Vor zwei Jahren sahen wir Elbow in Glasgow und die uns damals unbekannte Vorgruppe Villagers gefiel uns ausgesprochen gut. Nun hatten die Iren um den kleinen Frontmann Conor O'Brien endlich ihr zweites Album veröffentlicht und gingen prompt damit auf kurze Deutschland-Tour.
Entgegen meiner Erwartungen auf Grund der guten Kritiken war das Gebäude 9 an diesem Samstag Abend nicht ganz ausverkauft, aber um zu Beginn der Tagesschau schon angenehm gefüllt. Statt Nachrichten gab es einen indisch-stämmigen Londoner namens Luke Sital-Singh, der pünktlich um acht Uhr die Bühne betrat und zunächst zur elektrischen Gitarre griff.
Mit nur einer EP im Gepäck bestritt er das Vorprogramm und eröffnete sein Set gleich mit I Have Been A Fire, dem vielleicht schönsten Song daraus, ehe für die übrigen Stücke zur akustischen Gitarre wechselte. Eine gute Wahl als Opener, denn seine Stimme, die von leisem Säuseln mühelos zum Orkan anwuchs, zog die Anwesenden gleich in ihren Bann. Überhaupt war das Publikum für Kölner Verhältnisse ungewöhnlich aufmerksam und ruhig bei einem Support-Act, der sich seinen Applaus redlich verdiente und sicher auch viele CDs nach dem Konzert verkauft haben dürfte. Nach einer guten halben Stunde beendete er seinen Auftritt mit Fail For You und versagt hatte er ganz bestimmt nicht.
Danach musste man nicht bis zur Ziehung der Lottozahlen warten, sondern um 21 Uhr kamen die fünf Musiker der Villagers auf die Bühne. Conor O'Brien ist ein klassischer Geschichtenerzähler, der problemlos alleine mit seiner akustischen Gitarre seine Lieder zum Besten geben könnte, doch gerade das Zusammenspiel mit dem Rest der Band macht aus der folkigen Grundstruktur der Songs etwas Besonderes und gerade live passten auch die rhythmischen Spielereien, die das neue Album {Awayland} bei den ersten Durchgängen unzugänglicher erschienen ließen, zusammen und verliehen den Stücken fast schon hypnotische Wirkung.
Zumal sah die Setlist einen nahezu ständigen Wechsel zwischen den neuen Liedern und Songs vom ersten Album Becoming A Jackal vor, was abwechslungsreich wirkte und zugleich demonstrierte, dass die neuen Stücke immer noch klassische Villagers-Songs sind, man nur musikalisch neue Horizonte entdeckt hat. O'Brien wirkte bisweilen wie ein junger Rolo McGinty von den Woodentops, wie er über die Bühne hüpfte und dabei immer wieder Laute ausstieß.
Zur ersten Zugabe erschien er dann allein und spielte solo That Day und so schön der Song auch klang, fehlte hier doch die Band und bestätigte den Eindruck, dass O'Brien zwar der unumstrittene Kopf der Band ist, aber scheinbar erst mit den anderen Musikern im Zusammenspiel seine ganze Stärke entfalten kann.
Obwohl die Band erst zwei CDs veröffentlicht hat, spielte sie fast 90 Minuten und beendete ein tolles Konzert mit ihrer ersten Single On A Sunlit Stage, zusammen mit der B-Seite Memoir die zwei Songs im Set, die nicht von den Alben waren.
Man merkte der Band an, dass sie ihre erste Headliner-Tour seit fast drei Jahren genossen und auch nach dem Konzert nahmen sie sich reichlich Zeit, um am Merchstand zu stehen und sich mit kleinen Mädchen ablichten zu lassen. Es sei ihnen von Herzen gegönnt. Setlist (heimlich abgeschrieben von den netten Leuten von White Tapes)
Grateful Song
Home
Passing A Message
The Meaning Of The Ritual
Set The Tigers Free
The Bell
Memoir
The Pact (I'll Be Your Fever)
Earhtly Pleasure
Judgwment Call
Nothing Arrived
Rhythm Composer
Becoming A Jackal
The Waves
Ship Of Promises
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That Day
In A Newfound Land You Are Free
My Lighthouse
On A Sunlit Stage
feat. The Jazz Butcher / Paul Wallfisch / Markus Maria Jansen / Thomas Truax
15.02.13 Schauspielhaus, Dortmund
Der Februar ist nun mal der kürzeste Monat des Jahres, aber so kurz auch wieder nicht, dass am 15. bereits der letzte Freitag des Monats wäre. Das Small Beast brach aus seinem üblichen Zeitplan aus und fand diesmal bereits mitten im Februar statt. Und das außergewöhnliche Datum verdiente außergewöhnliche Gäste, nämlich The Almost Has Beens. The Almost Who? Nie gehört von denen? Kein Wunder, wurde diese Band doch nur für die zwei Small Beast-Konzerte in Hamburg und Dortmund gegründet.
