Montag, 24. Juni 2013

Efterklang

Efterklang

23.06.13 Philharmonie, Köln

Sommerzeit, Festival-Zeit. An diesem Wochenende fanden mit dem Traumzeit-Festival in Duisburg, dem Hurricane in Scheeßel und der c/o pop in Köln gleich drei Großveranstaltungen in Reichweite statt. Meinen Zuschlag bekam dabei der Auftritt der dänischen Band in der Kölner Philharmonie im Rahmen der c/o pop und ich bereute diese Entscheidung nicht, ganz im Gegenteil.
Letztes Jahr an gleicher Stelle konnten mich Soap&Skin nicht so richtig überzeugen und auch an das Efterklang-Konzert ging ich mit gemischten Gefühlen. Die Dänen sind seit Jahren Garant für gepflegten, elektronisch angehauchten Indie-Pop und haben zudem bereits zwei Studio-Alben noch einmal neu mit einem Symphonie-Orchester eingespielt, kennen sich also auch in gepflegten Konzerthäusern bestens aus.

Efterklang

Um Punkt 20:15 begann der Tatort Philharmonie. Von dem Sextett hatte sich eigentlich nur Keyboarderin/Sängerin Katinka dem Ambiente entsprechend ins kleine Schwarze geschmissen, Sänger Casper Clausen trug zwar eine Fliege zum weißen Hemd, doch das karottenfarbene Sakko wirkte nicht sehr feierlich.
Sehr feierlich war hingegen der Sound. Ich habe selten ein so perfektes Klangerlebnis wie an diesem Abend gehabt. Es gab keinerlei störende Nebengeräusche, nicht einmal die kleinste Resonanz in der Bassdrum z. B., sonst eigentlich ein Garant für ein Hintergrund-Schnarren in kleinen Clubs. Die Instrumente waren alle sauber zu hören, die kleinen Soundspielereien der Keyboarder differenziert wahrzunehmen und der Gesang glasklar,  egal ob es Caspers samtene Stimme oder auch Katinkas Sopran war.

Efterklang

Am Anfang nutzte Casper auch den Platz auf der großen Bühne, wanderte während einer instrumentalen Passage an die Seite und betrachtete das Treiben seiner Mitmusiker und war offensichtlich sehr zufrieden.
Die Voraussetzungen waren also gegeben für ein großes Konzert und wurden auch von der Band genutzt. Das Zusammenspiel war auf den Punkt genau, doch das Besondere an diesem Abend machten die vielen kleinen Besonderheiten aus, die die musikalische Darbietung ergänzten und bereicherten.
Bei Step Aside nutzte Keyboarder/Gitarrist Martyn die hauseigene Orgel aus und weil die halt links von der Bühne steht, musste er seinen Gesangspart halt ohne Mikro bestreiten und tat dies mit Herz erweichender Inbrunst, so dass der zweistimmige Mix aus verstärkter und unverstärkter Stimme besonders ergreifend und schön klang.
Bei einem anderen Lied begab Casper sich auf Wanderschaft, stieg die Wendeltreppe rechts von der Bühne empor, dabei weiter singend, bis er irgendwann nicht mehr zu hören war. Die Band spielte weiter und irgendwann kam er dann vom Oberrang Mitte durch den Zuschauerraum zurück auf die Bühne. Zum Glück hatte er sich vorher schon des Sakkos entledigt und dies war dann auch der Moment, wo die Fliege abgelegt und die Hemdsärmel hoch gekrempelt wurden. richtig rührend wurde es dann aber ohne Musik. Casper erzählte von einem kürzlichen Auftritt in Princeton, wo ihnen eine Zuschauerin einen Brief mitgegeben hätte für ihren geliebten Bruder. Jener saß auch im Publikum und erhielt dann vom Bassisten Rasmus den Brief überreicht und war sichtlich gerührt.

Casper Clausen und Mitbringsel aus Holland

Als "comic relief" verglich Casper dann das Ambiente in der Kölner Philharmonie - wo Schilder die Zuschauer bitten, doch selbst das Husten wenn möglich zu unterlassen, was Clausen sehr begrüßte - mit dem des Festivals in Holland, wo sie am Tag zuvor gespielt hatten. Regen, Bier und Holländer, dazu musste eigentlich nicht mehr gesagt werden, aber als Gimmick holte er einen Karton hervor, den er von den Festival-Besuchern mit Mitbringseln für das Kölner Publikum bestücken ließ. Nun, es war für jeden etwas dabei, von der leeren Chips-Tüte über den noch eingepackten Energie-Riegel bis hin zum Tampon.
Danach sprach dann wieder die Musik und als nach Monument und knapp 65 Minuten die Band die Bühne verließ, brandete tosender Applaus auf.
Die Zugabe begann mit Cutting Ice To Snow und einer darin bewusst gesetzten Schweigepause im Lied, die wirklich für Mucksmäuschenstille im Konzertsaal sorgte. Die sprichwörtliche Stecknadel hätte man tatsächlich fallen hören können und erst ausgerechnet ein Hüsteln von Sänger Casper brach die Stille und das Lied wurde normal fortgesetzt.


Das folgende The Ghost war dann so etwas wie die Blaupause des Efterklang-Auftritts, vereinte sie den melodisch-rhythmischen Popsong mit der Dynamik des Augenblicks (diesmal wanderte Bassist Rasmus zum seitlichen Bühnenrand und ließ sich dort gemütlich nieder, ehe er irgendwann wieder in die Reihen der Band zurückkehrte) und auch die kleinen manchmal fast atonalen Spielereien (hier in Form einer mit einem Bogen brachial gespielten Gitarre), die dem Pop immer wieder Ecken und Kanten gaben. Alike zum Abschluss war dann Spaß pur auch auf Seiten der Band mit durch die Gegend fliegenden Perkussion-Teilen. Überhaupt spürte man während des ganzen Auftritts, wie sehr die Band ihn selbst genoss und diesen Genuss dann mühelos auf das Publikum übertragen konnte.

Setlist

Ich persönlich finde ja die Orchester-Versionen der beiden Alben Parades und Piramida nicht so gelungen, da sie zu wenig Neues aus den Stücken hervorbringen und auch sonst nicht zwingend für eine adäquate Umsetzung der Songs, bei denen auch in den Original- Versionen ja z. T. Orchester-Instrumente verwendet werden, nötig sind.
Umso gelungener hingegen war dieser Auftritt im orchestralen Ambiente der Philharmonie, die einen perfekten Sound zur Verfügung stellte und auch eine Spielwiese für die Musiker, die ein normaler Club so kaum zu bieten hat. Es fällt mir fast schwer, mir die Band noch einmal in "normaler" Umgebung anzusehen, denn einen besseren Auftritt als diesen kann sie eigentlich kaum hinlegen.

Setlist:
Hollow Mountain
Apples
Step Aside
The Living Layer
Sedna
Between The Walls
Dreams Today
Modern Drift
Raincoats
Monument
----------------------
Cutting Ice To Snow
The Ghost
Alike

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