Sonntag, 25. September 2011

Fat Cat Tour

We Were Promised Jetpacks / The Twilight Sad / Mazes

20.09.11 Gebäude9, Köln

Das renommierte Label Fat Cat schickte drei seiner Bands auf eine kurze Reise durch Europa, auf deren Programm auch ein Zwischenhalt im Kölner Gebäude 9 stand. Eine gute Gelegenheit, neue musikalische Lebenszeichen von We Were Promised Jetpacks und The Twilight Sad zu hören und erstmals die englischen Außenseiter Mazes in diesem Schotten-Paket live zu erleben.
Als wir gegen halb neun am Gebäude 9 ankamen, spielten die Mazes bereits, so dass man nur noch die letzen Songs von draußen mithören konnte. Daher lässt sich leider nicht beurteilen, ob das gefällige Debütalbum A Thousand Heys auch live überzeugen konnte.
The Twilight Sad waren zuletzt im November 2009 in Deutschland unterwegs gewesen., damals noch mit dem Craig Orzel am Bass. Der ist mittlerweile ausgestiegen und als Ersatz holte man sich Johnny Docherty von der befreundeten Glasgower Band Take A Worm For A Walk Week. Das neue Album No One Can Ever Know ist im Kasten und wird allerdings erst im Februar 2012 erscheinen. Deutlich elektronischer soll es werden und Kill It In The Morning, der an diesem Abend live gespielte Vorgeschmack, bestätigte dies und war damit etwas gewöhnungsbedürftig.
Doch davor und danach gab es ja die altbekannten Hits der ersten zwei Alben, vom Opener Reflection On The Television von Forget The Night Ahead, von dem auch noch That Birthday PresentI Became A Prostitute und The Room gespielt wurden. über das wie gewohnt mit A Capella-Intro Gänsehaut erzeugende Cold Days From The Birdhouse vom ersten Album Fourteen Autumns And Fifteen Winters, von dem auch That Summer At Home I Had Become The Invisible Boy und And She Would Darken The Memory stammten, die den gut 45minütigen Auftritt beendeten. Wie immer fokussierte sich bei The Twilight Sad live alles auf Sänger James Graham, der mit der in all den Jahren ungebrochenen Intensität und dieser unglaublichen Stimme einfach das Herzstück der Band ist und einmal mehr einem den Atem stocken ließ.

The Twilight Sad
Als We Were Promised Jetpacks im April letzten Jahres zuletzt auf Tour waren (immerhin das dritte Mal innerhalb von sieben Monaten allein in Deutschland), wirkten sie unmotiviert und überspielt.und man wünschte ihnen eine Pause. Die nahm sich die Band auch und kehrt nun mit dem Anfang Oktober erscheinenden Album In The Pit Of A Stomach zurück. Dementsprechend bestand die Setlist nur zur Hälfte aus alten Songs, der Rest war eine Pre-Listening Party. Und die machte Lust auf das neue Album, scheinen doch die atmosphärischen Schrammelorgien zu überwiegen, die mir auch auf These Four Walls besser gefielen als die tanzbaren Nummern.
Mit einem neuen Song begannen die Jetpacks ihr gut einstündiges Set, dem sie mit Quiet Little Voices gleich ihren Hit folgen ließen, als wollten sie sich schon sehr früh dieser Pflichtaufgabe entledigen. Sänger und Gitarrist Adam Thompson hat sich auch seine leicht arrogante Art bewahrt. als ein Zuschauer nach dem dritten Stück erneut "Quiet Little Voices" forderte, knurrte er "We already played that, you moron", um sich danach grinsend bei den Anwesenden für Ihr Erscheinen zu bedanken. Und als das Publikum bei Roll Up Your Sleeves vollkommen aus dem Takt mitklatschte, sagte er "Stop clapping, it sounds terrible".
Die neuen Songs gefielen mir beim ersten Hören sehr gut und passten gut zu den Highlights des Konzerts, dem majestätischen Keeping Warm und dem finalen It's Thunder And It's Lightning, nach dessen Schlussworten "I'm leaving" die Band dann auch ohne Zugabe die Bühne verließ.

