Dienstag, 26. November 2013

Paper Beat Scissors

Paper Beat Scissors / Michael Feuerstack

21.11.13 Gleis 22, Münster

Am Abend zuvor hatte ich Golden Kanine live gesehen und war in dieses Konzert ohne große Erwartungen rein gegangen und bin hellauf begeistert raus gekommen.
Bei Paper Beat Scissors, dem Projekt des in Kanada lebenden Engländers Tim Crabtree, war es hingegen so, dass das Album immer mehr gesteigert hat und momentan einer meiner Favoriten ist. Die Platte ist bereits letztes Jahr im Frühjahr erschienen und seitdem war Crabtree bereits zweimal in Deutschland auf Tour, allerdings solo und damals von mir noch komplett ignoriert. Doch diesmal war er in insgesamt siebenköpfiger Bandbesetzung unterwegs und das versprach natürlich eine ganz andere Umsetzung der Stücke und machte mich damit so neugierig, das auch unter der Woche der Weg ins Gleis 22 zur Pflichtveranstaltung wurde.

Michael Feuerstack

Der Abend im überschaubar gefüllten gleis wurde von Michael Feuerstack eröffnet, ebenfalls Kanadier und seines Zeichens Mitproduzent des Paper Beat Scissors-Albums. Als Solo-Künstler veröffentlichte er zahlreiche Platten unter dem Namen Snailhouse und eins unter seinem Namen. Überzeugen konnte an diesem Abend sein feines Gitarrenspiel und seine sympathische Art, die Songs selber waren nun nicht so fesselnd. Dennoch war es ein solides Vorprogramm.

Paper Beat Scissors

Kurze Zeit später stand Feuerstack erneut auf der Bühne, diesmal am rechten Bühnenrand als Mitglied der Live-Besetzung von Paper Beat Scissors. Mit ihm bevölkerten noch ein Bassist, ein Schlagzeuger, eine Geigerin, eine Fagottistin und ein Hornist das enge Rechteck, während vorne Tim Crabtree neben seinen Schuhen auf Socken den Frontmann gab. Die Menschen vor der Bühne warne dann doch noch so gerade in der Überzahl, aber mehr als 30 Besucher dürften es leider nicht gewesen sein.
Die lauschten dem auf Grund der Besetzung geradezu kammermusikalischen ersten Songs, eine Mischung aus Bon Iver und Sufjan Stevens. Das klang wunderschön, aber etwas fehlte noch, um den Funken bei mir überspringen zu lassen.


Der wurde dann mit Ends In Themselves gezündet, dem Opener des Albums. Dort jagen mir die geloopten Vocals eine Gänsehaut über den Rücken, hier im Gleis war es die Bandumsetzung, die den Chor aus Stimmen ersetzte und aus der fast sakralen Stimmung eine weltliche, aber mindestens ebenso schöne machte.
Das ansonsten zurückhaltende Publikum honorierte die Musik mit viel Applaus. Da das bislang einzige Albumn von Paper Beat Scissors nicht mehr so ganz taufrisch ist, gab es auch zwei neue Songs zu hören, von denen vor allem Altona (wohl nach der kanadischen Stadt und nicht nach dem Hamburger Viertel benannt) überzeugen konnte.



Nach gut einer Stunde verabschiedete sich das Septett, doch der wahre Höhepunkt sollte noch kommen. Als Zugabe gab es nämlich mit Forgotten den vielleicht schönsten Allbumtrack in einer grandiosen Cinesmascope-Version, die genau den Bombast hatte, den man bei so einer Band auch erhoffen konnte.


Nahezu logisch verlangten die Anwesenden noch eine weitere Zugabe, die Herr Crabtree dann auch gewährte und ganz allein bestritt, sich selbst aber durch Loops unterstützend, nämlich Waltz #1 von Elliott Smith.


So endete nach knapp 75 Minuten ein wunderschönes Konzert mit leider viel zu wenig Besuchern. Ja, es war nasskalt und damit kein Fahrrad-Wetter, aber beim nächsten Mal sollten doch etwas mehr Leute hinter dem Ofen hervor kriechen und sich ins Gleis schleppen, denn Tim Crabtree hat es verdient, ob solo oder mit Band.

