Samstag, 19. April 2014

Action Beat

Action Beat feat. G.W. Sok

13.04.14 Djäzz, Duisburg

Der gemeine Duisburger scheint sonntags abends lieber den Tatort zu schauen als raus zu gehen. Dabei hatte das Djäzz eine spannende Alternative zu bieten, denn das britische Lärmkollektiv Action Beat gastierte mal wieder im Keller.

Action Beat

Um 20 Uhr war Einlass, die Band sollte laut Zettel am Eingang spätestens um halb zehn beginnen. Als ich gegen 20:45 im Djäzz eintraf, waren die Engländer noch deutlich in der Überzahl. Sie waren aber auch fast mit einer ganzen Fußballmannschaft unterwegs: drei Schlagzeuge, zwei Bässe und vier Gitarren, dazu mit G.W. Sok (ehemals The Ex) einen Holländer am Gesang. Kurz vor zehn verteilten sie sich dann auf und vor der Bühne, während der restliche Konzertraum dann doch noch von ca. 20 Besuchern bevölkert wurde.
Gerade rechtzeitig zur Tour wurde die 12" mit G.W. Sok fertig, deren Songs natürlich im Mittelpunkt standen. Neben der neuen Platte hatten Action Beat übrigens diverse Singles und CDs zum Verkauf dabei sowie ihr letztes Album Where Are You?, das in einer spektakulären Hülle aus rostigem Metall verpackt ist und damit ein richtig schwerer Brocken.

Action Beat

Durch den Sänger entfielen die sonst gerne mal auf zehn Minuten und mehr gedehnten, hypnotischen Passagen, stattdessen wurde geradezu konventionell gerockt. Doch auf Grund der Besetzung war auch das immer noch ein fettes Noiserock-Monster, das die Ohren mal so richtig durch blies. Nach einer Stunde inklusive einer Zugabe war das Spektakel vorüber.


Als reine Instrumentalband gefallen mir Action Beat zwar besser, aber dennoch war es ein Ereignis, das mehr Zuschauer verdient gehabt hätte.

Holy Mountain

Holy Mountain / Red Apollo

08.04.14 FZW, Dortmund

Als Holy Mountain ihre Deutschland-Tour planten, haben sie wohl nicht den Spielplan der Champions League berücksichtigt. Denn wenn eine schottische Band ihr allererstes Deutschland-Konzert spielt, ist der kleine Club des FZW sicher nicht der schlechteste Ort , außer am selben Abend spielt Borussia Dortmund zu Hause gegen Real Madrid.
Bei der Dortmunder Vorband Red Apollo waren zu Beginn vielleicht ein Dutzend Zuhörer im Raum und bei dem marginal an schlechte Isis erinnernden Sound wurden es im weiteren Verlauf eher weniger denn mehr.

Holy Mountain

Holy Mountain aus Glasgow hatten als Duo begonnen und in der Besetzung hatte ich sie auch vor vier Jahren als Vorgruppe bei The Unwinding Hours in ihrer Heimatstadt live gesehen. Dabei verwüsteten sie alle gängigen Rock-Riffs und -Posen. Nun ist gerade mit Ancient Astronauts ihr erstes Album (nach der EP Earth Measures von 2012) auf dem legendären Glasgower Label Chemikal Underground erschienen und sie haben dabei ihren Stil deutlich verfeinert. Zwar sind sie immer noch ein Riff-Monster, aber es gibt auch Gesang und das Ganze hat eine deutliche Prise Progrock abbekommen.
Da der Stamm-Bassist gerade als Roadie mit Mogwai durch die USA tourt, ist Johnny Docherty eingesprungen, der auch schon live bei The Twilight Sad ausgeholfen hat und ansonsten mit Rungs (die Nachfolgeband von Take A Worm For A Walk Week) derben Noiserock fabriziert.
Als Holy Mountain gegen Ende der ersten Halbzeit die Bühne betraten, waren wohlwollend gezählt vielleicht zwei Dutzend Musikinteressierte anwesend und die dürften ihr Kommen nicht bereut haben.
Eine Dreiviertelstunde lang gab es kein modernes Kurzpassspiel, keine falschen Neuner, sondern altmodisches Kick and Rush und gesunde schottische Zweikampfhärte.

