Freitag, 16. Mai 2014

Descendents

Descendents / Bodyjar / Barb Wire Dolls

01.05.14 Skater's Palace, Münster

Die Descendents spielten in Münster, was für ein Feiertag. Na ja, ein Feiertag war es in jedem Fall, denn es war schließlich der 1. Mai, Tag der Arbeit. Und da erst die Arbeit und dann das Vergnügen kommt, begann der Abend im Skater's Palace mit richtiger Maloche.

Barb Wire Dolls

Um viertel vor Acht war der Raum vor der Bühne noch sehr, sehr übersichtlich gefüllt und es war unglaublich anstrengend, nicht auch nach draußen in den Hof oder nach nebenan ins Café zu gehen und sich stattdessen tatsächlich die von Griechenland in die USA ausgewanderten Barb Wire Dolls anzuhören.
Musikalisch war es hardrockiger Streetpunk, der mir am Allerwertesten vorbei ging, was aber das ganze unerträglich machte, war der Auftritt der vier Gyrosburger. Mit simpelsten Phrasen wurde ständig zur Revolution aufgerufen von einer Band, die ihre Klamotten wahrscheinlich aus einer hippen Punk-Boutique in LA hat und dementsprechend viel Wert auf einen durchgestylten Auftritt legten. Da entledigte sich die Sängerin in ihren Stöckelschuhen ihrer weißen Lederjacke, indem sie sie wütend über die Missstände dieser Welt auf den Boden warf, woraufhin der sonnenbebrillte Roadie am Bühnenrand die Jacke direkt einsammelte und pfleglich am Bühnenrand deponierte. Später wälzte sie sich gequält von der Schlechtigkeit aller lasziv auf dem Bühnenboden, was allerdings eher an einen epileptischen Anfall erinnerte. Das spärliche Publikum ignorierte aber die Bemühungen der Band, so dass zum Ende der wütende Blick und das Fuck You! wenigstens aufrichtig klangen.

Bodyjar

Revolutionär an den Barb Wire Dolls schien nur ihr Merchandise zu sein, denn laut dem Tourtagebuch von Bodyjar boten die Püppchen für nur einen Fünfer mehr an, Löcher in ihre T-Shirts zu schneiden, damit man gleich viel punkiger aussehe.
Apropos Bodyjar, im Februar 1996 waren die Australier im Vorprogramm der Schweden von No Fun At All auf Tour und da ihr damals aktuelles Album von den Descendents/ALL-Leuten Stephen Egerton und Bill Stevenson produziert worden war, wollten wir sie uns im alten FZW anschauen. Leider waren wir etwas spät dran und verpassten ihren Auftritt. 18 Jahre später konnte also diese Lücke endlich geschlossen werden und es lohnte sich. Druckvoller Skatepunk mit einer gehörigen Prise Leatherface und gutem, teils mehrstimmigen Gesang überzeugte nicht nur uns, sondern auch die Halle füllte sich zusehends und die Leute wippten mit. Es war aber auch eine wohltuende Abwechslung zu dem Theater davor und gleichzeitig die perfekte Einstimmung auf den Hauptact.


Drei Jahre nach ihren letzten Shows in Europa, bei denen sie abgesehen von Festivals nur in London Headliner-Shows spielten, also endlich wieder die Gelegenheit, sie ausführlich auf deutschem Boden zu sehen. Eigentlich wünschte ich mir ja, dass Milos Stimme wieder den Geist aufgeben würde und sie stattdessen Chad Price ans Mikro lassen und ein ALL-Set spielen würden, denn auf dem Tour-Plan standen auch einige ALL-Shows in Paris, London und Stuttgart und das hätte ich noch lieber gehabt.
Aber seine Stimme war in Ordnung und so gab es wie schon vor drei Jahren einen bunten Reigen aus rund 30 Hits aus über 30 Jahren Bandgeschichte, der natürlich dennoch Begeisterung auslöste und das im Schnitt deutlich ältere Publikum in ihre Jugend zurück versetzte.

Descendents

Apropos Jugend, während Stephen Egerton fast immer noch so jung wie damals aussah, erinnerte Karl Alvarez mit seinem grauen Bart fast ein wenig wie eine sehnige Ausgabe von Peter Gabriel. Bill Stevenson hingegen wirkte noch massiger und auch etwas dadurch angeschlagen, denn nach dem Auftritt verteilte er noch am Bühnenrand die restlichen Setlists und schleppte sich dabei mehr schlecht als recht über die Bühne. Milo hingegen in Hemd, Shorts und barfuß in Slippern hätte auch als amerikanischer Durchschnittstourist durchgehen können.
Bei Thank You führte ihn der Weg in den Bühnengraben, um sein Mikro der ersten Reihe ins Gesicht zu halten, auch einem älteren Herrn in himmelblauem ALL-Shirt. Die Zugabe wurde vom X-Cover Johnny Hit And Run Paulene eröffnet, ehe nach gut 75 Minuten mit Catalina das Vergnügen vorbei war.


Alte Männer haben mal wieder fast ebenso alte Männer zufrieden nach Hause geschickt und wenn sie vielleicht noch einmal als ALL in meine Nähe kämen, dann wäre zumindest ein alter Mann sogar glücklich.

Setlist:
Everything Sux
Hope
Rotting Out
I Wanna Be A Bear
Clean Sheets
My Dad Sucks
Van
Suburban Home
Silly Girl
Pervert
I'm The One
Coffee Mug
All-O-Gistics
Nothing With You
I Like Food 
Myage
When I Get Old
Coolidge
Get The Time
Talking
I Don't Want To Grow Up
Weinerschnitzel
No, ALL!
Bikeage
Thank You
I'm Not A Loser
Descendents
------------------------------
Johnny Hit And Run Paulene
Kabuki Girl
Catalina

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