Golden Kanine

Golden Kanine

20.11.13 Studio 108, Bochum

Wenn um 20:15 die Türen des Bahnhof Langendreer noch verschlossen sind und man durch sie auch nur einen dunklen Raum sieht, macht man etwas falsch. Dabei sollte das Konzert der sechs Schweden von Golden Kanine doch im Bahnhof stattfinden, allerdings im Studio 108, dem kleineren Konzertsaal. Also einmal um das Bahnhofsgebäude herum und schon sieht man Menschen und erleuchtete Räumlichkeiten.
Das Studio 108 ist gar nicht so viel kleiner als der große Saal, etwas schmaler, dafür länger, wirkt aber genauso gemütlich.

Golden Kanine

Die nächste angenehme Überraschung folgte dann kurz nach halb neuen, als Golden Kanine die Bühne betreten hatten. Der nette Indiefolk der Schweden ist zwar auf Platte sehr gefällig, konnte mich bislang aber nicht hundertprozentig begeistern. doch live war das eine ganz andere Hausnummer.
Von Beginn an verbreitete das Sextett gute Laune, die sich sofort auf den locker besetzten Saal übertrug. Und nahezu mit jedem Stück stieg die Begeisterung des Publikums und es setzte geradezu Beifallsstürme zwischen den Liedern, die auf der Bühne auch deutlich mehr Dynamik hatten als auf den Alben, nicht zuletzt durch den ständigen Bläsereinsatz.


Und auch wenn die Musiker offensichtlich gut gelaunt in das Konzert gegangen waren, schien die Reaktion des Publikums ihre Stimmung noch weiter zu verbessern, so dass z. B. der Trompeter sein Grinsen den ganzen Auftritt über nicht ablegte.
Nach gut 100 Minuten war erst mit der zweiten Zugabe endgültig Schluss und ich machte mich restlos begeistert auf den Heimweg. Es war einer dieser Abende, an denen man nicht viel erwartet und dann umso positiver überrascht wird.

Golden Kanine

Setlist:
Flat Line
Cruelty
200 Years
Crawling Back
Law Of Probable Outcome
Came Down
A World To Save
December
A Call To Arms
Fire
Climb
All Must Die
Madeleine
Scissors
No Fun
Bones
----------------------------------
Happiness
Plans
Burial
Oh They Caught You Too
----------------------------------
The Devil

Sonntag, 17. November 2013

HDQ

HDQ / In Tradition

14.11.13 Panic Room, Essen

Geht es um britischen Punk, der nicht in die (für mich) unsägliche 77er Schublade gehört, sind Leatherface das Maß aller Dinge. Eine der Bands, aus denen Leatherface hervorging, waren HDQ, die ihr erstes Album 1985 veröffentlichten und bei denen Gitarrist Dickie Hammond und Schlagzeuger Andrew Laing spielten.
Nach Jahren der Pause sind HDQ mit neuem Album Lost In Translation wider da und passenderweise auch direkt in Deutschland auf Tour.

HDQ

Der Panic Room ist eine nette Rock'n'Roll-Kneipe am Viehofer Platz, direkt zwischen dem Café Nord und dem Turock. Mitten im Laden steht ein amerikanischer Schlitten, die Bühne ist direkt rechts neben dem Eingang. Gegen 21:30 Uhr wird sie von den fünf Bengeln von In Tradition geentert. Bei ihrem Auftritt im Vorprogramm von Idle Class und Goodbye Fairground im Druckluft haben sie mich alles andere als überzeugt, was sich an diesem Abend nicht wirklich änderte. Allerdings ist positiv anzumerken, dass in ihrem erneuten unsäglichen Lob auf die 90er diesmal auf Coco Jambo verzichteten und stattdessen No Limit von 2 Unlimited verwursteten. Und das als Verbesserung zu würdigen sagt alles.