Setlist Holy Mountain

Auch wenn mir vor vier Jahren das aggressive Pressing trotz Unterzahl noch eine Spur besser gefallen hatte, machte es dennoch sehr viel Spaß, der eisenharten Dreierkette bei der Arbeit zuzusehen.  In Dortmund reichte es damit zwar nicht zum Auswärtssieg, aber den schaffte Real Madrid an diesem Abend bekanntlich auch nicht.

Freitag, 18. April 2014

Gallon Drunk / Thomas Truax

Gallon Drunk / Thomas Truax

06.04.14 Kulturrampe, Krefeld

Ich schaue mir gerne gute Bands mehrmals auf einer Tour an, allein dieses Jahr je dreimal Thalia Zedek und Dÿse, aber manchmal überlege ich wirklich, ob es Sinn macht. Denn gerade nach einem grandiosen Auftritt können andere Konzerte der Band eigentlich nur schwächer sein.
So gut wie Gallon Drunk am Abend zuvor im Gleis 22 waren, konnte der Auftritt in Krefeld doch bestimmt nur enttäuschen. Andererseits konnte er nicht enttäuschen, denn allein Thomas Truax als Vorprogramm war die sonntägliche Fahrt zur Kulturrampe wert.

Thomas Truax

Truax lebt seit einiger Zeit in Dortmund, da er dort am Schauspielhaus die Musik zur Inszenierung von Peer Gynt geschrieben und inzwischen auch als Album veröffentlicht hat und sie auch im Theater in einer Kuppel über der Bühne schwebend spielt.
Die Kulturrampe ist ein kleiner Laden auf dem Großmarkt-Gelände mit dem Konzertraum im ersten Stock, der auch bei nicht einmal 50 Anwesenden bereist sehr gut gefüllt wirkte. Die Leute schauten bereits sehr neugierig auf das Instrumentarium, das Thomas auf der Bühne platziert hatte und ihre daran geknüpften Erwartungen wurden dann auch offensichtlich erfüllt. Truax machte es ihnen aber auch einfach, spielte bereits als zweiten Song Full Moon Over Wowtown und wanderte dabei einmal durch die ganze Kulturrampe inklusive der Empore.


Aus dem Soundtrack zu Peer Gynt wurde Always Been A Dreamer dargeboten und seine Schlagzeugerin Mother Superior hatte sich schon zu Satisfaction eingerollt, da musste Truax umdisponieren, weil seine Effektgeräte nicht so wollten wie er. Dennoch spielte er eine Stunde lang und wurde mit großem Beifall verabschiedet.
Gallon Drunk hatten danach die gleiche Setlist wie am Abend zuvor vorbereitet, wieder also Before The Fire als Opener, der gleich für klare Verhältnisse sorgte. Bei dem langsamen Intro spielte Ian White noch mit Schlägeln und als das Stück Fahrt aufnahm, wechselte er zu normalen Drumsticks, aber das so schnell, dass man den Wechsel nicht mitbekam. Nachdem mich das in Münster verblüfft hatte, wollte ich diesmal genau aufpassen, aber wieder entging mir der Moment. Es war wie bei einem guten Zauberer, dessen Fingerfertigkeit erst die Illusion erzeugt.