We Were Promised Jetpacks
Ein gutes Konzert, doch an The Twilight Sad kamen We Were Promised Jetpacks nicht heran, dafür stahl ihnen James Grahams Bühnenpräsenz einfach die Show.

Dienstag, 6. September 2011

Laura Stevenson And The Cans

Laura Stevenson And The Cans

05.09.11 Tsunami, Köln

Eine meiner musikalischen Kindheitserinnerungen ist das Duett von Bing Crosby und David Bowie bei dem Weihnachtsklassiker Little Drummer Boy. Das bekannte Arrangemnet stammt übrigens vom Großvater von Laura Stevenson, die auch ein gerüttelt Maß an Talent von ihrer Großmutter, Sängerin bei Benny Goodman, mitbekommen haben dürfte (was so eine fünfminütige Recherche im Internet so alles zu Tage fördert).
Die Enkelin selber spielt Keyboard bei Bomb The Music Industry und formte The Cans als Sprachrohr für ihre eigenen Songs. Mit in der Band sind u.a. Mike Campbell, früher Bassist bei Lattermann, aus denen mit RVIVR und Iron Chic zwei meiner derzeitigen Lieblingsbands hervorgegangen sind, und bei dieser Tour auch Dave Garwackie am Schlagzeug, der noch im März mit Thousandaires deutsche Bühnen bespielt hatte.
Eine recht kurzfristig gebuchte Europatour zu ihrem neuen, Ende April erschienenen Album Sit Resist führte Laura Stevenson in die mit dem niedlichen Namen Im Ferkulum betitelte Seitenstraße Kölns, in der das Tsunami beheimatet ist. Um kurz nach halb neun waren erst eine Handvoll Leute anwesend, doch als die fünfköpfige Band um viertel nach neun die winzige Bühne betrat, waren es doch an die 50 Besucher, die sich von der Stimme Stevensons und ihrer an Juliana Hatfield und Kristin Hersh erinnernden Musik verzaubern lassen wollten.


Halloween Pts. 1 & 2, der Opener des neuen Albums, eröffnete passenderweise den Auftritt, ist er mit seinen fragilen und auch krachigeren, gitarrenlastigen Momenten quasi die Blaupause der Musik von Laura Stevenson And The Cans. Natürlich standen zunächst die neuen Stücke im Vordergrund, wobei vor allem The Healthy One mit seinem beschwingten Akkordion-Riff  zu gefallen wusste. Den ganzen Auftritt kam Laura Stevenson unglaublich sympathisch rüber, versuchte sich an einzelnen deutschen Bröckchen, kündigte z.B. Master Of Art als Master Of Kunst an und wirkte glaubhaft erfreut, dass sie in so einem plüschigen Club spielen durfte, der sie an ein Etablissement in ihrer Heimatstadt New York erinnerte und dass die Anwesenden so nett zu ihr waren, und für Kölner Verhältnisse war es wirklich relativ ruhig während der Stücke.


Nach vierzig Minuten verließ die Band die Bühne und Laura spielte noch zwei Songs solo, darunter das bislang unveröffentlichte Bells And Whistles. doch die Zuschauer wollten mehr und so kehrte ihre Mitstreiter auf die Bühne zurück, um nach kurzer Beratung Beets Untitled vom letztjährigen ersten Album A Record zu spielen. doch auch dies reichte dem Publikum nicht und so ließ die Band noch eine zweite Zugabe folgen, ehe nach gut einer Stunde dann endgültig der Vorhang fiel.
Es war tatsächlich ein bezaubernder Abend und wenn wir beide nicht glücklich liiert wären, hätte ich mich auf der Stelle in Frau Stevenson verliebt.