HDQ

Von der alten Besetzung sind bei HDQ noch Sänger Dave Golledge und Gitarrist Dickie Hammond dabei, also das kreative Gerüst. Dazu gesellen sich inzwischen drei Jungspunde, von denen Schlagzeuger Skruff Owen auch schon zuletzt bei Leatherface mitwirkte.
Los ging es mit dem Titelstück vom neuen Album und es machte gleich klar, dass die Herren Hammond und Golledge ihren Stil über die Jahre natürlich nicht verändert haben. Sie schaffen es immer noch, Melodie und Härte so zu mischen, dass das Gute-Laune-Grinsen von ganz alleine kommt. Schwerpunkt des Sets war natürlich das neue Album, immer wieder unterbrochen von alten "Hits" und einer Coverversion, wobei Monotone im Original von The Jones ist und das auch nur ein Nebenprojekt von HDQ und Leatherface war.


Golledge präsentierte sich dabei als sportliches Energiebündel, der immer noch trotz grauer Haare über die Bühne sprang, während Hammond seine zahlreichen Pfunde nur selten bewegte. Und obwohl der Besuch nicht sehr zahlreich war, es dürften nur so ca. 40 Leute im Panic Room gewesen sein, zeigte sich die Band gut gelaunt und offenbar dankbar, nach all den Jahren der Abstinenz überhaupt noch ein Publikum anzusprechen.
Nach einer Dreiviertelstunde verließ das Quintett zum ersten Mal die Bühne, kam aber noch einmal für zwei Songs wieder, ehe dann kurz nach elf alles vorbei war.


Schnell noch die neue CD gekauft und dann ab an die frische Luft, wo schon ein Streifenwagen vorfuhr und drei Beamte ausstiegen und sich vergewisserten, dass im Panic Room nun auch wirklich Ruhe herrschte.
Es war ein willkommenes Comeback einer alten Band, deren Musikstil zu meinen liebsten zählt und die ich nach all den Jahren endlich einmal live erleben durfte.

Setlist HDQ

Setlist:
Lost In Translation
Through My Eyes
Monotone
Hand Me Downs
No One Wants To Lose A Friend
Room With A View
Leaving Home
There Comes A Time
Wake Up Call
Dig In Deep
Soon Get Sick Of The Sea
Have Faith
Just When I Thought
----------------------------------------
Pictures
The Never Ending Winter

Samstag, 9. November 2013

Small Beast w/ Little Annie & Paul Wallfisch

Small Beast w/ Little Annie & Paul Wallfisch

02.11.13 Schauspielhaus, Dortmund

Zur Zeit läuft im Dortmunder Schauspielhaus die Welturaufführung eines Stücks namens Das Goldene Zeitalter, diese Revue über Wiederholungen und den Sinn des Lebens schauten wir uns an Allerheiligen an, ich kam dabei direkt von der Arbeit ins Theater. Das Stück war so beeindruckend, dass ich keine 24 Stunden später direkt meine eigene Zeitschleife kreierte. Erneut ging es von der Arbeit direkt zum Schauspielhaus, diesmal zu einer Sonderausgabe des Small Beast.

Little Annie & Paul Wallfisch

Little Annie und Paul Wallfisch beendeten ihre kurze Tour mit einem Heimspiel, ziemlich genau ein Jahr, nachdem die Grande Dame des Small Beast zuletzt hier gastierte, damals mit Baby Dee. Dabei war alles anders als bei einem normalen Small Beast. Es fand an einem Samstag statt, begann bereits um 20 Uhr und es fehlte das ausufernde Entrée durch den Gastgeber. Paul Wallfisch kam auf die Bühne des Studio im Schauspielhaus und setzte sich ans Piano, Paul Watson von And The Wiremen packte gegenüber seine Trompete aus und gemeinsam spielten sie ein kleines instrumentales Intro, bis Little Annie zu den beiden stieß und mit Because You're Gone ihr Set eröffnete.

Little Annie
Im folgenden wechselten eigene Stücke mit ausgewählten Coversongs, wobei hier besonders Private Dancer herausragte und nach dieser bewegenden Version Tina Turner eigentlich in Rente gehen kann (wenn sie es nicht schon getan hat). Vor allem Litttle Annies Bühnenpräsenz war wieder einmal sagenhaft, wie sie z. B. fast minutenlang regungslos und in sich versunken auf ihrem Hocker saß, während Paul ein kleines Solo spielte und danach die Situation mit bittersüßem Humor auflockerte, indem sie eine Anekdote aus New York erzählte, als eine Schauspiellehrerin sie einmal um diese Ruhe beneidete und sie lakonisch antwortete, dass es daran liege, dass sie auf Heroin sei. woraufhin ihre Lehrerin noch lakonischer antwortete, dass es egal sei, was sie nehme, so lange es sie so ruhig mache. Nach einer wunderbaren Version des Klassikers Smile aus Charlie Chaplins Moderne Zeiten verließ sie die Bühne, kehrte aber noch einmal für ein Stück zurück, einer Art Beatnik-Blues-Poem, das sie a cappella vortrug.


