Iron Chic / Bangers / underparts / PhDecontrol
20.05.11 Aetherblissement, Köln
Dieser Abend lässt sich mit drei Worten zusammenfassen...Hot Water Music.
Letztes Jahr begeisterten RVIVR im Aetherblissement und ich dachte damals schon, hier sollten mal Iron Chic spielen, denn die ebenfalls aus der Asche der großartigen Latterman entstandene Band hatte gerade ihr hervorragendes Debütalbum
Not Like This veröffentlicht und sich sofort in meinen Gehörgängen festgesetzt.
Nun war es soweit und das Aetherblissement seit Wochen bereits ausverkauft. Da ich doch noch von dem 93-Minuten-Krimi im Borussia-Park am Abend zuvor leicht angemüdet war, wurden PhDecontrol, die kurz nach neun als erstes spielten, nur kurz optisch, anschließend rein akustisch vor der Tür verfolgt, denn in der angenehmen Abendsonne ließ es sich beim Bierchen und einer Zigarette einfach besser aushalten, zumal diesmal im Konzertraum angesichts der zu erwartenden dicken Luft vernünftigerweise Nichtrauchgebot herrschte. Die netten Leute vom Aetherblissement sind einfach zu freundlich, um Verbote auszusprechen, sondern haben nur drum gebeten und die ebenfalls sehr netten Freunde guter Punkmusik hielten sich auch dran.
Zu den Kölnern underparts ging es dann doch vor die Bühne. Der Deny Everything-Ableger überzeugte, wenn auch oder gerade weil ihre Songs nicht ganz so hardcore-punkig daher polterten, sondern zwar im Uptempo-Bereich, aber angenehm schrammelig daherkamen und zudem ein Sänger sich die Seele aus dem Leib sang, so dass er sich nach dem Auftritt erst einmal erschöpft auf der Bühne hinlegte.
Danach stieg dann auch meine Vorfreude, denn die Bangers aus dem verschlafenen Städtchen Falmouth in Cornwall machen typischen britischen Punkrock, wie ihn eigentlich nur Leatherface perfekter hinkriegen. Ihr erstes richtiges Album
Small Pleasures ist gerade erschienen, wirkt manchmal etwas zu zahm, doch live legte das Trio eine Schippe drauf und erinnerte mich oft an die mittlerweile leider ziemlich auf Eis liegenden Milloy. Den Leuten gefiel es, mir auch und auch die Band hatte offenbar Spaß an ihrem Auftritt.
Inzwischen war es schon nach elf und die Temperaturen im Aetherblissement ließen mich innerlich bereits nach einem frischen Aufguss verlangen. Ich war gespannt, ob Iron Chic den sehr hohen Erwartungen, nicht nur von meiner Seite, würden gerecht werden können, hier mal eben ein Konzert des Jahres zu spielen, doch nach nur wenigen Akkorden waren alle Befürchtungen weggeblasen, denn sofort brach im proppevollen Club die Hölle los.Die ersten Reihen drängten immer wieder zu Sänger Jason Lubrano, gröhlten die aber auch einfach zum Mitsingen animierenden Texte mit. Der wirkte zwischendurch zwar manchmal etwas irritiert und auch leicht verstört wie ein Rottweiler-Welpen, als er zum Beispiel einfach mal geschultert und durchs Publikum getragen wurde, aber die anderen jungen Hunde wollten halt einfach mit ihm spielen und er ließ es stoisch über sich ergehen. Nur nach
Cutesy Monster Man konnte er sich einen Kommentar nicht verkneifen: "This is fuckin' officially the most bad shit crazy show..." Und da hatte er vollkommen Recht: Sombreros flogen durch den Raum, Leute hingen singend kopfüber von der Decke, mussten immer wieder bei all dem Gewusel auf die kleine Bühne ausweichen, wo der Rest der Band auch offensichtlich Spaß hatte und einfach nur versuchte, nicht zu sehr im Weg zu stehen. Die Boxen drohten mehr als einmal einfach umzukippen und der Mann am Mischpult an der Treppe zum Backstageraum war mehrmals einem Herzinfarkt nahe, aber dies alles geschah in so ausgelassener und positiver Atmosphäre, dass man vor Begeisterung nicht wusste, wohin mit dem zufriedenen Grinsen im Gesicht und einfach mitmachen musste.
Dementsprechend war die Luft sehr schnell endgültig zum Schneiden und der Schweiß floss in Strömen, so dass man wirklich von Hot Water Music als Motto des Abends sprechen konnte, zumal ja auch musikalisch da eine große Nähe besteht, wenn man Songs wie
Black Friday nimmt. Da erinnerte wirklich vieles an die frühen Touren der Großmeister aus Gainesville.
Musikalisch wurden natürlich hauptsächlich die Songs von
Not Like This geboten, das eine oder andere ältere Stück wie
(I Never Get) Winded von der
Shitty Rambo EP kam auch dran. Nach knapp vierzig Minuten und
Time Keeps On Slipping Into The (Cosmic) Future war eigentlich Schluss, aber für eine Zugabe in Form von
Cry-Baby vom ersten Demo reichte es dann noch und zum Anwärter auf den Titel "Konzert des Jahres" natürlich auch.
Wer sich mal anschauen möchte, ob ich nicht maßlos übertreibe und verstehen will, warum ich seit Freitag einfach immer wieder mal laut "I want to smash my face into that goddamn radio..." ausrufen möchte, dem seien die
Videos empfohlen, die Marc gemacht hat.