Mitglieder sind Paul Wallfisch, Markus Maria Jansen von M. Walking On The Water, Thomas Truax und Pat fish aka The Jazz Butcher. Und als wäre das nicht verlockend genug, bestritt jeder Musiker vor dem gemeinsamen Auftritt ein kurzes Solo-Set. Kein wunder, dass das Konzert vom Institut ins größere Studio des Schauspielhauses verlegt werden musste.
Der Abend wurde von Paul Wallfisch ungewöhnlich eröffnet. Mit einer akustischen Gitarre bewaffnet, begab er sich in die Ränge, setzte sich einfach zwischen die Leute und spielte ein erstes Lied somit vollkommen unplugged. Danach ging er zu seinem Klavier, wo bereits eine Kanne Tee auf ihn wartete und erklärte die Aktion damit, dass er sich so etwas einsingen wollte, weil seine Stimme doch etwas ramponiert sei. Es folgten die von den letzten Small Beasts bekannten Stücke Coincidence und das Kinks-Cover Waterloo Sunset. Für Harley Davidson von Serge Gainsbourg holte er sich jemanden aus dem Publikum nach vorne ans Megaphon, damit er quasi als Anheizer den Rest des Publikums zum Brummen des Motorrads animierte.
Danach übernahm dann Markus Maria Jansen den Stab und spielte einige seiner Lieder. Auch hier holte er sich Unterstützung aus dem Publikum Zufällig war nämlich Philip Lethen, sein ehemaliger Bassist, anwesend und unterstütze ihn bei dem Lied Die kleinen Matrosen. Und auch hier durfte das Publikum wieder lautstark seine Stimme leihen.
Nahtlos ging es weiter mit Pat Fish. Als The Jazz Butcher macht er seit nunmehr 30 Jahren gepflegten Indie-Pop und veröffentlichte früher auf dem Nonplusultra-Label für diese Art Musik, Creation Records. Gerne erinnere ich mich an seine Auftritte in der Dortmunder Live Station Ende der 80er / Anfang der 90er zurück. Musik macht er immer noch, erst letztes Jahr hat er sein aktuelles Album Last Of The Gentleman Adventurers veröffentlicht und ist dabei seinem feinen Gitarren- und auch Gesangsstil treu geblieben.
Danach kam dann der sicherlich spektakulärste Auftritt des Abends. Thomas Truax ist ein Sänger/Komponist, der z. B. gerade an der musikalischen Umsetzung von Ibsens Peer Gynt für eine für den September geplante Aufführung am Dortmunder Theater arbeitet. Nebenbei baut er skurrile Instrumente, mit denen er seine eigenen Lieder kongenial untermalt. So hatte ich ihn vor Jahren schon einmal im Vorprogramm der Dresden Dolls in der Bochumer Zeche gesehen und dieser Auftritt war so beeindruckend und daher unvergesslich gewesen.
Diesmal kamen u.a. der Hornicator, ein umgebauter Grammophon-Lautsprecher und Mother Superior, eine aus einem Ventilator entstandene Drum Machine, zum Einsatz. Bei der wunderbaren Geschichte The Butterfly And The Etymologist spielte er seine Gitarre mit einem kleinen Ventilator und untermalte so das Umherfliegen des Schmetterlings. Und bei Full Moon Over Wowtown begab er sich auf eine Reise durch das Schauspielhaus, verfolgte dabei einen von einem kleinen Licht an seinem Gitarrenhals an die Wände geworfenen Mond und jagte ihn kreuz und quer durch das Studio und auch die umliegenden Gänge, so dass er verschwand, man ihn immer entfernter spielen und singen hörte, bis er durch eine andere Tür zurück ins Studio kam.