Es war wieder einmal eine große Freude, Little Annie live zusehen und ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht das letzte Mal in Dortmund war, solange es noch das Small Beast gibt.

Freitag, 8. November 2013

Omega Massif

Radau gegen HIV 22

w/ Ahab / Omega Massif / Valborg / Union Of Sleep

26.10.13 Lükaz, Lünen

Was tut man nicht alles für einen guten Zweck? Nach Lünen zu fahren, kostet an sich schon Überwindung, wenn es aber die einzige Chance zu sein scheint, Omega Massif mal außerhalb des Denovali Swingfests in NRW spielen zu nehmen und zudem mit seinem Eintritt auch noch die AIDS-Hilfe unterstützt, kann man mal kleine Opfer bringen.
Der Radau gegen HIV findet manchmal an konzerttechnisch eher exotischen Orten wie Unna, Sendenhorst oder eben, wie diesmal bei der bereits 22. Auflage, in Lünen. Im Lükaz, einem Jugend- und Kulturzentrum war die vorherrschende Farbe schwarz, so dass ich mit meinem roten T-Shirt aus der Masse heraus stach.

Omega Massif

Bei unserer Ankunft um kurz vor neun spielten noch Union Of Sleep ihren Stoner-Rock. Das hörte sich einen Song lang gut an, beim zweiten Stück wie der erste und beim dritten auch nicht anders. Aber da müssen signifikante Unterschiede gewesen sein, denn manchmal nickte das Auditorium im Takt mit den Köpfen und manchmal halt nicht.
Danach dann Valborg, bei denen ein Metal-Klischee das nächste jagte. Der Name ist die schwedische Bezeichnung für Walpurgis und da müssen die Stücke natürlich auch Namen wie Ich fresse die alte Sommernacht oder Massaker in St. Urstein haben und auch mit schauriger Stimme angekündigt werden. Da stellte sich bei mir sofort Nekrodepression ein, übrigens der Titel des aktuellen Albums des Trios. Der Gitarrist hatte eine Kirk-Hammett-Gedächtnisfrisur und wechselte natürlich bei jedem Solo vom rechten zum linken Bühnenrand und zurück. Ich hoffe, dass sie das nicht ernst meinen, denn selbst als ironisches Augenzwinkern war es schlecht genug.


Danach dann der einzige Grund für meine Anwesenheit, Omega Massif aus Würzburg. Endlich mal normale Leute, von denen der Bassist einen Fuß in Gips hatte und daher im Sitzen spielte. Das Quartett mach Postrock mit einer metallischen Note, die ihnen eine unglaubliche Schwere gibt, die 99% der anderen Instrumental-Bands abgeht, zumal sie das Ganze auch in einem schleichenden Tempo spielen, der der Musik einen majestätischen, aber auch düsteren Anstrich gibt. Die Titel sind deskriptiv, die Alben heißen z. B. Kalt oder Geisterstadt, die Stücke Nebelwand oder Steinernes Meer, und erzeugen so die passenden Bilder.
Die Beleuchtung bestand aus zwei kalten, blauen Lampen am vorderen Bühnenrand, so dass die Musiker dunkle Schatten an die Wände warfen. Nach dem ersten Stück musste zwar ein Effektgerät operativ aus dem Pedal-Brett des Gitarristen entfernt werden und der Sound auf der Bühne schien auch suboptimal zu sein, vor der Bühne war er aber ok und so wurde den Leuten das fetteste Brett vor den Kopf gehauen, dass ich seit langem gehört habe. Obwohl die Songs gerne und oft mal an die zehn Minuten lang sind, kam dennoch keine Sekunde Langeweile auf. Meine Erwartungen wurden erfüllt, Omega Massif sind derzeit absolut unschlagbar im Bereich der instrumentalen Rockmusik.


