31. Pfingst Open Air Werden
w/ And So I Watch You From Afar / The Computers
Wie, ein Open Air Festival und nur zwei Bands gesehen, was ist das denn für eine Rosinenpicker-Mentalität? Letztes Jahr hatte es immerhin noch zu drei Bands gereicht, doch dieses Jahr interessierten mich am Line Up so richtig nur And So I Watch You From Afar, die mich nach ihrem tollen Auftritt im FZW vor anderthalb Jahren als Fan gewonnen hatten und die ich leider letzten Monat auf ihrer Headliner-Tour zum neuen Album verpasst hatte. Da The Computers direkt davor spielten, wurden diese dankbar mitgenommen.Festival-Idylle im Löwental |
Musikalisch wurde der Fußweg vom S-Bahnhof auf die Festivalwiese untermalt von Jonas Davids gefälligem Indiepop, spärlich instrumentiert und dadurch sehr angenehm. Aber der akustische Eindruck war zu kurz für ein abschließendes Urteil.
Jonas David |
Danach wollte ich dann in die erste Reihe, was bislang auch in den Vorjahren nachmittags nie ein Problem war, doch ich hatte die Rechnung ohne den Topact Prinz Pi und seine Fans gemacht, denn die Plätze an der Bühnenabsperrung waren schon von Mädchenrudeln belegt, die dort sechs Stunden ausharren wollten, um dem Sido für AbiturientInnen ganz nah zu sein. Zum Glück waren sie klein genug, um auch aus der zweiten Reihe freie Sicht auf die Bühne zu haben. Und die Aussicht sollte sich lohnen, denn The Computers aus Exeter waren eine Augenweide.
The Computers |
Die fünf Briten kamen in weinroten Anzügen auf die Bühne, die aus der Nähe deutliche Schweißspuren aufwiesen und auch gleich zeigten, woher diese stammten. Ähnlich wie ihre Kleidungskollegen The Hives brannten sie ein Rock'n'Roll-Feuerwerk ab mit einer Rampensau von einem Sänger, der mehr Kilometer machte als ein 31 Jahre alter VW Käfer. Musikalisch haben sie sich mit ihrem neuen Album Love Triangles, Hate Squres deutlich in Richtung klassischem Rock'n'Roll weiterentwickelt, zumal der Sänger weniger keift als noch auf dem Debüt This Is The Computers.
Doch die Musik bildete nur den Soundtrack für die exaltierte Bühnenshow. Sänger Alex wuselte vom linken zum rechten Bühnenrand, kletterte auf das Klavier auf der Bühne und auch das Gestänge an der Bühnenseite hoch. Dabei wuchsen die Menge vor der Bühne und auch der Moshpit kontinuierlich an. Bei Music Is Dead begab er sich dann sogar auf die Wiese, nachdem er zuvor die Menge in bester Moses-Manier geteilt hatte, um sie dann wie bei einer Wall Of Death aufeinander losstürmen zu lassen. Bei all dem konnte einem der Roadie der Band fast leid tun, denn er musste ständig hinter seinem Boss herhecheln, Mikroständer halten, aufsammeln und wieder zusammenbauen und das Gitarrenkabel einsammeln, um dem angeleinten Leitwolf maximale Bewegungsfreiheit zu bieten.
The Computers |
Eine überzeugende Bühnenshow im wahrsten Sinne des Wortes und ich ärgerte mich im nachhinein, sie nicht bereits im April im heimischen FZW gesehen zu haben.
Nach einem kurzen Abstecher ins im Gegensatz zum Vorjahr neuen und sehr praktischen Pissoir-Gehege ging es dann wieder vor die Bühne zu den Pi-Prinzessinnen und And So I Watch You From Afar.
And So I Watch You From Afar |
Das Quartett aus Belfast hat auf ihrem aktuellen Album All Hail Bright Futures einen deutlichen Schritt weg vom metallischen PostROCK hin in verspieltere Gefilde gemacht. Die Schwere ist dabei zu Gunsten einer rhythmischen Leichtigkeit etwas in den Hintergrund getreten, die der Band aber gut steht, zumal live immer noch deutlich mehr Wert auf die Gitarren als auf die elektronischen Sprengel gelegt wird und zudem das kurze Festival-Set Stücke von allen drei Alben enthielt.
So legten sie einen Auftritt hin, bei dem die Songs teilweise nahtlos ineinander über gingen und ein nicht mit ihrem Schaffen Vetrauter kaum sagen konnte, von welchem Album das gespielte Lied gerade war. Damit konnten sie zwar das "neutrale" Publikum nicht so begeistern wie zuvor The Computers, doch der Applaus prasselte dennoch reichlicher als am Vormittag der Regen.
Nur die Technik hatte wohl schlechte Laune, machte doch einem Gitarristen sein Equipment schwer zu schaffen, so dass er hektisch diverse Kabel umstöpselte, um sie letztlich komplett auszutauschen. Andererseits war das die perfekte Einleitung zu Set Guitars To Kill.
Natürlich ist ein Club-Auftritt mit die Musik entsprechend untermalenden Lichteffekten deutlich besser, aber auch so war es ein beeindruckender Auftritt, denn dafür war die Musik einfach zu stark.
Danach kamen dann Vierkanttretlager aus Husum, der Heimat von Turbostaat. Doch im Gegensatz zu deren Musik fehlen bei den Lageristen gerade die Ecken und Kanten. Musikalisch kann man das als etwas härtere Hamburger Schule mit einer Prise Virginia Jetzt! beschreiben, was ja sogar durchaus erträglich klingt, wenn da nicht die furchtbaren Texte wären, die sich nach Literaturkurs Sekundarstufe II oder auch vertontem Tagebucheinträgen eines Möchtegern-Intellektuellen anhören.
Vierkanttretlager |
Sorry, aber bei Zeilen wie "Da hinten hinterm Park / beginnt mein Lieblingsteil der Stadt / wo die Einsamkeit die schönsten Farben trägt./ Da sehen wir uns im Neonlicht / an den verschlossenen Türen satt:" (aus Hoooligans) dreht sich mir der Magen um und da riss auch der live etwas härtere Gitarrensound nichts mehr raus. Ich setzte die Segel und steuerte den rettenden Hafen des Bahnhofs an.
Zwei gute Bands gesehen, nicht nass geworden, damit war es natürlich dennoch eine zufrieden stellende Ausbeute für ein Open Air, dessen Besuch zudem Pflicht sein sollte, damit das Festival auch in Zukunft stattfinden kann.
Zwei gute Bands gesehen, nicht nass geworden, damit war es natürlich dennoch eine zufrieden stellende Ausbeute für ein Open Air, dessen Besuch zudem Pflicht sein sollte, damit das Festival auch in Zukunft stattfinden kann.
Mit Vierkanttretlager hast du völlig recht. 0815 Texte. Verschwendete Zeit
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