Donnerstag, 26. Juli 2012

The Unwinding Hours

The Unwinding Hours / United Fruit / Olympic Swimmers / Dead Electric

23.07.12 King Tut's, Glasgow

Vor ziemlich genau einem Jahr hatten The Unwinding Hours ihre bis dato letzte Show in Zürich gespielt. Danach war es ruhig geworden, ein neues Album wurde nämlich aufgenommen, das auf den Namen Afterlives hört und Mitte August erscheinen wird. Dieser Auftritt in Glasgow war somit die erste Gelegenheit, das neue Material live zu hören.
Wer dem deutschen Sintflut-Sommer entfliehen will, sollte andere Reiseziele als Schottland wählen, denn auch dort regnete es den ganzen Tag aus Kübeln, so dass wir es vorzogen, statt etwas Sightseeing zu betreiben lieber trocken im Kino zu sitzen und The Dark Knight Rises anzuschauen. Als Einstimmung auf das Konzert war das aber nicht gedacht, denn schon die zwei neuen Stücke, die bereits während der letzten Tour gespielt wurden, offenbarten eine leichtere Seite der ansonsten durchaus schwermütigen Songs von Craig B.
Eröffnet wurde der Abend von Dead Electric, die gefälligen Indie-Sound präsentierten, der nett vor sich hin plätscherte, ohne allerdings wirklich hängen zu bleiben.

Olympic Swimmers
Danach kamen dann die Olympic Swimmers, die eigentliche Hauptband von Bassist Graeme Smillie und Drummer Jonny Scott von den Unwinding Hours. Sie haben Anfang Juni endlich ihr erstes Album No Flags Will Fly veröffentlicht und damit sicherlich eines der schönsten dieses Jahres. Vor allem Sängerin Susie Smillie (Graemes Frau) jagte einem eine Gänsehaut über den Rücken und sie schaffte es, dies live sogar noch zu verstärken, da sie ihre Songs durchlebte, allerdings auf eine unprätentiöse, einfach nur ergreifende Art. Zudem spielte die Band unglaublich druckvoll, dass man zunächst befürchten musste, sie kommt gegen die Instrumente nicht an, doch der Mischer drehte etwas an den Knöpfchen und danach passte alles. Wer bei Where It Snows keine feuchten Augen bekam, kann kein guter Mensch sein, dermaßen ergreifend war der Vortrag, während Father Said so gewaltig endete, dass man die enge Verbundenheit der Band zu den Unwinding Hours deutlich heraushörte.
Bei den Verpflichtungen der einzelnen Mitglieder ist es leider fraglich, ob sie irgendwann mal durch Deutschland touren werden, stattdessen sollte sich daher jeder vorsichtshalber das Album zulegen.


Doch selbst dieser grandiose Auftritt war noch nicht das Highlight, denn danach kamen ja The Unwinding Hours. Als Einstimmung wurde Knut gespielt und man merkte sofort, dass die Band Bock hatte, nach so langer Zeit mal wieder live aufzutreten. Craig kündigte an, dass sie danach vor allem neue Stücke spielen würden und ließ Break folgen, eine straighte Uptempo-Nummer mit einer schönen Keyboard-Melodie. Wayward und Say My Name waren von der letzten Tour schon bekannt, vor allem ersteres rockte das Haus mit seinem großen Finale. Das von einem Finnland-Urlaub Craigs beeinflusste Saimaa gehörte zu den ruhigen Stücken (ähnlich wie Traces vom ersten Album) und hier war zum einzigen Mal das Publikum störend, denn die Gespräche aus dem Nebenraum, wo sich die Theke befand, klangen doch unangenehm rüber.

The Unwinding Hours

The Promised Land, neben Wayward bislang mein Favorit von Afterlives, gefiel mit seinem an Peaceful Liquid Shell erinnernden Rhythmus und brachte das zweite Keyboard auf der Bühne zum Einsatz. Denn das ist neben den eingängigen Uptempo-Songs die zweite Neuerung im Sound, dass manche Songs (vor allem das an diesem Abend leider nicht gespielte Skin On Skin) deutlich Synthie-lastiger sind, ohne natürlich die für Craig so typischen Songstrukturen und Melodien zu verlassen.