Nach so viel körperlichem Einsatz war eine kleine Pause angebracht, ehe bereits nach Mitternacht dann der gemeinsame Auftritt der Musiker als The Almost Has Beens folgte. Wie würde nach nur einigen Tagen gemeinsamen Probens die Setlist dieser Band aussehen? Nun, man spielte einfach Songs aus dem Repertoire der beteiligten Künstler und baute auch zwei, drei schnell geschriebene eigene Nummern ein.
Als passendes Motto des Abends eröffneten sie ihr Set sehr entspannt mit Partytime aus dem allerersten Jazz Butcher-Album Bath Of Bacon von 1983.
Danach machte dann ein Keyboard aus Pauls Equipment Ärger und er wurde kurz sehr ungehalten, weil er die Störung sofort behoben haben wollte, was Pat Fish dazu brachte, Let It Be in seine Richtung zu singen, nach eigenen Angaben sein erstes Beatles-Cover überhaupt und das in über 30 Jahren als Musiker. Nach erfolgreichem Rumstöpseln ging es dann weiter, u.a. mit Beauty vom ersten Botanica-Album Malediction von 1999 und dem vielleicht schönsten M. Walking On The Water-Song Holy Night Of Rosemarie vom 89er Album Pluto. Manches wirkze etwas holprig, was auf Grund der kurzen Vorbereitung sicher verzeihlich war, manches klang aber auch einfach großartig, z. B. das Thomas Truax-Stück March Winds, bei dem Paul Wallfisch ein Theremin bediente.
Es war schon Viertel vor zwei, als sie mit der Zugabe Roadrunner, dem Klassiker von Jonathan Richman & The Modern Lovers, ihren zweiten und vielleicht auch letzten Auftritt beendeten. Und auch wenn sie als Band nicht ganz an die einfach grandiosen Solo-Auftritte herankamen, hier also ausnahmsweise das Ganze nicht mehr als die Summe seiner Teile war, war es dennoch ein herausragendes Small Beast, bislang mein bestes und sicherlich schwer zu übertreffen.
Wenn Zombies Must Never Die an Karneval in einer Kirche gespielt wird und einen Tag später der Papst zurücktritt, so hat das schon etwas für Verschwörungstheoretiker...
Die Christuskirche ist unter dem Motto Kirche der Kulturen regelmäßig Veranstaltungsort für Konzerte und daher bemüht, den Besuchern abseits der harten Kirchenbänke etwas Komfort zu bieten. So leuchtete im hinteren Teil des Kirchenschiffs ein grüner Kühlschrank, aus dem heraus Hopfen-Alternativen zu Messwein ausgeschenkt wurden. Und da, wo bei anderen Kirchen der Altar steht, war ein rechteckiges Gestell, in dem sich die Bühne befand. Dies wirkte wie ein eigener Raum, der aber nach vorne offen war. Der Veranstalter teilte in seinen einleitenden Worten mit, dass dies als "Raum im Raum" Konzept sei und scheinbar kann dieser Raum auch geschlossen sein, doch auf Grund des großen Andrangs, die Kirche war gefüllt wie zur Christmette, blieb er natürlich offen.
Christuskirche Bochum
Als Vorprogramm gab es über eine halbe Stunde dröhnende Gitarren vom Duo [ B O L T ], die eine sehr entspannende Wirkung hatten. Ähnlich zum Auftritt von N letztes Jahr in der Dortmunder Pauluskirche, ein ungleich sakralerer Ort als die Christuskirche übrigens, wirkte dies eine Viertelstunde lang interessant und versandete dann etwas in der Monotonie.
Zu Bohren & Der Club Of Gore wurde die Beleuchtung dann noch weiter heruntergefahren, so dass nur die kleinen Spots an den Plätzen der Musiker und die Bassdrum für etwas Licht sorgten. "Die berüchtigte Stimmungskapelle aus NRW" (O-Ton) trug der närrischen Jahreszeit angemessen neckische Kopfbedeckungen, nämlich Matrosenmützen. Vor allem beim Orgelspieler, der ständig im Zeitlupentakt headbangte, sah das dann so aus, als ob er sein Instrument mit der Mütze spielen würde, wenn sein Kopf wieder einmal sekundenlang über den Tasten hing.