Gallon Drunk

Die Band selber wirkte sehr entspannt und gut gelaunt, vermutlich die Folge des sehr guten Auftritts in Münster und der im Vergleich zu anderen Strecken kurzen Anfahrt nach Krefeld. Diese gute Laune wirkte sich offenbar auch auf die Spielfreude aus, denn The Speed Of Fear wurde glatt um drei Minuten verlängert und dauerte epische 17 Minuten.
Zur Zugabe erschien Gitarrist James Johnston dann im Gallon Drunk-Shirt frisch vom eigenen Merch-Stand eine Etage tiefer. Er entschuldigte sich gar beim Publikum dafür, da es eigentlich ein Unding sei, als Band die eigenen Shirts zu tragen, aber es war so heiß auf der Bühne und sein Hemd war auch dementsprechend klitschnass durchgeschwitzt, dass er einfach etwas frisches anziehen musste. Schlagzeuger Ian White hörte belustigt zu und konnte sich ein "You look lovely, dear" nicht verkneifen.
Die eigentlich geplante Zugabe wurde kurzer Hand gestrichen und stattdessen You Made Me von The Road Gets Darker From Here gespielt.


Es waren zwei restlos begeisternde Auftritte von Gallon Drunk, wobei Krefeld wegen Thomas Truax im Gesamteindruck knapp die Nase vorn hat.
Im Juni spielen Gallon Drunk dann noch im King Georg und wie bei Thalia Zedek und Dÿse werden wohl aller guten Dinge drei sein.

Setlist:
Before The Fire
The Exit Sign
Hanging On
Just One More
Bad Servant
The Soul Of The Hour
Killing Time
Traitor's Gate
The Speed Of Fear
------------------------
You Made Me

Gallon Drunk

Gallon Drunk

05.04.14 Gleis 22, Münster

Gallon Drunk gibts noch und sie klingen vermutlich besser als je zuvor. Wer Mitte der Neunziger Nick Cave mochte, musste zwangsläufig auch das britische Trio lieben. Doch irgendwann hatte ich die Band aus den Augen verloren, ihr Album The Road Gets Darker From Here aus dem Jahr 2012 zum Beispiel ging so komplett an mir vorbei, dass ich gar nicht wusste, dass es das gibt und Gallon Drunk noch aktiv sind. Erst der unglaublich tolle Auftritt letztes Jahr im Steinbruch von Big Sexy Noise (Gallon Drunk mit Lydia Lunch) brachte sie wieder in meinen Fokus. Und prompt erschien gerade ihr neues Album The Soul Of The Hour mit begleitender Tournee.

Gallon Drunk

Das Gleis 22 warb damit, dass Gallon Drunk vor 12 Jahren mit The National zusammen dort vor nur 30 Leuten spielten. An diesem Samstag waren es deutlich mehr, das Gleis war gut gefüllt. Gegen 21:40 begann die Band hinter dem Vorhang mit dem Opener des neuen Albums, Before The Fire. Nach einer Minute erst wurde der Vorhang gelüftet und gab den Blick auf das Quartett frei. Auf CD steigert sich der Song über neun Minuten unaufhaltsam und auch live wurde eindrucksvoll gleich mal alles in Grund und Boden gewalzt, der perfekte Anfang für ein tolles Konzert. Ian White am Schlagzeug konnte blitzschnell vom Stoiker zum Tier werden, Leo Kurunis streunte wie ein Tiger mit seinem Bass durch sein Bühnenrevier, während Terry Edwards mal fette Schweineorgel-Sounds aus seinem Keyboard durch den Saal trieb und mal am Saxofon für schräge Momente sorgte.


Der Bühnenmittelpunkt gehörte Gitarrist/Sänger James Johnston, der alle Posenregister zog, um sich kickte, mit seiner Gitarre tanzte, sie wie ein Maschinengewehr hielt und immer wieder die Arme zur Decke reckte, dabei aber stets unpeinlich wirkte.
Bereits das neunte Stück wurde als das letzte angekündigt, The Spped Of Fear, der sechsminütige Schlusspunkt des neuen Albums. Was folgte, waren 14(!) Minuten, die die aktuellen Gallon Drunk perfekt zusammenfassten, hypnotisch anschleichend, bis sich die aufgebaute Spannung wie eine Eruption entlädt, dabei aber scheinbar mühelos wieder kontrolliert die Spur gefunden wird, bis sich am Ende Katharsis einstellt.