Zur Zugabe bat Craig um etwas Ruhe und dankenswerterweise hielt sich das Publikum bei The Dogs auch daran, so dass bei diesem ebenfalls sehr ruhigen Song kein störendes Gelaber auftrat. Das schon auf den letzten Touren als Live-Favorit herauskristallisierte Peaceful Liquid Shell beendete dann den Auftritt furios, als ob etwas von der Energie des sonstigen Rausschmeißers The Final Hour hier mit eingeflossen wäre. The Unwinding Hours sind zurück, Gott sei Dank.

Setlist:
Knut
Break
I've Loved You For So Long
Wayward
The Promised Land
Child
Saimaa
Say My Name
Tightrope
---------------------------------
The Dogs
Peaceful Liquid Shell

United Fruit
Als man danach den im ersten Stock gelegenen Konzertsaal des King Tut's verließ, erwartete einen in der Bar übrigens noch ein Überraschungsgast. Die Glasgower Noiserock-Band United Fruit spielte dort noch ein kurzes Set und gewann uns sofort als Freunde, denn trotz deutlich rauszuhörender Einflüsse wie The Jesus Lizard oder Shellac bollerten sie nicht nur vor sich hin, sondern verpackten ihre wilden Gitarren in unglaublich eingängige Melodien, die sofort ins Ohr gingen. Wie bei den Olympic Swimmer sei auch hier der Kauf des Albums empfohlen.

Glasgow war trotz schlechten Wetters wie immer eine Reise wert und machte Lust auf die Anfang September stattfindende Deutschland-Tour der Unwinding Hours, zu der es dann wieder ein Tourtagebuch geben wird.

Chvrches

School Of Seven Bells / Chvrches

22.07.12 Stereo, Glasgow

Es gibt Abende, da ist es eine undankbare Aufgabe, die Hauptband zu sein, dies war so einer.
School Of Seven Bells machen fluffigen Dream Pop, ihr aktuelles Album Ghostory ist sehr gefällig und so war der Auftritt im Glasgower Stereo als Vorspiel für das Unwinding Hours-Konzert 24 Stunden später eine Option, wie man den Sonntag Abend verbringen könnte. Aus der Option wurde eine Pflichtveranstaltung, als bekannt wurde, dass Chvrches als Vorgruppe auftreten würden.
Hinter der Band verbergen sich nämlich Iain Cook (vormals Gitarrist bei Aereogramme, nun bei The Unwinding Hours) und Martin Doherty (Live-Keyboarder/Gitarrist bei Aereogramme und The Twilight Sad). Die beiden haben sich als Sängerin Lauren Mayberry von der ebenfalls aus Glasgow stammenden Band Blue Sky Archives geschnappt und ein neues Projekt gegründet, dass mit der Gitarrenmusik der eigentlichen Bands der drei nicht viel gemein hat.

Chvrches
Chvrches machen Elektro Pop, der seine Einflüsse vor allem aus den frühen 80ern bezieht, man hört Heaven 17, The Human League, sogar frühe Simple Minds raus. Das bislang einzige musikalische Lebenszeichen ist Lies mit krachigen Synthies, die die eingängige Melodie unglaublich tanzbar ummalen. Das Lied kam aus dem Nichts und erzeugte sofort großes Interesse zunächst in der Glasgower Musikpresse, dann auch überregional, z. B. im NME. Da verwundert es nicht, dass die Band bereits einen Manager hat, einen alten Bekannten mit dem ehemaligen Aereogramme-Bassisten Campbell McNeil, der nach dem Ende von Aereogramme als Tourmanager u. a. für The Temper Trap und Gotye arbeitet.
So überraschend ist allerdings die Abkehr von den teils bratenden Gitarren der Hauptbands zur elektronischen Musik nicht. Iain Cook arbeitete nach dem Ende von Aereogramme als Komponist für die BBC und war schon immer als Soundtüftler im Studio tätig, arbeitete hier u. a. auch mit Jim Kerr von den Simple Minds und hat zudem aus seiner (un)heimlichen Liebe zu eingängigem Pop á la Katy Perry nie einen Hehl gemacht. Martin Doherty legt gelegentlich in Glasgow als Digital W.I.N.C.H. obskuren Elektrokram auf und auch auf dem aktuellen Twilight Sad-Album sind seine Einflüsse in verstärkten Wave-lastigen Keyboard-Parts größer geworden.

