RM Hubbert
09.12.13 Grammatikoff, Duisburg
Das Grammatikoff in Duisburg bietet seit einiger Zeit eine Veranstaltungsreihe namens Schräges & Gerades an. Immer montags wird im kleinen Studio bei freiem Eintritt Hausputz gemacht, denn "Folk, Jazz, Electro und Pop sind ebenso nur Schubladen, deren Inhalte entstaubt werden können, indem man sie umherwirbelt" (laut Grammatikoff-Homepage). Das klingt interessant und unterstützenswert, doch für eine Fahrt von Dortmund nach Duisburg musste dann schon der Name des Künstlers locken. Und das war diesmal ein Hochkaräter, RM Hubbert aus Glasgow.Letztes Jahr war er bereits im Vorprogramm von Mogwai in Deutschland unterwegs, im Juni hatte er für sein Album Thirteen Lost & Found den Preis "Scottish Album Of The Year" gewonnen, Ende September erschien dann der Nachfolger Breaks & Bone und Anfang November erst ließ sich sogar Spiegel Online von Hubby durch Glasgows Musikszene führen. Und dieses Juwel spielte nun auf seiner kurzen und auch recht kurzfristig angesetzten Europatour zum einzigen Deutschland-Termin im Hinterzimmer der Kneipe am Dellplatz seine einzigartigen Folksongs.
RM Hubbert |
Tagsüber hatte Hubbert noch getwittert, dass er um 20:40 Uhr auftreten werde. Also standen wir kurz nach acht noch am Dellplatz und rauchten noch eine Zigarette, als ich auf einmal einen weiteren Tweet entdeckte, wo er darauf hinwies, dass er doch schon 20 Minuten früher auf der Bühne sein würde. Ein kurzer Blick auf die Uhr, es war 20:20 Uhr, also schnell rein in den Laden und an der Theke in der Kneipe gefragt, wie es denn zum Studio gehe, da ich diesen Teil des Grammatikoffs noch nicht kannte. Er bat uns, einfach dem Bier zu folgen, dass er gerade dorthin bringen wollte. Gesagt, getan und natürlich selber bei der Gelegenheit auch gleich Getränke bestellt. Das Studio ist in der Tat eine Art Hinterzimmer mit einer kleinen Bühne und einigen Tischen und Stühlen. Mit uns befanden sich genau zehn Leute davor und auf einem Hocker ein Schotte mit seiner Flamenco-Gitarre darauf.
Hubbert hat bislang drei Alben veröffentlicht, die eine klare Entwicklung zeigen. Das Debüt war rein instrumental, danach gab es erste Stücke mit Gesang, allerdings noch von Gästen wie Aidan Moffat (von Arab Strap) oder Emma Pollock und nun traut er sich selbst an die Vertonung. Zwischen den Songs erzählte Hubby einiges zu ihnen und damit auch über sich, denn seine Musik ist reine Therapie für ihn. Er leidet unter chronischen Depressionen und verarbeitet diese sowie Schlüsselerlebnisse aus seinem Leben wie den frühen Tod seiner Eltern oder seine Scheidung durch seine Musik, die ihm so Medikamente oder Arztbesuche erspart. Diese Nabelschau wirkte dabei zum Glück äußerst unpeinlich für die Zuhörer, da sie mit dem typischen schottischen Humor und Sinn für Understatement betrieben wurde.
RM Hubbert |
Hubberts Musik hingegen war für einen Nichtmusiker wie mich schwer zu fassen. Sie verwendete Folk-Muster, brach aber immer wieder in fast schon klassische Gefilde aus, so dass ich an Virtuosen wie Paco De Lucia denken musste. Obwohl er wie die meisten auch nur zehn Finger zur Verfügung hat (Männer vom Sägewerk mal ausgenommen), schaffte er es, neben vertrackten Melodien auch noch Rhythmus-Spuren zu spielen, so dass der Eindruck entstand, da wären mehr als nur ein Musiker auf der Bühne.
Da die instrumentalen Songs immer wieder von den Gesangsstücken wie Bolt unterbrochen wurden, wobei Hubberts warmer, schottischer Akzent sehr angenehm klang, kam auch keine Langeweile auf, bzw. wurde es zu verkopft. Die wenigen Anwesenden wussten das zu schätzen und forderten nach gut 50 Minuten eine Zugabe, zu der sich Hubby erweichen ließ und noch den Car Song (die Kollaboration mit Aidan Moffat von Thirtenn Lost & Found) oben drauf packte.
Es war ein beeindruckender Auftritt, sowohl musikalisch als auch menschlich, wie jemand so offen und unsentimental sympathisch seine Musik als Therapie benutzt, um sein Leben zu meistern und dadurch auch noch anderen ebenfalls schöne Momente verschafft. Wenn er also das nächste Mal wieder in Deutschland zu Gast ist, sollten mehr Menschen vorbeischauen, sie tun sich und ihm damit einen Gefallen.
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