Headliner des Abends waren Ahab und machten Funeral Doom Metal. Nein, so etwas denke ich mir nicht aus, das Genre gibt es wirklich. Bei Ahab dreht sich alles um die Seefahrt, vom Artwork über Album- und Songtitel. Doch so richtig das Wasser in die Augen trieb mir der Gesang. Ihr langsamer, epischer Metal ging sogar noch, wenn sie auch zu keinem Zeitpunkt (der drei Songs, die ich es aushielt) den Druck erzeugen konnten wie Omega Massif. aber die Gesangsstimme wechselt zwischen Grunzen und pathetischem Minnesang, zu der die holde Maid, der Gitarrist, auch noch ihr arschlanges Haar kreisen ließ. Da musste ich Ratte einfach das sinkende Schiff verlassen.

Omega Massif

Aber das tat ich guten Gewissen, denn die eine Stunde Omega Massif war der erwartete Rettungsring im Meer der Klischees und auch wenn der Rest musikalisch so gar nicht meine Wellenlänge war, ist die Veranstaltungsreihe Radau gegen HIV allein schon wegen des guten Zwecks unbedingt empfehlenswert.

Mittwoch, 6. November 2013

Blank When Zero / Cornerpest

Gedrängel / Blank When Zero / Cornerpest

25.10.13 Aetherblissement, Köln

Dieses Internet ist schon eine tolle Sache. Man kann seine Daten sicher bei einer amerikanischen Agentur speichern lassen, aber auch soziale Kontakte knüpfen. Und da die Welt ja doch nur ein globales Dorf ist, kann man diesen virtuellen Bekanntschaften dann manchmal sogar gegenüber stehen.
Treffpunkt war das Aetherblissement in Köln, geladen hatten Cornerpest aus Köln, gekommen waren außerdem die Nachbarn von Gedrängel und die vegane Volksfront von Blank When Zero aus dem Rhein-Main-Gebiet.

Cornerpest

Das Motto des Abends lautete "Bass, Bass, wir brauchen Bass!", denn Cornerpests Bassist Flo zog es vor, im Krankenhaus die Ankunft seines ersten Kindes zu erwarten. Also mussten Gitarre und Schlagzeug die Drecksarbeit leisten, während sich gleich zwei den Gesang teilten. Doch das klang dennoch ziemlich gut, denn dreckiger Punk kommt auch ohne virtuose Arrangements aus. Vor allem Spliss am Sack hat richtiges Hit-Potential, aber auch der neue, zum Abschluss des kurzen Sets gespielte neue Song Schweine konnte überzeugen.Es war zwar der erste "richtige" Auftritt, wenn man ein Proberaum-Konzert im Sommer und die Premiere mit Coversongs zu Weihnachten letzten Jahres nicht mitzählt, aber dafür war es mehr als ordentlich. Und Tags drauf war auch der Nachwuchs gesund auf die Welt gekommen.


Während also Cornerpest ihren Bassisten den Wehen überlassen mussten, hatten Blank When Zero ihren erst gar nicht mit nach Köln gebracht. Dafür präsentierte man Ersatz in Form eines Freundes aus Wuppertal. Zwei Wochen lang probte er einfach zu den Platten und lieferte dann mal eben locker seine Live-Premiere
ab. Gemeinsam geprobt wurde vorher nicht, das wäre auch entschieden zu professionell gewesen.

Blank When Zero

Dabei klingt ihre Musik gar nicht so simpel gestrickt. Und auch wenn sie einem dafür das Skateboard um die Ohren hauen werden, man hört deutlich Propagandhi raus. Noch deutlicher aber merkte man ihnen an, dass sie Spaß an dem Auftritt hatten. Und wenn das nicht ausreicht, die Band zu mögen, dann sollte man einfach für sein Gewissen auf ihrer Bandcamp-Seite vorbeischauen und das neue Album Einerseits... erwerben, denn das Geld geht direkt an Sea Shepherd.


Anschließend gab es dann noch Gedrängel, Gute-Laune-Punk in der Tradition der frühen Descendents.

Gedrängel

Leider traten sie mit ihrem normalen Bassisten auf, so dass es hier nicht mehr zu ihnen zu erzählen gibt. Aber auch sie machten Spaß.
Ein netter Abend mit netten Leuten in einem netten Laden und das alles nur wegen diesem komischen Internett...

