Sonntag, 20. Juli 2014

ChefBambixdenker / Betrunken im Klappstuhl

Chefdenker / Bambix / Betrunken im Klappstuhl

19.07.14 Rekorder, Dortmund

35 Grad im Schatten, da ist man doch froh, wenn man sich in einen kühlen Kellerraum zurückziehen kann. Der Keller gehörte zum Rekorder, gegenüber vom Subrosa und der einzige Nachteil war, dass ich nicht alleine mit den zwei Ventilatoren in dem Raum war. Es hatte sich auch noch das kölsch-holländische Doppelpack der guten Laune, Chefdenker und Bambix, angekündigt, die sich den Schlagzeuger teilen und daher an diesem Abend auch die Bühne.
Wenn also schon Chefdenker im Hause waren, musste das Vorprogramm natürlich ebenfalls eine besondere intellektuelle Herausforderung darstellen. Und so hatte man die Stammtischphilosophen der Privatuni Castrop-Rauxel von Betrunken im Klappstuhl gebeten, eine kurze Vorlesung über den Zustand der Welt zu halten.

Betrunken im Klappstuhl

Zu sechst aber ohne Klappstuhl standen sie dann um kurz nach neun auf der kleinen Bühne und reckten in bester Klassenkampf-Pose die Fäuste zu Europes The Final Countdoen in die Luft. Die sechs Seiten eines Würfels als Kontraposition zu Einsteins These, dass Gott nicht würfelt, bereit für den Kampf gegen den Niedergang der Gesellschaft, wie wir sie kennen, der letzte Countdown, das Armageddon, die Apokalypse. Auch im ersten Lied Lili zeigten die Stuhlis, wie sie liebevoll von niemandem genannt werden, dass sie mitten im Leben stehen, indem sie Ebene und Meta-Ebene kunstvoll vermischten und passend zur Textzeile "Trinkpause" auch gleich eine einlegten.
Danach folgte dann ihr politisches Manifest, das Pamphlet Südamerika, das mit seiner provokanten Aussage "Ich bin hier zum Komasaufen, ich will hier nicht diskutieren" messerscharf den Finger in die Wunde der post-industriellen Konsumgesellschaft legte und gerade durch seine zeitgeschichtliche Aktualität angesichts der Dichotomie zwischen dem sozialen Überlebenskampf in den brasilianischen Favelas (Brasilien liegt in Südamerika, klingelts?) und der Hyper-Kommerzialisierung der Fußball-Weltmeisterschaft wertvoller denn je ist. Beharrliches Wiederholen dieser beiden Stücke sollte hier den Lerneffekt bei den anwesenden Studierenden stärken. Auch die zwischenzeitlichen Ankündigungen, "wir spielen so lange, bis ihr alle gegangen seid", diente nur der Lernmotivation, denn die Schule verlässt man ja auch erst, wenn man den erfolgreichen Abschluss geschafft hat. Zur Auflockerung wurden zwischendurch noch kleine Divertissements geboten, jedes aber auch komprimierte Lektionen über den Zustand der Gesellschaft. Auch bei Wo ist das Kind mit meinem Café Latte wird der Wohlstandsgesellschaft textlich durch "ohne Moos nix los, ich bin arbeitslos" das jüngste Gericht vor Augen gerufen, der finale Countdown dabei allgegenwärtig in jedem Stück.


Gleichzeitig verdeutlichte die Art des Vortrags symbolisch die Entmenschlichung unserer Kultur, in der das Individuum zum austauschbaren  Platzhalter mutiert ist. Gleich drei Bassisten wurden während der Darbietung verschlissen, immer wieder neu durch zufällig Anwesende ersetzt. Aufkommende Zivilcourage wurde symbolisch bestraft, indem der Schlagzeuger freiwillig während der Performance ausstieg, dadurch aber die Runde Schnaps für das Künstlerkollektiv verpasste. So funktioniert Kapitalismus, kleine Brotkrumen halten den Papagei im Käfig am Singen.
Das Publikum wurde dann irgendwann doch völlig verstört an die Theke entlassen, die Bühne wurde für die Chefdenker geräumt. Sie präsentierten als Gegenentwurf ein alternatives Kapitalismusmodell. Die Zukunft liegt in Europa und im Jobsharing, an diesem Abend in einer deutsch-niederländischen Koproduktion exemplifiziert. Je abwechselnd spielten Chefdenker und Bambix drei Stücke, bevor die andere Band übernahm, ein Musterbeispiel an Synergieeffekten, denn lästige Umbaupausen entfielen und die Auftritte beider Bands wurden so in zwei Stünden an einem Stück abgewickelt, schließlich ist Zeit Geld.