Setlist:
Halloween Pts. 1 & 2
8:08
Caretaker
The Healthy One
Holy Ghost
Web In Front (Archers Of Loaf)
Peachy
A Shine To It
Master Of Art
The Pretty One
I See Dark
Bells And Whistles
Nervous Rex
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Beets Untitled
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The Wait


Sonntag, 4. September 2011

The Riot Before

The Riot Before / Stand Fast / All Aboard! / Erik Ponti / Grim Goat

02.09.11 Café Lorenz, Münster

Eine Erinnerung an die alten Zeiten vor Fall des Ladenschlussgesetzes: warum stehen Studenten um sechs Uhr auf? Weil Aldi um halb sieben schließt. Aber diese Zeiten sind vorbei und vor allem in der vorlesungsfreien Zeit kann diese faule Pack daher erst recht ausschlafen und abends dann bis in die Puppen feiern. Und auch die Jugendzentren heutzutage sind nicht mehr das, was sie einmal waren. Zwar ist das Café Lorenz in Münster Teil des Stadtteilhauses Lorenz-Süd, einem "Ort der Begegnung und Kommunikation für Kinder, Jugendliche und Familien", aber da gehen auch nicht mehr abends um zehn oder spätestens elf Uhr die Lichter aus, da darf scheinbar bis in die Nacht Remmidemmi gemacht werden.
Warum diese (neiderfüllte) Tirade? The Riot Before spielten mit vier weiteren mehr oder weniger lokalen Bands im Café Lorenz und nach eher magerer Schlafausbeute aus den Nächten zuvor hatte ich etwas auf ein frühes Ende gehofft. Doch dem war nicht so. Direkt von der Arbeit nach Münster gekachelt, kam ich gegen 20 Uhr an in der Erwartung, die erste, vielleicht sogar die ersten zwei Bands verpasst zu haben.
Doch erst kurz nach acht eröffneten Grim Goat mit ihrem ersten Live-Auftritt überhaupt den Abend. Kehliger, moshiger Hardcore mit gelegentlichen Verspielern und Einsatzaussetzern war noch nie so mein Ding, also lieber mit einem Bierchen in der Hand nach draußen und die Abendsonne eines der seltenen schönen Sommertage dieses Jahr genießen. Erik Ponti hörte ich so nur teilweise von draußen, aber ihre Musik erinnerte mich an alte Noiserock-Bands vom Amphetamine Reptile-Label und klang somit interessant. Aber ich war zu faul und müde, um mich in die Halle aufzuraffen, ebenso erging es mir bei All Aboard!, denen ich nach ihrem meiner Meinung nach schwachen Auftritt im Mai im Vorprogramm von Dead To Me eigentlich eine neue Chance geben wollte. Und was nach draußen gelangte, klang auch deutlich besser, aber mein Hintern klebte geradezu auf einer Holzbank fest.
Doch danach überwand ich den inneren Schweinehund und schaute mir Stand Fast an. Letztes Jahr konnten sie neben Title Fight und den Shook Ones in Essen überzeugen und auch an diesem Abend machten sie einen mehr als guten Eindruck. Gute Songs und eine gute, lockere Bühnenpräsenz, da konnte zudem bei einem Heimspiel nichts schief gehen und so rockten sie das volle Haus entsprechend und mussten auch eine Zugabe geben. So war es mittlerweile schon halb zwölf, als endlich The Riot Before anfingen. Erst Anfang Juni waren mit dem Schlagzeuger und dem Bassisten zwei Gründungsmitglieder kurzfristig ausgestiegen und so gab es im Vergleich zum Auftritt in Köln vor zwei Jahren zwei neue Gesichter zu sehen, wobei der Drummer sogar erst frisch zur Europa-Tour zur Band gestoßen war. Wie damals begannen sie mit dem Doppelpack Fists Buried In Pockets / Threat Level Midnight. Und schon war Sänger Brett die erste Gitarrensaite gerissen (eine zweite sollte wenig später noch folgen). Aber All Aboard! halfen jedes Mal mit einem kostenlosen Roadie-Service aus und er konnte schnell weiterspielen.
Erstaunlicherweise stand nicht das aktuelle Album Rebellion im Mittelpunkt, auch wenn natürlich die Gassenhauer Back Stage Room oder The Oregon Trail gespielt wurden, sondern der Vorgänger Fists Buried In Pockets, der fast komplett gespielt wurde. Und bei Mitgröhl-Hits wie You Can't Sexy Dance To Punk Rock sang der zunächst noch gut gefüllte Saal lauthals mit. Aber dennoch dünnte die Menge leider nach und nach aus, was aber keinesfalls an der Band lag, die alles gab. Zwischendurch nahm Brett mal etwas den Fuß vom Gaspedal und erzeugte bei I Have The Books kurz Gänsehaut-Atmosphäre, die sich dann beim direkt anschließenden They Rode On In The Friscalating Dusklight wieder im Schweiße des Punkrocks legte. Nach nicht ganz einer Stunde und einer geleerten Whiskey-Flasche verabschiedeten sich The Riot Before mit Capillaries. Aber eine Zugabe wurde natürlich verlangt und gegeben und so setzte Tinnitus dann kurz nach halb eins den Schlusspunkt unter einen langen Abend.