Dienstag, 5. November 2013

Chvrches

Chvrches / Thumpers

23.10.13 Gloria, Köln

Seit über einem Jahr sind Chvrches nun einer der heißesten Newcomer im Bereich Elektro-Pop, haben ausverkaufte Konzerte in der ganzen Welt gespielt, durften in Stadien vor Depeche Mode spielen und haben nun auch endlich das lang erwartete erste Album The Bones Of What You Believe veröffentlicht. Passend dazu spielten sie nach der Introducing-Tour im Mai wieder in Deutschland und auch wieder in Köln. Ursprünglich sollte der Auftritt wieder im Gebäude 9 sein, doch auf Grund der großen Nachfrage wurde das Konzert ins ungleich schönere Gloria verlegt und war auch dort bereits seit Wochen ausverkauft.

Thumpers

Pünktlich um acht Uhr begannen die Briten von Thumpers ihr Set, sehr rhythmischer und perkussiv orientierter Dance-Pop, erinnerten mich dabei manchmal an Chumbawamba, natürlich ohne die stilistische Vielfalt. Das war nett, aber wirklich hängen blieben die Songs nicht.

Chvrches

Um neun kamen dann Chvrches auf die Bühne und eröffneten mit We Sink, dem heimlichen Hit des Albums, ihr Set. Ich hatte kreischende Teenies im Saal befürchtet, doch das blieb zum Glück aus, dafür war das Publikum doch überraschend gemischt und zu alt. Als Now Is Not The Time direkt in Lies überging, blieb ebenfalls überschäumende Begeisterung aus, obwohl doch mit diesem Stück der Hype zu Recht begann. Erst mit Science/Visions (das für mich beste Lied des Abends) und Recover war das Eis bei den Kölnern gebrochen und der Applaus wurde frenetisch und nur zum Ende hin bei The Mother We Share noch lauter. Als einzige Zugabe wurde dann Whitney Houston gecovert, ehe nach einer Stunde Schluss war.

Chvrches

Als Fan der ersten Stunde war natürlich früher alles besser, als jetzt, wo die Band in den Charts ist (in Deutschland schaffte das Album immerhin bis auf Platz 22, in England sogar in die Top Ten). Doch ich fand den Auftritt aus verschiedensten Gründen nicht überragend. Zu allererst merkte man auch live das qualitative Gefälle zwischen den frühen Songs und den neuen Album-Tracks, was nicht nur daran lag, das ich Songs wie Now Is Not The Time oder We Sink schon deutlich länger kenne als z. B. By The Throat und sie dadurch natürlich einen höheren Wiedererkennungswert haben. Auch bei der Live-Umsetzung fand ich nicht alles stimmig. Iain spielte deutlich mehr Bass als bei früheren Auftritten, doch ausgerechnet bei Lies fehlte mir das kräftige Wummern und ließ den Song etwas zahnlos erscheinen, obwohl natürlich im Gloria der Klang und das Licht deutlich besser waren als im Mai im Gebäude 9. Zwar wirkten die drei Schotten durch das konstante Touren deutlich routinierter auf der Bühne, aber gerade Laurens schüchterne Verhuschtheit damals in Glasgow (siehe das Video von Recover vom Juli letzten Jahres weiter unten) passte für meinen Geschmack deutlich besser zu den Liedern, während ich mich an Iains Getanze erst noch gewöhnen muss. Das mag ja angemessen sein, aber wenn man den Mann 10 Jahre lang eher zurückhaltend am Bühnenrand hat Gitarre spielen sehen, muss man sich daran erst noch gewöhnen.
Aber letztlich ist das nur das Gemecker eines schlechten Tänzers und Liebhabers lauter Gitarren, der einfach zu unerfahren mit der Live-Umsetzung von Synthie-Pop ist. So gefielen mir bislang vor allem die elektronischen Dance-Acts, die die Atmosphäre eines Rockkonzerts erzeugen konnten, wie z. B. The Chemical Brothers oder Underworld.
Von daher gönne ich Chvrches den Erfolg und wünsche mir heimlich mal wieder eine Tour von The Unwinding Hours, um Iain mal wieder an der Stromgitarre erleben zu können.