Bambix

Dennoch wurde dabei eine teutonische Hegemonie als Land der Dichter und Denker deutlich, denn nicht nur dass Chefdenker das Gemeinschaftsprojekt begannen und kurz nach Mitternacht beendeten, auch sang Wick Bambix zwei Lieder auf deutsch und zeigte auch so, wer der amtierende Weltmeister ist. Nicht verschwiegen werden soll hier aber die Schattenseite dieser Utopie, denn Schlagzeuger und Bassist mussten bei beiden Bands ran, standen also die gesamten 120 Minuten unablässig auf der Bühne, ein Symbol, dass Kaptalismus auch in einer scheinbar funktionierenden Form der Ausbeutung von Randgruppen bedarf.
Vordenker Claus Lüer scheint auch eine geradezu pathologische Vorliebe für den Buchstaben C zu haben, plünderte er doch nicht nur das Repertoire seines Think Tanks Chefdenker, sondern auch das eigene Archiv in Form von Beiträgen aus den Werken von Casanovas Schwule Seite (Höllenfeuerlicht) und Cnochenfabrik (Fuck Off, Filmriss), jedes für sich bereits ein eindringliches Statement zur Lage im Keller des Rekorder.


Hier herrschte nämlich inzwischen von den Temperaturen her eine Fegefeuer-Atmosphäre, die nur durch unkontrollierte Elektrolytzufuhr auf Hopfenbasis zu ertragen war. So war es nur stringent, den Filmriss ans Ende der Veranstaltung zu setzen. Um jedoch den kritischen Aspekt der Vorlesung auch hier zu verdeutlichen, dass in dieser Gesellschaft der Weg zum Erfolg und persönlichen Glück nur durch harte Entbehrungen zu bewältigen ist, ging der finalen Erlösung ein fünfminütiges Blues-Solo voraus, wie es Eric Clapton (man beachte das C!) nicht besser hinbekommen hätte. Und da Clapton bekanntlich im Volkssmund Gott ist, ist das Leiden von Gott gewollt und er somit der Teufel, eine Ambiguität, die radikaler ist als Nietzsches profanes "Gott ist tot".

Chefdenker

Marcel Reich-Ranickis "Am Ende sehen wir betroffen den Vorhang zu und alle Fragen offen" schwebte somit als Fazit über diesen als harmloser Punkrock getarnten Diskurs über den Sinn des Lebens in der heutigen Zeit, einer Rückbesinnung auf Bier und Schweiß als Nährboden für die ganz großen Gedanken, die diese Welt voranbringen. Prost!

Kepi Ghoulie w/ Dog Party

Kepi Ghoulie / Dog Party

17.07.14 Panic Room, Essen

Als ich das letzte Mal im Panic Room im November letzten Jahres war, befand sich die Bühne noch direkt links am Eingang und deshalb musste pünktlich um elf Uhr Schluss sein. Da neben Kepi Ghoulie und Dog Party auch noch die französische Band Flying Over spielen sollten, war ich also recht früh am Viehofer Platz in Essen. So konnte ich noch einen sonnigen Sommerabend draußen verbringen, denn Dog Party eröffneten den Abend erst um 21 Uhr, da das Konzert quasi im Hinterzimmer stattfand, einem Club für schätzungsweise 100 Besucher.

Dog Party
Vor zwei Jahren waren die beiden Schwestern bereits mit Kepi Ghoulie auf Tour gewesen und ich hatte sie einmal elektrisch in Oberhausen und einmal akustisch in Düsseldorf gesehen und sie hatten mir sehr gut gefallen.Inzwischen haben sie ein neues Album veröffentlicht, ihr erstes auf dem renommierten Punk-Label Asian Man. Während Lost Control mit guter Produktion den Reifeprozess der inzwischen 16 und 18 Jahre alten Mädchen.unterstreicht, waren sie live immer noch die leicht schüchternen Teenager. Das mag aber auch daran gelegen haben, dass gerade einmal geschätzt fünf zahlende Gäste anwesend waren und sie dafür einfach noch nicht Rampensäue genug sind, um dennoch den leeren Club zu rücken.


