 30 Jahren an einem Tinnitus leidet, was damals auch zum fast 20 Jahre dauernden "Winterschlaf" von Mission Of Burma führte, trennte ihn eine Plexiglas-Wand vom Schlagzeug, und außerdem stand sein Verstärker vor ihm am Bühnenrand, alles zum Schutz vor dem Gitarrenlärm, den er selber produzierte.


Obwohl es die Tour zum aktuellen Album Unsound war, wurden gerade einmal drei Stücke davon gespielt, denn das Set war ein ausgewogener Querschnitt durch über 30 Jahre Bandgeschichte, ein Stück jagte das nächste, auf große Ansagen wurde verzichtet und auch das sonst so beliebte Stimmen der Instrumente war scheinbar nicht nötig. So verwunderte es, dass nach dem Klassiker Academy Fight Song plötzlich die Band die Bühne verließ (das auf der Setlist aufgeführte Learn How wurde ausgelassen), dass sie erst gut 50 Minuten gespielt hatte, wirkte der Auftritt durch seine Kompaktheit viel länger. Doch sie kamen noch einmal für zwei Stücke zurück und beendeten das Konzert mit ihrem Überhit That's When I Reach For My Revolver.


Es mag kein legendäres Konzert im nicht besonders gut gefüllten Gleis 22 gewesen sein, aber es war der Auftritt einer Legende, die mit ihrem ersten Album gleich die Maßstäbe für das Post-Punk-Genre setzte und die für Bands wie Sonic Youth und letztlich sogar Nirvana den Weg bereitete. Sehens- und hörenswert waren die alten Herren allemal.
Das kann man von der Münsteraner Vorband White Crane nicht unbedingt behaupten. Sie machten ihre Sache sicherlich gut, die doch sehr konventionellen Songs in der Schnittmenge aus The Gaslight Anthem und The Killers mit ihrer für meinen Geschmack Überdosis Pathos waren sicherlich nicht das, was das durchweg ältere Publikum hören wollte, auch wenn der Applaus höflich war. Aber der Sänger hatte es wohl schon geahnt, als er kurz vor dem Auftritt draußen noch eine Zigarette rauchte und einem Bekannten seine Nervosität gestand, da das wohl heute nicht ihr Publikum sei.
Er hatte Recht, aber als jungen Bursche darf man sehr wohl mal von älteren Herren an die Wand gespielt werden.



Setlist:
Donna Sumeria
2wice
Let Yourself Go
Secrets
This Is Not A Photograph
Einstein's Day
7's
Careening With Conviction
1, 2, 3 Partyy!
Dead Pool
Sectionals In Mourning
Mica
Max Ernst's Dream
Academy Fight Song
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Add In Unison
That's When I Reach For My Revolver