Setlist:
We Sink
Gun
Lungs
Now Is Not The Time
Lies
Night Sky
Strong Hand
Science/Visions
Recover
Tether
Under The Tide
By The Throat
The Mother We Share
----------------------------
It's Not Right But It's Okay

Montag, 4. November 2013

The Thermals

The Thermals / Macky Messer

22.10.13 Bahnhof Langendreer, Bochum

Keine 24 Stunden nach dem Auftritt von Kat Frankie ging es schon wieder in den Bahnhof Langendreer. Der Mann am Einlass stutzte kurz und fragte dann, ob wir bereits gestern da gewesen wären. Als wir dies bestätigten, war er erleichtert, sein Erinnerungsvermögen funktionierte noch einwandfrei.
Zum Zeitpunkt dieses kleinen Alzheimer-Test spielten Macky Messer bereits. Die aus der Asche von Kim Kill Novak hervorgegangene Band schredderte munter vor sich hin, doch die gut anderthalb Songs, die wir noch hörten, reichten nicht für irgendein Urteil aus.

The Thermals

Vor drei Monaten spielten The Thermals - zumindest für mich - als Vorgruppe mal eben Texas Is The Reason in Bremen locker an die Wand. In Bochum hingegen kämpften sie gegen ihr eigenes Erbe. Vor vier Jahren spielten sie zusammen mit Telekinesis ein im wahrsten sinne des Wortes nahezu umwerfendes Konzert, mussten doch während des damaligen Auftritts Backsteine vors Schlagzeug gelegt werden, damit es nicht vom Drummer ins Publikum geprügelt wurde.
Auch diesmal war Schlagzeuger Westin Glass der heimliche Star der Band, sprang immer mal wieder auf, hatte ständig ein unglaublich breites Grinsen im Gesicht und verbreitete einfach gute Laune, während Sänger/Gitarrist Hutch Harris in Bochum etwas grummelig wirkte.


Doch das merkte man ihm nur zwischen den Songs an und wer The Thermals schon einmal live gesehen hat, weiß, dass eh kaum Zeit für lange Ansagen verschwendet wird, sondern Hit auf Hit folgt, an diesem Abend waren es 20 in gut 55 Minuten. Wie schon in Bremen steigerten sie sich dabei zum Ende hin, denn das Viererpack aus St. Rosa And The Swallows, A Pillar Of Salt, Now We Can See und Here's Your Future brachte endlich so richtig Bewegung in das zuvor manchmal etwas verhaltene Publikum.


Nur ein kurzes Overgrown, Overblown! als Zugabe, so wurde am Ende die Spielzeit unter einer Stunde gehalten. Der Auftritt von 2009 wurde nicht getoppt und auch Bremen im Juli war deutlich besser, da die Band es dort zu genießen schien, sich ein Publikum, das in der Mehrzahl nicht wegen ihnen da war, scheinbar mühelos für sich zu gewinnen. Aber nichtsdestotrotz ist ein durchschnittliches Thermals-Konzert immer noch mehr als unterhaltsam, so dass der Abend alles andere als enttäuschend war.

Setlist The Thermals

Setlist:
You Will Find Me
Returning To The Fold
Born To Kill
You Will Be Free
I Might Need You To Kill
An Ear For Baby
How We Know
Faces Stay With Me
The Howl Of The Winds
It's Trivia
Brace And Break
No Culture Icons
Our Love Survives
Where I Stand
The Sunset
I Don't Believe You
St. Rosa And The Swallows
A Pillar Of Salt
Now We Can See
Here's Your Future
------------------------------
Overgrown, Overblown!

Freitag, 1. November 2013

Kat Frankie

Kat Frankie / Jonas David

21.10.13 Bahnhof Langendreer, Bochum

Vor neun Monaten sah ich Kat Frankie zum ersten Mal im Gleis 22, zugegeben mehr aus Zufall, da wir die Karten einer Freundin nutzten, die an dem Abend nicht konnte. Das Konzert war so überzeugend, dass ein erneuter Besuch bei der Tour im Herbst jetzt geradezu Pflicht war, zumal der Abend im Bahnhof Langendreer als bestuhltes Konzert mit der Aussicht auf neue Songs angekündigt wurde. Das hieß für einen notorischen Vorne-Steher wie mich, dass frühes Erscheinen Pflicht war, um ein gutes Plätzchen zu ergattern.
Halb Acht öffneten sich die Pforten und ein Blick hindurch auf das Innere gewährte keine Sicht auf Sitzmöbel vor der Bühne. Also doch noch in Ruhe eine Kippe geraucht, das Bierchen ausgetrunken und dann langsam das Bahnhofsklo besucht und gemütlich die erste Reihe in Beschlag genommen.