Aber sie machten ihre Sache dennoch gut, spielten die Songs druckvoll, egal ob eigene oder Cover wie Los Angeles (X) oder Girlfriend (Ty Segall). Danach dann kurze Beratung mit dem Soundmensch vom Panic Room und es wurde beschlossen, dass Kepi Ghoulie als nächstes spielen würde, um so einen Umbau des Schlagzeugs zu sparen.
Der Mann ist Pop Punk in Reinkultur, seine gute Laune scheint unerschöpflich, ebenso wie seine Lust aufs Touren, war er doch erst im April mit Chixdiggit unterwegs. Von denen hatte er sich wohl auch bei der Setlist inspirieren lassen. Vor ein paar Jahren hatten die Kanadier einen Riesenzettel dabei mit allen Songs, die sie auf Kommando spielen könnten und bei Kepi war es genauso.

Kepi Ghoulie w/ Dog Party

54 Stücke hat er derzeit mit Dog Party, die nicht nur Vorgruppe sondern auch seine Begleitband waren, im Repertoire und die standen auf einer langen Liste auf dem Bühnenboden. Doch bei nur gut vierzig Minuten Spielzeit konnte leider nur ein Bruchteil zu Gehör gebracht werden. Neben Liedern von seinen Soloalben gab es natürlich reichlich Groovie Ghoulies zu hören und auch die Ramones durften natürlich nicht fehlen.


Recht früh im Set riss ihm eine Bass-Saite und so lieh er sich Ersatz von Flying Over aus, während die Franzosen dann in Ruhe die Saite wechseln konnten. Mit fremdem Instrument verkniff er sich sogar das sonst übliche Rumhüpfen, um den Bass nicht versehentlich zu demolieren.
Trotz der knappen Spielzeit fand er auch noch Gelegenheit für einige (Semi-)Akustik-Songs, die mir wie schon vor zwei Jahren fast noch besser gefielen, denn mit weniger Geschwindigkeit offenbarten die Lieder erst so richtig ihre schönen Melodien.


Zum Finale durfte dann auch noch der italienische Tourbegleiter Bada den Bass zupfen und Kepi konnte so zu Freaks On Parade ohne Instrument hemmungslos herumtollen.
Von Flying Over hörte ich mir anschließend noch zwei Songs an, es klang mehr nach Garagenrock als Pop Punk, entschied mich dann aber doch, vorzeitig den Heimweg anzutreten, da ich am nächsten Morgen früh aufstehen musste.

Kepi Ghoulie w/ Dog Party

Es war wie immer eine helle Freude, Kepi Ghoulie live zu erleben, der die wenigen Anwesenden glänzend unterhielt und auch die Jungs von Flying Over zum Mittanzen brachte.

The Jon Spencer Blues Explosion

The Jon Spencer Blues Explosion / The Glücks

14.07.14 Gleis 22, Münster

Zwei Jahre ist es her, dass The Jon Spencer Blues Explosion ihr letztes Album veröffentlicht haben und dennoch sind sie scheinbar unablässig auf Tour, so dass sie zur Festivalhochzeit auch mal im kleinen Lieblingsklub nördlich des Ruhrgebiets vorbeischauten.
Doch zunächst spielte ein belgisches Duo namens The Glücks auf und das klang ziemlich gut, dreckiger, fuzziger Garagenbeat mit hauptsächlich weiblichem Gesang der Schlagzeugerin.

The Glücks

Das war zwar manchmal etwas monoton und auch nicht unbedingt virtuos gespielt, die vierzig Minuten gingen dennoch ruckzuck rum und machten Spaß vor allem wegen der energiegeladenen Darbietung.
Kurz vor zehn kamen dann Juda Bauer, Russell Simins und Jon Spencer aka The Blues Explosion auf die Bühne.