Chvrches
Als Chvrches um Punkt acht Uhr die Bühne betreten, ist das Stereo für eine Vorgruppe sehr gut gefüllt, man spürt geradezu die hohen Erwartungen an diesen erst zweiten offiziellen Auftritt der Band (zuvor spielten sie einmal unter dem Pseudonym Shark Week bei einem vom schottischen Kult-Radio-DJ Vic Galloway präsentierten Event in Edinburgh und eine erste Headliner-Show unter eigenem Namen Anfang Juli in Glasgow). Auf der Bühne stand natürlich Sängerin Lauren Mayberry im Mittelpunkt, die beiden älteren Herren flankierten sie mit ihrem Keyboards rechts und links. Der Sound war für einen Keller-Club außergewöhnlich klar und die helle, manchmal leicht quäkende Stimme von Lauren passte sehr gut zu den Synthie-Sounds. Zudem kontrastierte ihr cooles Wave-Make-Up die dennoch leicht schüchtern-verhuschte Bühnenpräsenz auf sympathische Art.


Da das Debüt-Album bereits fertig im Kasten ist, war auch genug Material vorhanden, um den halbstündigen Support-Slot zu füllen. Hierbei fiel vor allem der Abwechslungsreichtum der Songs auf, es sind nicht nur Variationen von Lies. Besonders das fast ruhige Recover bezauberte ungemein. Sieben Stücke umfasste das Set und Lies wurde als Höhepunkt ans Ende platziert. Hierbei fiel Laurens Mikro leider aus, doch sie schnappte sich einfach Doks Mikrofon und brachte den Auftritt zu einem guten Ende.

Setlist Chvrches
Dieses Gefühl, eine Band gesehen zu haben, die demnächst weltweit in den Charts auftaucht, stellte sich danach bei den School Of Seven Bells zu keinem Zeitpunkt ein. Es ist ja oft so, dass gerade auf Platte gefälliger Dream Pop live unglaublich belanglos wirkt und dies traf auch auf die New Yorker Band zu. Die Sängerin wirkte unbeteiligt, während der Gitarrist unpassende Posen raushaute, die eher zu eine wilden Rockband passten, aber nicht zu den fluffigen Songs.
Daher zogen wir es auch nach fünf Stücken vor, den Keller zu verlassen und oben in der Bar mit Iain Cook und Olympic Swimmers-Gitarrist Simon Liddell zu quatschen, der übrigens schon vorher genau die Live-Qualitäten von School Of Seven Bells vorausgesagt hatte, hatten sie ihn doch bereits auf der letzten Tour in Glasgow enttäuscht.
Chvrches hingegen werden vollkommen zurecht gehypt und auch ihren Weg machen, auch wenn es noch bis nächstes Jahr dauern wird, bis das Album endlich erscheinen wird.


Samstag, 21. Juli 2012

Nada Surf

Nada Surf / Me And Cassity

16.07.12 FZW, Dortmund

Nada Surf sind eigentlich seit Jahren Lieblinge der Freunde alternativer Gitarrenusik, wobei sie es allerdings durchaus immer mal wieder schafften, mit ihren Alben durchaus zu langweilen. Doch ihr aktuelles, Anfang des Jahres erschienenes Werk The Stars Are Indifferent To Astronomy knüpfte wieder nahtlos an Let Go oder The Weight Is A Gift an. Die eigentliche Tour dazu steht eigentlich erst für November an, doch Sommer ist Festival-Zeit und zwischen den Open-Air-Auftritten wurden noch einige besondere Club-Shows gesetzt, bei denen die Band ihre Songs im akustischen Gewand präsentieren wollte.
Wer vorher einen Abstecher zum Merch-Stand gemacht hatte, wusste, dass es eine Vorgruppe geben würde, für die anderen stellte sich Me And Cassity, eine Ein-Mann-Band mit Gitarre und Mundharmonika á la Bob Dylan, kurz als Dirk aus Hamburg vor.

