Montag, 16. September 2013

Halleluyeah III

Halleluyeah III

w/ The Chainsaw Hollies / Daily Thompson / Assmatix

14.09.13 Pauluskirche, Dortmund

Dortmund lud zum Hafenspaziergang, einer Art Stadtteilfest mit kulturellem Programm, u. a. im Subrosa (der Kulturteil fand im Park gegenüber statt, im Subrosa selber lief Bundesliga, aber das ist in Dortmund ja auch Kultur), Rekorder, Rockaway Beat, Herr Walter, Hafenglück und in der Pauluskirche, wo bereits in der dritten Auflage unter dem Namen Halleluyeah lokale Bands ab dem frühen Nachmittag rockten.

Assmatix

Hauptgrund für mich, dort zu erscheinen, waren The Chainsaw Hollies, aber mir wurden auch Daily Thompson sehr ans Herz gelegt, die um 21:00 spielen sollten. Also wurde das Timing so eingerichtet, dass ich zehn vor neun die Kirche betrat. Zu diesem Zeitpunkt spielten noch die Assmatix, die es zwar "erst" seit elf Jahren gibt, deren Mitglieder zusammen aber ca. 250 Jahre Knast...äh...Banderfahrung in diversen Dortmunder Punkbands (u. a. The Idiots) aufweisen können. Dementsprechend gab es auch 77er Oldschool-Punk mit gelegentlichen Ska/Reggae-Einflüssen zu hören, darunter auch ein Cover von Pretty Vacant von den Sex Pistols. Der Sound im hinteren Bereich der Kirche war allerdings sehr dürftig, die Akustik des Raumes ist wohl doch eher für Orgeln als für elektrische Gitarren ausgerichtet.

Daily Thompson

Also ging es in der Umbaupause schnell nach vorne in die erste Reihe, um Daily Thompson aus der Nähe zu begutachten. Und siehe da, der Sound war sofort um Längen besser. Die Musik des Dortmunder Trios wurde als Grunge Blues angekündigt und das passte auch. Mir fielen sofort Sub Pop Bands wie Red Red Meat oder auch Tad ein, die bereits vor 20 Jahren einen ähnlichen Sound hinlegten. Das klingt nun nicht gerade nach der Neuerfindung des Rades, aber auch auf ausgetretenen Pfaden kann man gut wandern. Doch so abgedroschen wie diese Phrasen klang die Musik keineswegs. Über der soliden Rhythmusarbeit von Schlagzeug und Bass konnte sich Gitarrist und Sänger Danny austoben, fand dabei immer die Balance zwischen Rockriffs und kurzen, nie einschläfernden Soli.


Aber das Erstaunlichste war, dass die Band zwar seit ca. einem Jahr zusammen spielt, aber erst im Juni ihren ersten Liveauftritt hatte. Laut ihrer Facebook-Seite war das an diesem Abend erst die neunte Show überhaupt. Dafür klangen sie unglaublich eingespielt und fett. Bislang haben sie erst einige Stücke auf Soundcloud, bzw. einer Demo-CD veröffentlicht, aber da schlummert großes Potential. Das schienen wohl auch die Zuhörer in der Pauluskirche zu spüren, denn sie spendeten Daily Thompson den größten Applaus des Abends.
Vielleicht sollte mal jemand den Leuten vom VISIONS Bescheid geben, denn mit ein bisschen Förderung (z. B. ein Support Gig bei einem größeren Konzert im FZW) dürfte die Band sicherlich ein größeres Publikum erreichen und auch mühelos von sich überzeugen.


In der folgenden Pause lief übrigens Motörhead vom Band und ich hätte nie gedacht, einmal Born to Raise Hell in einer Kirche zu hören. Der Song wurde übrigens 1994 als Single veröffentlicht und im gleichen Jahr erschien auch Bob von den Chainsaw Hollies. Waren damals die Richies aus Duisburg die deutsche Antwort auf die Ramones, so waren The Chainsaw Hollies die Dortmunder Ausgabe der Posies, perfekter, angepunkter Power Pop, der sofort in die Ohren ging und einen laut mitsingen ließ. Nach ihrem zweiten Album My One Weakness von 1997 war dann aber Schluss bis auf gelegentliche Live-Auftritte wie vor vier Jahren im gerade eröffneten neuen FZW als Vorgruppe von Bela B. von den Ärzten, mit dem Sänger Atze Ludwig eine langjährige Freundschaft verbindet.

The Chainsaw Hollies

Für den heutigen Auftritt hatte sich Ludwig besonders in Schale geworfen, trug er doch dasselbe Outfit wie im Video zur ersten Chainsaw Hollies-Single Goin' Up, weiße Hose zu mit weißer Buchstabensuppe verziertem schwarzen Hemd. Zwar hat er inzwischen einen Hubschrauber-Landeplatz (O-Ton) auf dem Kopf und auch die Lieder wurden einen Tick langsamer gespielt als früher, aber gute Popsongs werden einfach nicht alt und so erkannte ich sofort die alten Gassenhauer von der Bob wieder, obwohl ich die CD bestimmt 18 Jahre nicht mehr gehört habe.


Aber nicht nur ich Spaß in den Backen, auch auf der Bühne konnte man ständig grinsende alte Männer beobachten, denen der Auftritt offensichtlich Freude bereitete. Neben den eigenen Songs von den zwei Alben sowie der Single Christmas In Shacktown Too gab es auch zwei Coversongs, Willin von Little Feat und Another Girl, Another Planet von The Only Ones. Nach einer Dreiviertelstunde war dann die Messe gelesen und die Kirche wurde mehr oder weniger geräumt, nicht einmal in den angrenzenden Biergarten auf einen Schlummertrunk wurde man noch gelassen.
Auf die Frage, warum man denn nicht dorthin dürfe, antwortete einer der Ordner übrigens völlig ironiefrei "Befehl von oben" und trotz des Veranstaltungsortes verstand er auch bei der Nachfrage "Von ganz oben?" immer noch nicht, worauf angespielt wurde. "Herr, wirf Hirn vom Himmel!", möchte man da ausrufen,


Nichtsdestotrotz war es ein schöner Ausflug in die eigene musikalische Vergangenheit gewesen, aber Gewinner des Abends war der Blick in die Zukunft mit den Newcomern von Daily Thompson.

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