The Jon Spencer Blues Explosion

Am Anfang wirkte ihr Auftritt noch etwas zurückgenommen und auch das Publikum im gut gefüllten, aber nicht zu vollen Gleis brauchte etwas, um warm zu werden. Doch als das erste Mal gerockt und nicht nur cool gegroovet wurde, stieg die Stimmung sofort merklich an. Danach schien auch Jon Spencer auf Betriebstemperatur, denn es ging Schlag auf Schlag weiter. Eine Setlist gab es nicht, er rief immer nur kurz den nächsten Songtitel Russell Simins am Schlagzeug zu und fast ohne Pause ging es weiter.


Nach nicht ganz einer Stunde verabschiedete sich das Trio bereits überraschend früh, doch rückblickend war das nicht das Ende des regulären Sets, sondern eher eine kurze Pause. Denn natürlich kamen sie wieder und spielten noch einmal eine halbe Stunde. Und jedes Mal, wenn ich dachte, nun ist aber wirklich Schluss, gab es einen weiteren Zuruf Spencers Richtung Schlagzeug und es wurde noch ein Lied drauf gepackt.


Erst nach einem Jam am Theremin und dem Beastie Boys Cover She's On It war dann endgültig Schicht. Da ich die ganze Zeit neben der Lüftung links am Bühnenrand gestanden hatte, merkte ich erst jetzt beim Rausgehen, wie heiß es im Raum geworden war, aber kein Wunder, denn The Jon Spencer Blues Explosion bringen wohl jeden Club zum Kochen und das Gleis 22 machte da natürlich keine Ausnahme.

The Jon Spencer Blues Explosion

Sonntag, 13. Juli 2014

aniYo kore

aniYo kore

12.07.14 Leonie-Reygers-Terrasse, Dortmund

Ich hatte das Dortmunder Duo aniYo kore das erste Mal beim Small Beast im April diesen Jahres gesehen und gehört und für sehr gut befunden. Die nächste Gelegenheit bot sich nun im Rahmen der Veranstaltungsreihe Sommer am U, die - welch Überraschung - im Schatten des Dortmunder U stattfindet.

aniYo kore
Dabei ist das Setting minimal, aber schön. Zwei an den Seiten geöffnete Baucontainer, einer als Bühne, einer als Bar, dazu einige locker davor verteilte und mit Teppichen zu bequemen Sofas umfunktionierte Euro-Paletten, das lädt zum Entspannen ein, gerade wenn samstags die Stadt sonst voll ist mit Shoppern und die Primark-Tüten einem in die Kniekehlen gerammt werden.
Gegen halb Acht begaben sich dann aniYo kore in den Container, um die entspannte Stimmung davor musikalisch zu untermalen. Ich hatte sie im April als Dortmunds Antwort auf Portishead bezeichnet, denn Schubladen sind simpel und praktisch, aber natürlich ist das ein Vergleich, der hinkt. Zum einen gefällt mir der Gesang bei aniYo kore besser, denn der Gesang ist facettenreicher, dafür fehlt ihnen andererseits das Pathos und der Weltschmerz der Briten, was sie auch gar nicht wollen.

aniYo kore

Doch die Dortmunder kann man nicht nur auf Chill-Out reduzieren, denn dafür pluckerten selbst an diesem sonnigen Abend manche Beats zu düster um die Ecke, so dass die später aufziehenden Wolken geradezu angelockt wurden von ihnen. Und auch die zahlreichen Samples stammten nicht nur aus hippen Filmen, darunter mischte sich u.a. auch eine Reportage über die Bilderberg-Konferenz, einem jährlichen Treffen der elitären Geld- und Macht-Zirkel, an der auch Angela Merkel kurz vor ihrer Wahl zur Kanzlerin teilnahm.
Und wenn die Stimme wie bei Ladybirds And Watervipers zwischendurch plötzlich eine sirenenhafte Schärfe bekam, sorgte das zudem für eine Gänsehaut.
Natürlich ist ein Auftritt, bei dem einer die ganze Zeit nur Knöpfchen dreht, während die andere dazu singt, optisch nicht spektakulär, aber dennoch konnten aniYo kore die Zuschauer eine Stunde lang fesseln und begeistern. Und auch der Band schien der Auftritt mehr als nur zu gefallen, wie sie Tags darauf auf ihrer Homepage kund tat: "When a small hometown concert turns out to become one of the most wonderful experiences in a band's history...
well that is exactly what happened yesterday."