Me And Cassity
Und dieser Dirk kam mir irgendwie bekannt vor. Sein vollständiger Name lautet Dirk Darmstädter und er macht seit Jahren Musik, ist solo aber nie wieder so bekannt geworden wie Ende der 80er mit seiner Band The Jeremy Days. Deren sanfter Indie-Pop ist inzwischen folkiger Americana-Musik gewichen, zwar mit Elan vorgetragen, aber doch auch sehr austauschbar und ohne richtigen Wiedererkennungswert. Doch Dirk ist dafür eine Rampensau und weiß, wie man ein Publikum unterhält. Das machte die gut 35 Minuten erträglich und brachte ihm starken Applaus des immer voller werdenden, da auch ausverkauften Clubs des FZW ein.

Nada Surf
Nada Surf sind in ihrer Grundbesetzung nur ein Trio, doch live verstärken sie sich gerne mit Gästen und so hatten sie heute zusätzlich Martin Wenk am Keyboard von Calexico und Doug Gillard von Guided By Voices an der Gitarre dabei. Optisch sticht eigentlich immer Bassist Dan Lorcas gewaltige Rats-Mähne raus, doch diesmal wusste auch Sänger Matthew Caws mit kleinen Teufelshörnern im Haar zu gefallen,.während Schlagzeuger Ira Elliott heute nur eine Art Obstkiste zur Verfügung hatte, auf der er im Hitergrund cool mit Sonnenbrille im an sich recht dunklen Club thronte.
Mit Clear Eye, Clouded Mind, dem Opener des neuen Albums, ging es gleich schmissig los und man merkte der Band an, dass sie in Partylaune war. Der Sound war ziemlich gut, nur Doug Gillards Gitarre war manchmal zu laut und übertönte den Rest. Martin Wenk griff auch manchmal zur Trompete und sorgte so für zusätzliche Effekte.

Nada Surf

Nach dem ältesten Song im Repertoire, 80 Windows vom Zweitling The Proximity Effect, folgte eines der  den ruhigsten, aber auch schönsten Lieder des Abends mit When I Was Young.


Kurz danach brauchte Bassist Dan eine Zigarettenpause und fast die komplette Band verließ mit ihm die Bühne, während Matt quasi allein mit Your Legs Grow den Gänsehaut-Höhepunkt des Abends lieferte.
Nach fast 90 Minuten verließen dann alle zu tosendem Applaus die Bühne, aber natürlich folgte noch eine Zugabe. Auf Zuruf eines Fans wurde kurzer Hand Blonde On Blonde gespielt, ehe dann mit Always Love mein Lieblingslied überhaupt von Nada Surf folgte. Zum Abschluss gröhlte dann der ganze Saal im Refrain "Fuck It!" bei einem ausufernden Finale zu Blankest Year mit, einem würdigen Abschluss eines großartigen Konzerts., das die Band auf ihrer elektrischen Tour im Gerbst kaum übertreffen kann.



Setlist:
Clear Eye, Clouded Mind
Waiting For Something
Happy Kid
What Is Your Secret?
Teenage Dreams
Weightless
Killian's Red
Whose Authority
Jules And Jim
Do It Again
80 Windows
When I Was Young
Hi-Speed Soul
Your Legs Grow
Looking Through
See These Bones
Inside Of Love
The Way You Wear Your Head
----------------------------------
Blonde On Blonde
Always Love
Blankest Year


Sonntag, 8. Juli 2012

Cerebral Ballzy / Messer

Cerebral Ballzy / Messer

05.07.12 FZW, Dortmund

Anfang der 80er Jahre war amerikanischer Punk noch Hardcore, kurz und immer auf die Fresse, während in Deutschland die Wave-Einflüsse regierten und die unsägliche Neue Deutsche Welle hervorbrachten, in der die guten Bands untergingen.
30 Jahre später gibt es immer noch Bands, die an die alten Zeiten erinnern, allerdings durchaus im guten Sinne.