Das Set ließ sich in zwei Bestandteile differenzieren, in Stücke mit Saxophon-Einsatz und ohne. Das Saxophon selber klang sehr schön, da es nicht verstärkt wurde und so leicht im Hintergrund zu Bass und Orgel trat. Leider klang es häufiger wie ein gestörter Radiosender, denn wenn der Schlagzeuger mit den Jazzbesen hantierte, zerrauschte deren Sound den Rest der Musik. Dafür klang es umso besser, wenn das Saxophon Pause machte und die Besen den Drumsticks weichen mussten. Dann wurde der Bass umso mächtiger und erzeugte ein wohliges Kribbeln im Magen.
Für zusätzliche unerwünschte Perkussionseffekte sorgten die Bierflaschen, die ständig durch den Raum kegelten und leider nicht im Takt der Musik. Im Vergleich zum Auftritt beim Westend Indoor 2011 wurden auch die humorigen Ansagen etwas variiert und brachen die getragene Stimmung der Songs, bei Bohren ein gewünschter Effekt.
Knapp 80 Minuten spielten Bohren, inklusive zweier Zugaben, die sie bereits vor dem letzten regulären Stück ankündigten, wohl um in der Finsternis nicht von der Bühne stolpern zu müssen.
Das sakrale Ambiente eines Kirchenkonzerts fehlte mir etwas, der Unterhaltungswert des Abends war aber dennoch höher als bei einer Papstmesse.
Vor fast genau einem Jahr spielten Loch Lomond ihr allererstes Deutschland-Konzert ebenfalls im Steinbruch und scheinbar gefiel es ihnen so gut, dass sie zum Auftakt ihrer zweiten Konzertreise erneut in Duisburg Station machten.
Aber zunächst gehörte die Bühne vier jungen Schweden. Wenige Tage vor Veröffentlichung ihres zweiten Albums The Storm Has Come waren Preacher And Bear auf einer kleinen Tour in hierzulande unterwegs und kreuzten den Weg von Loch Lomond. Als wir um kurz nach halb neun den Konzertsaal des Steinbruch betraten, spielte das Duo, für die Tour um Schlagzeugerin und Keyboarderin zu einem Quartett aufgestockt, gerade Better Times, eines der ruhigsten und zugleich schönsten Stücke des neuen Albums und zog uns sofort in den Bann. Da der Raum vor der Bühne mit kleinen Tischen gefüllt war, die allesamt im Dunkel besetzt aussahen, blieben wir am Rand stehen und genossen die folgenden 30 Minuten. Preacher And Bear überzeugten mit ruhigen, folkigen Songs, aber verbreiteten auch Party-Laune mit Hillbilly-Stücken wie The Man und coverten sogar Don't You Worry Child von der Swedish House Mafia.
Nach diesem mehr als gelungenen Auftakt konnten wir auch noch zwei Plätzchen an einem der Tische im Parkett ergattern und folgten so entspannt dem Auftritt von Loch Lomond. Von der letztjährigen Tourbesetzung war nur noch Keyboarderin Brooke Parrott dabei, dafür wurde Sänger Richie Young diesmal noch von zwei weiteren Frauen, einer Geigerin und einer weiteren Keyboarderin unterstützt. Mit Elephants & Little Girls und Bird And A Bear gab es zu Beginn gleich zwei Highlights hintereinander weg. Danach stand dann das neue Album Dresses im Vordergrund, das Ende Februar bei Chemikal Underground erscheinen wird, in Deutschland allerdings erst im April veröffentlicht wird; nur gut, dass die CD bereits am Merch-Stand käuflich zu erwerben war.
Dabei ist der Albumtitel Dresses nicht von ungefähr an White Dresses angelehnt. Denn vier der fünf Stücke auf der EP,.mit der Loch Lomond letztes Jahr auf Tour waren, tauchen auch auf dem Album wieder auf, z. T. mit anderen Titeln (so wurde das kryptische Knuf Sirhc zu Spray Painted Drums und White Dresses eingefärbt zu Black Dresses). Live klangen die Stücke dann noch einmal etwas anders, da von der Instrumentierung her die Tasteninstrumente im Vordergrund standen und auch stimmlich die Frauen mehr Gesangsanteile hatten, wobei hier vor allem die kräftige Stimme von Jade Eckler sehr positiv herausragte.