Eine neue Platte wird auch gerade aufgenommen, einen neuen Song stellten sie auch bereits vor, die Freude darauf und auf mehr solcher Auftritte wurde durch diese Show garantiert geweckt.
Das Ganze machte auch Lust auf weitere Veranstaltungen im Rahmen des Sommer am U. So spielen dort im September noch Sisterkingkong und Ritalin Ray, was ebenfalls schöne Konzerte verspricht.

Sommer am U

Samstag, 12. Juli 2014

Jack White / Monty Python

Jack White / The Amazing Snakeheads

03.07.14 Eventim Apollo, London

Monty Python

04.07.14 The O2, London

Im November letzten Jahres kündigten die fünf noch lebenden Mitglieder von Monty Python eine Bühnenshow in Londons O2 Arena für den 1. Juli 2014 an. Meine Freundin hatte damit ihr Weihnachtsgeschenk für mich gefunden, nur buchen musste ich die Tickets selber. Am 25. November saß ich vor dem PC und wartete auf den Vorverkaufsstart. Innerhalb von 40 Sekunden waren die Tickets vergriffen und ich hatte keins bekommen. Doch noch während ich verzweifelt versuchte Plätze zu ergattern, wurden weitere Shows bekannt gegeben und gingen in den Verkauf, so dass ich glücklicherweise zwei Karten für den vierten von insgesamt zehn Auftritten erhaschen konnte.

Eventim Apollo

Da es ein Freitag war, planten wir ein langes Wochenende von Donnerstag bis Sonntag. Als dann Jack White einen Auftritt in London für den Samstag ankündigte, wurde die Gelegenheit auch gleich mit beim Schopf gepackt, denn Deutschland stand bislang nicht auf seinem Tourplan. Später noch ein kurzer Schock, als per Mail die Verlegung des Konzerts angekündigt wurde, gefolgt von Erleichterung, dass es genau zwei Tage vorverlegt wurde, wir da ja auch schon in London sein würden.
Jack White spielte im Hammersmith Apollo. ein altehrwürdiges Theater mit fast 5.000 Plätzen und mit unfassbar plüschigem Teppich, das dem allgemeinen Sponsoringtrend folgend derzeit unter Eventim Apollo firmiert und das Haus war natürlich ausverkauft. Zum Vergleich, im November kehrt Herr White nach London zurück und buchte dafür dann gleich die 20.000 Besucher fassende O2 Arena.

The Amazing Snakeheads

Um acht Uhr begannen The Amazing Snakeheads aus Glasgow, ein Trio mit nur einem Bart, für schottische Bands sehr ungewöhnlich. Dafür hatten sie sich noch zwei Damen als Verstärkung mit auf die Bühne gebracht. Eine halbe Stunde lang gabs dreckigsten, angepunkten Blues mit einer Prise The Cramps und Birthday Party, der mich an eine etwas langsamere Version von Eighties Matchbox B-Line Disaster erinnerte. Das kommt im Kellerclub deines Vertrauens vermutlich noch zehnmal besser als vor einer doch recht indifferenten Horde Briten, die auf Jack White warten. Dennoch gab es mehr als nur Höflichkeitsapplaus für die jungen Schotten.

Jack White

Um neun Uhr öffnete sich dann der Vorhang und ganz in Blau getaucht legte der Meister mit seinen fünf Musikern los mit Sixteen Saltines von seinem ersten Soloalbum Blunderbuss, gefolgt von zwei White Stripes-Stücken, ehe mit High Ball Stepper, vermutlich das Instrumentalstück des Jahres, der erste Song seines neuen Albums Lazaretto folgte. White und seine Band waren voller Spielfreude, dehnten die Songs immer mal wieder in die Länge, hauten regelmäßig, als jeder schon dachte, das Lied sei zu Ende, noch einmal eine Reprise raus, ohne dabei aber zu gniedelig zu werden. Das Hank Williams-Cover Ramblin' Man wurde mit Cannon von den White Stripes gemischt und mehrmals hin und her geschüttelt. Zwischendurch dann ab und zu mal ruhigere, folkigere Momente, die die Zuschauer Luft holen und den Schweiß abperlen liessen, denn nach einem sonnigen Tag mit fast 30 Grad in London war es auch abends im Apollo noch sehr heiß.
Nach gut 75 Minuten und einem angespielten Holiday In Cambodia von den Dead Kennedys, dem Bell And Biscuit von den White Stripes folgte, verließen die Musiker die Bühne. Was dann folgte, kann man aber eigentlich nicht als Zugabe bezeichnen, es war eher wie der zweite Teil einer hochklassigen Show, die nach der Pause noch mehr an Fahrt gewann.


