Dÿse / Suralin
27.03.14 Gebäude 9, Köln
Zurück aus Hamburg, was kann man da mit der Restwoche besseres machen als gleich weiter nach Köln zu fahren, um sich noch einmal Dÿse anzuschauen.Diesmal haben sie eine Vorgruppe dabei, Suralin aus Chemnitz, deren Soundcheck von draußen gar nicht schlecht klingt. Derweil macht sich Dÿse-Gitarrist Andrei auf den Weg, Socken zu kaufen, denn die werden scheinbar dringend benötigt. Da möchte man nicht in den Tourbus reinschnuppern.
Als dann Suralin später den Abend eröffneten, können sie leider den guten Eindruck vom Soundcheck nicht bestätigen, denn zu den dort gehörten instrumentalen Passagen kam nun ein wenig überzeugender Gesang, der das Ganze dann doch zum durchschnittlichen Indierock machte.
Dÿse |
Als Dÿse dann wieder mit Waldbart begannen, war das Gebäude 9 recht gut gefüllt. Das Publikum konnte zwar an Enthusiasmus nicht mit Hamburg mithalten, war aber dennoch sanges- und bewegungsfreudig genug, um gute Stimmung aufkommen zu lassen. Und so wurde eine Adhoc-Komposition von Schlagzeuger Jari direkt ein Hit, dem Kirmes-Rhythmus und dem schmissigen, aber dennoch nachdenklich stimmenden Refrain "Don't call me Banana Split or I call you Öko-Sprit" konnte sich keiner entziehen. Apropos Ziehen, mitten im Set griff Jari sich unvermittelt in den Nacken, hatte er dort ein unangenehmes Ziehen gespürt. Fortan trommelte er unter sichtbaren Schmerzen tapfer weiter, das Set wurde eiskalt durchgezogen, nur die zweite Zugabe wurde ausgelassen.
Es war erneut ein guter Dÿse-Auftritt, konnte Hamburg aber nicht toppen, da war das Hafenklang einfach der bessere Ort als das Gebäude 9.
Dÿse |
Apropos Gebäude 9, viele Gespräche an dem Abend drehten sich um die Zukunft des Veranstaltungsortes, war doch just von der Stadt Köln der Plan für das so genannte Euroforum Nord abgesegnet worden, der keine Zukunft für den renommierten Club, sondern stattdessen Wohnbebauung. Es gibt zwar in dem Plan auch für Kreativwirtschaft ausgewiesene Flächen, aber mit dem sehr Musik freundlichen Zusatz "nicht störendes Gewerbe". Inzwischen hat sich natürlich mit Unterstützung diverser Künstler die Front zur Erhaltung des Gebäudes formiert und auf Facebook eine entsprechende Rettungs-Seite eingestellt.
Meine Meinung dazu ist durchaus gespalten. Ich bin einfach mal durch meine Konzertliste gegangen und musste feststellen, wie viele Läden, in denen ich tolle Auftritte gesehen habe, es nicht mehr gibt, bzw. nicht mehr an alter Stelle, sei es das Odeon in Münster (mein erstes Nomeansno-Konzert 1990), die Live Station in Dortmund (bestes Giant Sand-Konzert aller Zeiten 1993), die alte Fabrik in Coesfeld (Einstürzende Neubauten 1990, Nick Cave & The Bad Seeds 1991) bis hin zum alten FZW in Dortmund (Green Day 1994). Ich bin aber auch nicht der Szenetyp, der einen Stammladen zum Abhängen braucht, weshalb ich nie eine besondere Bindung zu Clubs aufgebaut habe. Natürlich gibt es Orte, die ich ganz besonders mag, das Gleis 22 oder das Druckluft und es täte mir sehr weh, wenn diese nicht mehr da wären, aber das Programm hängt nicht unwesentlich vom Booker ab und warum sollte nicht ein ähnlich gutes Programm an anderer Stelle einer Stadt angeboten werden können. Zumal das Gebäude 9 nicht unbedingt den besten Sound hat und es zudem unter der Woche fast immer in ein Wettrennen zum Deutzer Bahnhof mündet, um den letzten Regionalexpress ins Ruhrgebiet zu erwischen.
Nichtsdestotrotz ist die Initiative lobenswert, verdeutlicht die Planung doch, wie wenig (Sub)Kultur geschätzt wird, auch wenn hier die ersten Deutschland-Konzerte späterer Weltstars (z. B. Arcade Fire) stattfanden. Aber hoffentlich ist gerade das der Anlass zum Umdenken, nicht nur für das Gebäude 9, sondern auch für viele andere kleine Clubs im Lande, die regelmäßig um ihr Fortbestehen kämpfen müssen.
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