Das Duisburger Publikum lauschte sehr andächtig und wartete mit dem Applaus, bis wirklich der letzte Ton verklungen war, nur die Bedienung, ein sehr angenehmer Nebeneffekt der Betischung, dass Getränke am Platz serviert wurden, schepperte einmal kurz mit einem Glas durch die Ruhe und entschuldigte sich sofort, peinlich berührt.
Nach gut einer Stunde ging die Band von der Bühne und wurde natürlich für eine Zugabe zurückgeholt. Dabei nahm Richie erst einmal auf einem Stuhl neben der Bühne Platz und ließ den Damen den Vortritt, die eine sehr schöne Coverversion von Chris Isaaks Wicked Game spielten. ehe Northern, Kness, Trees, And Lights den Abend beschloss, zumal sich während des Lieds auch Richies Verstärker verabschiedete, was ihn irritiert durch den Raum blicken ließ.
Duisburg, das Steinbruch und Loch Lomond, das passt einfach sehr gut zusammen und sollte möglichst bald wiederholt werden, und auch Preacher And Bear werde ich mir gerne wieder ansehen.
Wer zum Teufel sind TTNG? Dies erklärt die Band formerly known as This Town Needs Guns auf ihrer Homepage:
"With a new year, a new album and a new line up comes a new name for This Town Needs Guns. 2013 is a year of change for the band and we are taking what we feel is a positive step forward. From this point on we will simply be known as TTNG.[...]We hope this change of name doesn't disappoint anyone. It is the music that is important, not the name."
Ihr drittes Album 13.0.0.0.0 ist brandneu, auf dem Cover steht noch der "alte" Bandname und schon sind sie auf Tour und zu Gast im FZW. Im Gepäckhatten sie dabei Birthmark, das Solo-Projekt von Nate Kinsella, amerikanische Post-Emo-Legende(u.a. Joan Of Arc).
Dass man auch solo eine komplette Band simulieren kann, ließ schon der Bühnenaufbau vermuten. Über einer Bass-Drum stand ein zerbrechlich wirkender Sperrholz-Tisch, auf dem zahlreiches elektronisches Equipment, aber auch ein Xylophon standen. Kinsella saß dahinter und hatte auch noch eine Gitarre umgeschnallt. Den fast schon orchestralen Sound seines mittlerweile dritten Albums Antibodies konnte er zwar nicht ganz umsetzen, sein ca. 40 Minuten dauerndes Set beeindruckte nichtsdestotrotz und wurde mit warmem Applaus des überraschend zahlreichen Publikums gewürdigt.
Auch TTNG hatten einen eigenartigen Bühnenaufbau, denn sie hatten ihre eigenen, selbst gebauten Monitore dabei, die auf Ständern über die Bühne verteilt waren und an Katzenbäume erinnerten. Ihre Musik wird gern an Math Rock bezeichnet, was als Muckertum ohne klassische Popsong-Strukturen gewertet werden kann. Vor allem die Gitarre perlt und frickelt vor sich hin, wobei ich mich immer an Bands wie Tubelord oder Hot Club De Paris erinnert fühle, ohne dass TTBG aber deren Eingängigkeit erreichen. Da aber andererseits die Gitarre so mit der Rhythmusarbeit beschäftigt ist, fehlen nervige Gniedel-Soli, was man ihnen zu Gute halten muss.
Dazu gesellte sich eine sympathisch-verhuschte Bühnenpräsenz. So wollte Bassist/Sänger Henry Tremain einen Song mit "from our forthcoming album" ankündigen, um sich dann dafür zu entschuldigen, dass dies die Macht der Gewohnheit war, da das Album ja nun endlich raus sei. Ebenso entschuldigte er sich dafür, dass sie ja fast genauso lang damit verbringen würden, zwischen den Liedern ihre Instrumente zu stimmen wie diese Songs dann zu spielen. womit er in der Tat nicht ganz unrecht hatte. Und den Ruf des Muckertums bestätigte Tremain auch eindrucksvoll, indem er bei einem Lied Bass und Gitarre spielte und deshalb beide Instrumente zugleich um den Hals hängen hatte.