Eigentlich hätte man nach diesem Finale vollkommen erschlagen das Gleis verlassen können, doch da die Band für diesen Auftritt vollkommen zu Recht frenetisch bejubelt wurde, gab es noch einen Nachschlag in Form von zwei Stücken, die beinahe besinnlich den Abend ausklingen ließen, auch wenn sie sie für sich natürlich keine Schlaflieder waren, aber The Speed Of Fear konnte nicht getoppt werden.

Setlist Gallon Drunk

Mit Big Sexy Noise hatten James Johnston und Ian White schon angedeutet, was für ein Feuer live in ihnen immer noch lodert und mit Gallon Drunk haben sie es mehr als bestätigt und Münster in Flammen aufgehen lassen.

Setlist:
Before The Fire
The Exit Sign
Hanging On
Just One More
Bad Servant
The Soul Of The Hour
Killing Time
Traitor's Gate
The Speed Of Fear
-----------------------
The Dumb Room
Some Cast Fire

Chixdiggit / Richies / Nimrods

Chixdiggit / Richies / The Apers / Nimrods / Brewers

04.04.14 Druckluft, Oberhausen

Poppunk-Overkill in Oberhausen, gleich fünf Bands standen an diesem Freitag Abend im Druckluft auf der Bühne, alles relativ alte Säcke, die da zum Senioren-Tanztee aufspielten.
Als ich gegen halb neuen am Druckluft auftauchte, spielten die Brewers mit dem Richies-Gitarristen noch ihren Ramones-Punk noch eins, zwei, drei, vier Lieder lang. Das Druckluft war schon richtig gut gefüllt und die Luft bereist schwül-bierig.

Setlist Nimrods

Die Nimrods bauten ihr Equipment auf, klebten dabei die Setlist stilsicher mit ihren eigenen Stickern am Boden fest. Auf die Frage, ob sie sich für den Abend etwas Besonderes geplant hätten, kam die lakonische Antwort "Nö, alles wie immer". Das klang viel versprechend.
Und so wurde es auch wie immer, jedes Mal die gleichen Posen, breitbeinig bis zum Leistenbruch, Instrumente im Nacken, Wunderkerzen im Publikum, das volle Programm halt. Da Kepi Ghoulie in der Stadt war, durfte er mal wieder Johnny B. Goode singen und über die Bühne wie ein Flummi hüpfen.


Später wuselte dann noch ein Affe mit Party-Schild herum und neue Songs gab es natürlich nicht, denn die Nimrods-Mucke ist schließlich nach dem traditionellen Reinheitsgebot gebraut, kein Raum für Experimente und das ist in diesem Fall auch gut so. Und selbst wenn sie in zehn Jahren immer noch das gleiche Set spielen und die gleiche Show abliefern, werde ich meinen Spaß haben, denn sie sind einfach zeitlos gut.

Nimrods

Nach so einem Feuerwerk brauchte ich eine Verschnaufpause, so dass ich The Apers mehr hörte denn sah. Die Holländer machten ihre Sache gut, konnten bei mir erneut nicht zünden, irgendwas fehlte mir.
Danach dann die Richies, für mich zum erstes Mal wieder live nach fast 18 Jahren. Mitte der 90er hatte ich sie mehrmals live gesehen, waren sie doch damals eine der besten Poppunk-Bands überhaupt.

Setlist Richies

Und auch wenn die Jahre optisch nicht spurlos an ihren vorübergezogen sind, klangen sie akustisch immer noch so frisch wie damals. Beim Blondie-Cover Hanging On The Teleophone hatten sie weibliche Verstärkung am Gesang, direkt danach nach dann der Song, durch den ich sie damals überhaupt entdeckt hatte, ihre Version von Hüsker Düs Don't Want To Know If You Are Lonely.
Ein souveräner Auftritt der alten Herren, die nach all den Jahren nichts verlernt zu haben scheinen.