Messer
Messer kommen aus Münster, der Sänger sieht auch aus wie ein Student, doch die anderen drei Mitglieder sind/wirken deutlich älter und das hört man der Musik auch an. In der Tradition von Fehlfarben oder Der Moderne Man gab es Wave-Punk, der musikalisch momentan seinesgleichen sucht. Die Gitarre zauberte manchmal synthiehafte Klänge hervor, während der wuchtige Bass die Songs trug und für reichlich Druck sorgte. Das Debütalbum Im Schwindel ist gerade erschienen und was auf Platte schon überzeugte, wirkte live noch kräftiger.


Messer
Sänger Hendrik, das Küken in der Band, fiel gegenüber seinen Mitstreitern anfangs etwas ab, weil er die dramatischen Posen übertrieb. Man muss sich nicht schon beim zweiten Lied auf der Bühne wälzen, zumal das noch recht spärliche Publikum auch noch zurückhaltend reagierte, da viele von der Band noch nichts gehört zu haben schienen. Doch ausgerechnet eine Reihe von kleinen Ungeschicklichkeiten ließen den Sänger scheinbar warm werden. Nachdem zunächst sein Mikro ausgefallen war und er es wechseln musste, schaffte er es innerhalb kürzester Zeit, drei verschiedene Mikrofonständer umzukippen, jedes Mal offensichtlich aus Versehen. Während er sofort wieder das Equipment aufbaute, schien er dabei seine Bühnenperformance aus den Augen zu verlieren, wechselte von gespielter Wut zu echter und strahlte auf einmal die Authentizität aus, die man vorher vermisste.Gut eine Dreiviertelstunde spielten sie fast alle Songs vom Album und auch einen neuen Song namens Neonlicht, der poppiger als die anderen war, aber gerade deshalb besonders gefiel.





Kaum hatte die Band die Bühne verlassen, war der Club des FZW leer gefegt, denn alles hatte sich an die frische Luft vor der Tür verzogen.
Gegen zehn strömten alle wieder zurück und sorgten für einen vielleicht halbvollen Laden, denn Cerebral Ballzy hatten die Bühne geentert. Man konnte im Vorfeld Vergleiche zu den Bad Brains oder den Punk-Ausflügen der Beastie Boys lesen, doch die sind meiner Meinung nach unangebracht. Klassischer Ami-Hardcore-Punk klingt nun mal sehr ähnlich und die beiden farbigen Sänger und Bassist sind wohl die einzige Referenz zu den Bad Brains. Eher kann man da schon OFF!, die Band des Ex-Black Flag-Sängers Keith Morris, nennen, deren Shirt der Sänger von Cerebral Ballzy trug. Aber dieser Vergleich offenbarte dann auch das Dilemma der Band. Während Morris eine Legende ist und mühelos endlose Geschichten zu seinen Songs erzählen kann, wirkten die fünf New Yorker nur wie eine Party-Kapelle, die sich halt Hardcore als Musik für ihre Lieder über das Saufen und Skateboarden ausgesucht hat.



Cerebral Ballzy
Das kann nun live dennoch Spaß machen, war aber an diesem Abend leider nicht der Fall. Zum einen waren da ständig technische Probleme, mit denen die Band zu kämpfen hatte. Die Mikros schienen nicht ihren besten Tag erwischt zu haben, denn wie schon bei Messer wollten sie wohl nicht so recht, dass der Sänger einfach alle probierte und sie am liebsten in die Ecke geschmissen hätte. Auch die beiden Gitarristen hatten zwischendurch mit ihren Verstärkern zu kämpfen. Nur die Rhythmus-Combo um den stoischen Bassisten und das nerdige Tier an den Drums blieb verschont und leistete gute Arbeit. War die Laune schon wegen der technischen Tücken nicht die beste, konnte das nicht gerade enthusiastische Publikum sie auch nicht steigern. Nur eine Handvoll Leute war mit Bewegungsdrang ausgestattet, aber mit nur drei Mann wirkt ein Circle Pit halt etwas kantig. Da Cerebral Ballzys bislang einziges Album nur gut 20 Minuten dauert, war eh klar, dass es ein kurzes Konzert werden würde und tatsächlich verließ die Band nach 25 Minuten (inkl. Pannen bedingter Unterbrechungen) die Bühne und hatte auch keine Lust auf eine Zugabe, die das Publikum auch nicht ernsthaft forderte.