Zudem war Gitarrist Tim Collis' Fingerfertigkeit schon beeindruckend. Doch heimlicher Höhepunkt des Abends war 2 Birds, 1 Stone And An Empty Stomach, das komplett unverstärkt gespielt wurde und bei dem es auch im Publikum mucksmäuschenstill war. Nach gut 40 Minuten gab dann ein Gitarrenmonitor seinen Geist auf, doch mit etwas Umstöpseln wurden dann anderthalb Lieder gespielt, zu einer Zugabe reichte es aber nicht mehr. Auch hier entschuldigte sich Tremain, denn die Setlist wies noch drei Songs aus, doch die habe man noch nicht ausreichend geprobt. Das hätte man zwar noch vor dem Konzert machen wollen, doch sie seien halt faul und kämen immer zu spät, so dass dafür keine Zeit war.
Und auch wenn sie mich auf Platte nicht so sehr überzeugen, unterhielten mich TTNG live vielleicht auch wegen des kurzen Sets ausgezeichnet. Und Birthmark waren sogar noch eine Spur besser, weil interessanter und abwechslungsreicher.
Neues Jahr, altes Biest. Zur ersten Veranstaltung 2013 kehrte das Small Beast nach zwei Ausflügen unters Dach ins Studio des Schauspielhauses zurück in das gemütlichere Ambiente des Instituts im Foyer.
Dies schien Gastgeber Paul Wallfisch zu inspirieren, denn so gut war sein Eröffnungsset schon lange nicht mehr. Neben bekannten Stücken der letzten Monate wie Coincidence oder Waterloo Sunset spielte er mit True Crimes eines der ältesten Botanica-Lieder überhaupt. außerdem verbreitete er wieder diese zerstreut-chaotische Atmosphäre, indem er in seinen Notenblättern kramte und auch ankündigte, immer mal wieder zwischendrin quasi live an einem neuen Song arbeiten zu wollen und das Ergebnis unbemerkt in die anderen Songs mit einfließen zu lassen. Den Posaunisten des Dortmunder Ensembles holte er sich für ein Lied zur Unterstützung, aber da er vorher nicht genau absehen konnte, wann dies sein würde, rief er ihn mehrmals herbei, um ihn dann doch noch wieder zu vertrösten, weil erst noch etwas anderes gespielt wurde.
Die gute Laune, die Wallfischs Auftritt bereitet hatte, konnte Nikko Weidemann leider nicht so ganz halten. Der Lehrbeauftragte für Songwriting an der Berliner Hochschule der populären Künste hat zwar schon mit vielen bekannten Musikern zusammen gearbeitet, so nahm er z. B. mit Guy Chambers, bevor dieser Lieferant zahlreicher Welthits für Robbie Williams wurde, unter dem Namen Nikko & The Passion Fruit ein Album auf, konnte aber nie eine eigene erfolgreiche Karriere starten. Fast schon symptomatisch dafür war die kleine Anekdote, dass er auf der Fahrt von Berlin nach Dortmund seine Fahrkarte im Zug liegen gelassen hatte und mangels Geld darauf angewiesen war, dass ihm das Theater Dortmund noch einmal die Rückfahrt bezahlte. Diesen Eindruck eines Gescheiterten vermochte auch sein Auftritt nicht zu entkräften, konnte seinen Lieder doch nicht wirklich überzeugen. Handwerklich kann man ihm sicherlich nichts vormachen, Gitarre und Klavier spielte er exzellent, aber die Songs fesselten nicht, die Texte wirkten kitschig, so dass nicht wenige die nach seinem Set geplante Unterbrechung bereits etwas vorzogen.
Nach der Pause kam dann Josa Peit, eine Berliner Sängerin, von der bislang noch keine Veröffentlichung unter eigenem Namen.erschienen ist, an der sie aber arbeite. Zu hören ist sie aber auf dem Album The Sleepwalking Society von Nostalgia 77, einer Mischung aus Jazz und Electronica.
Bei ihrem Auftritt wurde sie von einem Gitarristen begleitet und auch Paul Wallfisch setzte sich mal ans Klavier. Ihre Stimme war toll, auch wenn die leicht jazzig-soulige Stimmlage nicht ganz mein Geschmack ist. Besonders gut gefielen mir daher die Stücke, in denen die Elektronik für einen ausgefallenen Klangteppich sorgte. Den übrigen Zuschauern gefiel es auch, so dass Frau Peit bei einem Stück den kleinen Saal sogar zum Mitsingen animieren konnte.
Dieses Small Beast war eine Rückkehr zu den Wurzeln, nicht nur örtlich, sondern weil man mal wieder nicht genau wusste, was einen erwartet und so positiv überrascht werden konnte.