The World/Inferno Friendship Society
18.07.11 Druckluft, Oberhausen
Cabaret Punk, ist das die seriöse Variante vom unsäglichen Funpunk, quasi die Volker Pispers Pistols statt der Abstürzenden Brieftauben? Da The World/Inferno Friendship Society Lieder mit Titeln wie Ich erinnere mich an Weimar im Programm hat, stelle man sich doch eher Amanda Palmer als Liza Minelli als Sally Bowles vor. Und das traf es auch.Um zwanzig vor zehn steht der Großteil der rund 150 Besucher noch vor der Halle des Druckluft, als lautes Getrommel die Leute nach innen rief. Sieben MusikerInnen, darunter vier Frauen an Bass, Saxophon, Geige und Schlagzeug luden zu einer wilden Sause ein. Bislang war die Band immer irgendwie an mir vorbei gegangen, auch wenn bereits so illustre Gäste wie Brian Viglione von den Dresden Dolls und Franz Nicolay von The Hold Steady zu diesem Kollektiv gehörten, doch diese Lücke wurde an diesem Abend eindrucksvoll geschlossen.Die Musik war unglaublich abwechslungsreich, Einflüsse aus den Goldenen Zwanzigern, ein Schuss Klezmer, wie man ihn auch bei Beirut - nur nicht so melancholisch - findet, sogar straighte amerikanische Rocker im E-Street-Band-Format und immer wieder wilde, durch die Instrumentierung folklorig klingende Punksongs, ohne aber in allzu bierselige Pogues-Gefilde abzugleiten, wechselten sich ab. Und über allem thronte Sänger Jack Terricloth, der im engen schwarzen Anzug und mit seinem Retro-Mikrofon wie ein klassischer Crooner wirkte.
Von Beginn an war Bewegung auf der Bühne und davor, wobei die zunächst hauptsächlich weiblichen, aufgebrezelten Fans in Rock und Netzstrümpfen und mit Fächer, mit denen sie auch die Mädels auf der Bühne mit Frischluft versorgten, tanzten und dann aber vermehrt durch die pogenden Punks verdrängt wurden. Terricloth animierte das Publikum zum Mitsingen und unterhielt es zwischendurch mit abstrusen Geschichten wie der von Dolf aus Oberhausen, der ihm seit Jahren schon Geld für eine Ladung Drogen schulde, weshalb die Band regelmäßig in die Stadt zurückkehre, um ihn bei einem ihrer Konzerte abzufangen und die Kohle einzufordern. Manchmal blitzte aber auch eine Portion New Yorker Zynismus auf, wenn er die Tour als eine Odyssee durch die AZs und Jugendzentren dieser Republik beschrieb, dass man den Eindruck gewann, er wünschte sich schon auf größere Bühnen. Da er aber dennoch auch in so kleinem Rahmen sich den Anzug schweißnass spielte, nahm ihm das keiner übel. Nach gut einer Stunde war die Setlist mit überwiegend Songs des aktuellen Albums The Anarchy And The Ecstasy abgespielt und es sollten Wünsche erfüllt werden. Da das Publikum sich hier aber nicht besonders lautstark äußerte, gab es eine kleine Gruppendiskussion und nach zwei weiteren Liedern verließ das Septett die Bühne. Doch die Leute wachten wieder rechtzeitig auf und holten die Band noch zweimal zurück, um bei Klassikern wie Only Anarchists Are Pretty richtig abzugehen, so dass der Auftritt erst nach gut 110 Minuten endgültig endete.
Eine optisch und akustisch so rasante Revue hätte in der Tat ein großes Publikum in größeren Sälen verdient, aber mit mir haben sie sich an diesem Abend mindestens einen neuen Fan erspielt.
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