Jonas David

Bei der Tour im Januar hatten abwechselnd Musiker aus Kats Begleitband das Vorprogramm bestritten. In Bochum war kein Support angekündigt, doch gegen halb Neun betrat ein junger Mann mit Gitarre die Bühne und fing an zu spielen, ohne sich vorzustellen. Seine Lieder sprachen für sich, der mit Loops vervielfachte Gesang wechselte von Thom Yorke bis Knödelbarde und zog dennoch die Aufmerksamkeit der Anwesenden sofort auf sich und erntete immer lauter werdenden Applaus. Irgendwann wurde es jemandem zu bunt und der Sänger wurde gefragt, wer er denn sei. "Jonas David, und du?" lautete die lapidare Antwort. Später gestand er dann noch, dass er furchtbar schlecht darin sei, mit dem Publikum zu interagieren, doch das machte überhaupt nichts. auch eine gerissene Gitarrensaite störte nicht, denn es standen ja noch Kat Frankies Instrumente auf der Bühne und so wurde schnell eine ihrer Gitarren geborgt. Nachträglich klingelte es dann bei mir, Ich hatte Jonas David im Mai beim Werdener Open Air bereits gesehen, aber nur kurz und damals war er mit einem Keyboarder aufgetreten und die Songs waren nicht annähernd so fesselnd wie diesmal in der geloopten Variante.


Als Kat Frankie dann die Bühne betrat war der Bahnhof Langendreer gut gefüllt, letztlich etwas mehr als zur Hälfte. Man hatte sich entschlossen, auf die angekündigte Bestuhlung zu verzichten, weil das Konzert fast ausverkauft war und man so doch mehr Leuten Gelegenheit geben wollte, bei ihrem zweiten Gastspiel in der Stadt in diesem Jahr die australische Sängerin live erleben zu können. Im Januar im Dampfgebläsehaus der Jahrhunderthalle sollen weniger als 50 Besucher gewesen sein, diesmal waren es deutlich mehr.
Zu ihrer Begleitband zählten wieder Stella Veloce am Cello, Hanno Stick am Schlagzeug (jawohl, der Name ist Programm) und Mowat am Keyboard, diesmal mit kleidsamer Goldkette geschmückt, die ihm neidische Blicke von Frau Frankie einbrachte. Für Miss Kenichi sang diesmal Charlotte Brandi von Me & My Drummer.


Am Anfang schien alles wie im Januar, in wechselnder Stärke wuselten die Mitmusiker über die Bühne, Ophelia setzte früh ein Ausrufezeichen durch Kats beeindruckende Stimme und bei The Wild One ersetzte sie wieder solo durch die Loops eine ganze Band. Und dann schlichen sich fast unbemerkt drei neue Songs in Set, fügten sich nahtlos ein, sie scheint also ihrem Stil treu zu bleiben und das ist auch gut so.
Nach einer guten Stunde war schon Schluss, aber natürlich kam noch eine Zugabe, das kurze, aber gerade wegen der Stille im Publikum umso andächtiger wirkende Take Care Of Him.


Es war ein noch schöneres Konzert als im Januar, da das Ambiente im Bahnhof Langendreer einfach besser zu Kat Frankies Musik passte und auch das Publikum dies mehr zu würdigen wusste als die doch unpassend lauteren (während und nicht zwischen den Songs) Münsteraner.

Setlist Kat Frankie

Setlist:
People
The Saint
Ophelia
Love Me
Too Young
The Sun
Der Ertrag
The Wild One
Frauen verlassen
The Wrong Side Of Midnight
You Were In Disguise (?)
Headed For The Reaper
Bad Behaviour
Oh Darling
Almost Done
Please Don't Give Me What I Want
-------------------------------------
Take Care Of Him