So blieb an diesem Abend das Fazit, dass man Messer im Auge behalten sollte, denn sie waren die deutlich überzeugendere Band.

Sonntag, 1. Juli 2012

Sisterkingkong

Sisterkingkong

26.06.12 Spiegelzelt, Dortmund

Das Kölner Popdesignfestival expandierte dieses Jahr zum ersten Mal über die Ehrenfelder Grenzen hinaus nach Dortmund und bot auch dort einen "Crossover aus Musik, Design und Urbanismus".
Doch bevor wir uns der Musik widmen, erst einmal zum Design, denn der erste Gewinner des Abends war die Location, das Spiegelzelt am Fuße des Dortmunder U. Diese Mischung aus Rotlichtschuppen und Schützenfestzelt ist ein historisches Tanzzelt aus den Niederlanden aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts mit Sitznischen aus rotem Samt und zahllosen Spiegeln.

Spiegelzelt
Vor dem Zelt lädt ein Biergarten unter Palmen zum Verweilen ein und ein niedlicher Trabant mit Wefelinger Heimstolz, einem DDR-Mini-Wohnwagen dient als Abendkasse, die heute allerdings nicht besetzt war, da das Konzert im Rahmen des Festivals keinen Eintritt kostete. Diesen Design-Mix kann man getrost als postmodern bezeichnen, was auf die Musik von Sisterkingkong nicht zutrifft, denn die ist für mich Altherrenmusik im besten Sinne. Hier spiegelt sich nicht nur das Alter der Bandmitglieder wieder, sondern auch die Musik von ihrem gerade erschienenen Album She Sees Wolves, gepflegte Indie-Gitarren in der Tradition von Bands wie Yo La Tengo oder aber der ostwestfälischen Schule um Sharon Stoned oder die Hip Young Things.




Der Name ist zwar auch der Titel eines Lieds von Udo Lindenberg, doch im Gegensatz dazu kamen die Lieder von Sisterkingkong weniger mit der Grazie einer Elefantin daher, sondern waren wirklich fragil, mit sanfter Stimme vorgetragen.Nur manchmal wurden die sonst melancholisch twangenden Gitarren etwas schneidender, das Schlagzeug druckvoller und auch die Stimme schärfer wie beim Finale von The Best Is Yet To Come.


Doch das blieb die Ausnahme bei dem gut 45minütigen Set, das  unspektakulär, aber nichtsdestotrotz sehr schön war, eben einfach von der Qualität der Songs lebte. Dazu war der Sound im Spiegelzelt ausgezeichnet, manchmal vielleicht etwas leise, aber das ist den Besonderheiten von Dortmund geschuldet, wo das Ruhebedürfnis der Anwohner noch besonders geschätzt wird, so dass die Veranstaltung auch um 22 Uhr beendet sein musste und Sisterkingkong daher auch keine Zugabe geben durften, um den nachfolgenden Locas In Love genug Spielzeit zu lassen.

Sisterkingkong
Der Auftritt der Kölner Band wurde allerdings als Hintergrundmusik genutzt, denn das in diesem Sommer seltene schöne Wetter wurde zum Plausch im Biergarten genutzt, eine Folge von Konzerten, bei denen man zu viele Bekannte trifft. Musikalisch gefallen mit die Locas In Love zwar, doch sind mir die Texte teilweise zu verkopft, der von Charles Brauer als Opener des neuen Albums Nein! vorgetragene Monolog Nein! Ein Manifest (1) gar abschreckend., eine prätentiöse Umschreibung von Wittgensteins "Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen". Dann sollen sie doch Instrumentalmusik machen.
Abschließend noch einmal ein Gedanke zum Popdesignfestival und dem Urbanismus, dem es sich ja auch nach eigenen Worten widmet. Ob es eine so stimmige Wahl war, eine Band wie Sisterkingkong im Rahmen dieses Festivals spielen zu lassen, deren Videos die Band beim Fahrrad fahren und Wandern in der Natur zeigen, mag für einen Kulturbanausen wie mich fraglich erscheinen, der Auftritt an sich hat sich allemal gelohnt.