The Riot Before
Einen Tinnitus bekam man übrigens nicht, denn der Sound im geräumigen Café Lorenz war sehr gut, so dass ich den Laden definitiv nicht das letzte mal aufgesucht haben werde, zumal im Oktober dort die unglaublich guten RVIVR zu Gast sein werden.

Donnerstag, 1. September 2011

Nothington

Nothington / Paper Plain

31.08.11 Waldmeister, Solingen

Der Groundhopper ist ein besonderes Exemplar der Spezies Fußballfan, den neben dem Gekicke auf dem Rasen auch das architektonische Drumherum, sprich das Stadion, besonders interessiert. Und so freut sich dieser possierliche Sammler immer besonders, wenn er einen Spielort besuchen kann, an dem er zuvor noch nie war.
Ähnlich ergeht es mir auch, so dass ich mich besonders freute, Nothington an einem mir bis dato unbekannten Ort zu sehen. Das Waldmeister hat seinem Namen nicht, weil es idyllisch im Grünen liegt, sondern in der Pampa von Solingen-Wald, malerisch auf einer Rampe eines alten, inzwischen wohl ausrangierten Bahnhofs. Davor tummelten sich kurz vor acht schon eine ganze Reihe Bier trinkender Gestalten und gegen halb neun kam auch die Band hinzu, etwas verspätet durch die Verkehrswirren auf deutschen Autobahnen.
Kurz nach neun begannen dann die Solinger Nachwuchsrocker von Paper Plain ihr halbstündiges Set, über das ich bis auf zwei Bemerkungen lieber den Mantel des Schweigens breiten möchte. Erstens, der Schlagzeuger machte Spaß, wenn er wie ein Berserker auf seine Felle eindrosch; zweitens, der Sänger und Gitarrist sollte nicht ständig über den Sound nörgeln und seine Mitmusiker für verpatzte Einsätze anpflaumen, sondern lieber Mund abputzen und weiterspielen, würde deutlich sympathischer wirken.

Nothington
Gegen zehn begannen dann Nothington mit A Mistake das volle Haus zu rocken. Mangels Platz befand sich auf der Bühne nur das Schlagzeug und die Anlage, die übrigen drei Bandmitglieder, darunter der Aushilfsbassist von Spanish Gamble, standen vor der Bühne dem Publikum auf Augenhöhe gegenüber. Ein Hit ihrer noch aktuellen CD Roads, Bridges And Ruins jagte den nächsten und brachte so mit druckvollen und zugleich hymnischen Punkrock Bewegung in den Schuppen und animierte zum lauten Mitgröhlen. Vom Debüt All In wurden mit Where I Stand und The Bottom Line auch zwei Songs gespielt und auch drei neue Songs vom in gut zwei Wochen erscheinenden neuen Album Borrowed Time gab es zu hören, darunter das bereits von der größtenteils akustischen Vorab-EP More Than Obvious bekannte Tired Hearts. This Conversation Ends beendete dann bereits nach 35 Minuten das Set, Nothington spielen halt keine Rock-Opern. Doch auf vielfachen Wunsche wurde nicht nur Stop Screaming als Zugabe gespielt, Sänger Jay Northington kam danach noch einmal zurück auf, ähh... vor die Bühne und spielte alleine This Time Last Year als finalen Rausschmeißer.
Das Stadion an diesem Spieltag hatte vielleicht bei allem Charme nur Regionalliga-Niveau, der dargebotene Sport war definitiv Champions League.