Nun wurden neben White Stripes und den Solostücken auch noch The Raconteurs und The Dead Weather ausgepackt. Und nach Steady As She Goes folgte dann das große Finale mit Seven Nation Army und das Apollo stand Kopf. Ziemlich genau zwei Stunden hatte Jack White gezeigt, wie man rockt und wäre alleine schon den Kurztrip nach London wert gewesen.

Jack White

Setlist Jack White:
Sixteen Saltines
Astro
Dead Leaves And The Dirty Ground
High Ball Stepper
Lazaretto
Hotel Yorba
Temporary Ground
Ramblin' Man / Cannon
Icky Thump
Missing Pieces
Three Women
Love Interruption
Blunderbuss
Top Yourself
I'm Slowly Turning Into You
Holiday In Cambodia / Bell And Biscuit
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Just One Drink
Alone In My Home
You Don't Know What Love Is (You Just Do As You're Told)
Hello Operator
Would You Fight For My Love?
Broken Boy Soldier
Blue Blood Blues
Steady As She Goes
Seven Nation Army

The O2

Im März zu Dÿse waren wir ja schon per Boot ins Hafenklang gefahren und auch zur O2 Arena hat man verschiedenste Anfahrtmöglichkeiten. Die Tube hatten wir uns für den Rückweg vorbehalten, per River Bus über die Themse war eine nette Option, aber unschlagbar war der Weg aus der Luft mittels Seilbahn. Und so gondelten wir in luftiger Höhe über die Themse der Arena entgegen. Unsere Plätze befanden sich im Oberrang, den man am bequemsten über Rolltreppen erreicht und der verdammt steil ist, so dass man aber auch von da oben eine sehr gute Sicht hatte. Kurz nach halb acht betraten die fünf älteren Herren die Bühne und sangen ein Lied über Lamas. Es folgte ein bunter Reigen aus den Sketchen des Monty Python's Flying Circus, immer wieder unterbrochen von Animationen und Einspielern aus der Original-Fernsehserie. Dazu gesellten sich zahlreiche Gesangseinlagen aus dem Monty Python Sings Album, mit echtem Orchester im Graben vor der Bühne und auch Tanzeinlagen eines Balletts. So wurde tänzerisch das Ministry of Silly Walks gewürdigt, da John Cleese diese Akrobatik in seinem Alter nicht mehr zuzumuten war.

Monty Python
Dabei zeigte sich vor allem Eric Idle noch ausgezeichnet bei Stimme, wie überhaupt alle fünf einen ziemlich fitten eindruck machten (Terry Gilliam flog einmal sogar über die Bühne). Und an kleinen Patzern merkte man auch, dass sie noch unheimlich Spaß hatten. Als John Cleese sich in einem Sketch schier endlos räusperte, tat Eric Idle so, als sei er eingenickt, worauf Cleese sich das Lachen nicht verkneifen konnte.
Und ausgerechnet im Höhepunkt der über zweistündigen Show, dem Parrot Sketch, konnte Cleese es sich nicht verkneifen, die Zuschauer kurz über den Zwischendstand bei der WM in Brasilien zu informieren, indem er ein Husten imitierte und dabei mitteilte "I heard Brazil are leading 1-0" Michael Palin schaute in daraufhin entgeistert an und fragte ihn "Did you just step out of your character?".
Beim Blackmail-Sketch gab es jeden Abend einen anderen prominenten Gast unter der Papiertüte als Erpressungsopfer, am Abend zuvor war es Bill Bailey, bei uns Noel Fielding von The Mighty Boosh.
Natürlich war der Abend Nostalgie pur, aber wenn sie so unterhaltsam daher kommt, warum nicht? Und dass die älteren Herren immer noch genug schwarzen Humor haben, bewies das Motto der Auftritte: "One Down, Five To Go".
So war es ein unvergessliches Erlebnis, diese Comedy-Legenden einmal live gesehen zu haben.

Monty Python