Zum Glück war es eine laue Frühlingsnacht, denn die Luft im vollen Konzertraum war teilweise schon zum Schneiden. So setzte zwischen den Bands immer eine Völkerwanderung ins Freie ein. Um Mitternacht waren aber wieder alle drinnen versammelt, denn Chixdiggit baten zum Tanz.

Chixdiggit

Die Kanadier waren live auch mal wieder eine Bank und trotz der späten Stunde brachten sie das Druckluft noch einmal zum Schwitzen. Sänger KJ Jansen hatte dabei ständig ein fettes Grinsen im Gesicht, es schien ihm zu gefallen. Eine feste Setlist gab es nicht, es wurde kreuz und quer durch die Diskographie gesprungen, teils auf Zuruf, teils nach Abstimmung im Publikum. Nach nicht ganz einer Stunde verabschiedete sich das Quartett, aber auch wenn es schon kurz vor eins war, musste natürlich eine Zugabe her.
KJ Jansen kam zunächst alleine zurück auf die Bühne und coverte Summer Of 69, ehe es noch einmal rund ging und er den Auftritt im Publikum beendete.


Fünf Bands am Stück, die durchaus ähnliche Musik machen, waren vielleicht etwas viel, aber durch geschickt selbst gewählte Pausen wurde es ein mehr als unterhaltsamer Abend.



Thurston Moore

Thurston Moore w/ Steve Shelley & Jason Sedwards

31.03.14 King Georg, Köln

Sonic Youth gibt es ja bekanntlich nicht mehr mit dem Effekt, dass die eh sehr aktiven einzelnen Mitglieder nun noch mehr Zeit für ihre persönlichen Vorlieben haben. Kim Gordon jammt als Body/Head rum, Lee Ranaldo solo als Lee Ranaldo And The Dust, Steve Shelley spielt in Disappears und saß erst neulich am Schlagzeug auf der Europatour von Howe Gelb (Giant Sand) und Thurston Moore hat eine neue Band namens Chelsea Light Moving.
Moore und Shelley spielten dann noch eine Handvoll Konzerte in Europa als Trio mit Jason Sedwards von Chrome Hoof an der Gitarre. Deutschland stand dabei immerhin gleich zweimal im Kalender, nämlich an zwei Abenden im King Georg in Köln, von denen ich mir den ersten ausgesucht hatte.

Thurston Moore

Wie zu erwarten war, herrschte im King Georg kuscheliges Gedrängel und kurz vor neun bahnten sich die drei Musiker ihren Weg zu ihren Instrumenten unter dem Kronleuchter (Bühne kann man das ja eigentlich nicht nennen).
Direkt im ersten Song riss Thurston Moore eine Gitarrensaite, also wuselte er erneut durch die Leute, um eine neue aufzuziehen. Währenddessen jammten Shelley und Sedwards entspannt vor sich hin, bis Moore nach ca. fünf Minuten wieder da war und das Set nun richtig beginnen konnte. Im Vorfeld konnte natürlich spekuliert werden, wie denn die Setlist des Abends aussehen würde, eventuell songs von Chelsea Light Moving, Moores Soloalben oder doch gar etwas von Sonic Youth? Nun, wenn ich auch nicht der intimste Kenner des Gesamtwerks bin, konnte ich doch mit Sicherheit kein einziges Stück identifizieren, nur ein Song wurde von ihm angesagt und das war ein vollkommen neuer mit dem Titel Germs Burn und ein ziemlicher Knaller. Überhaupt war es ein recht raues, indierockiges Set, das zwischendurch dann mal in wildes Gitarrengelärme ausuferte, aber dabei dennoch kompakt genug blieb und natürlich von dem Moore-typischen Gitarrensound lebte.

Thurston Moore w/ Steve Shelley & Jason Sedwards

Da Konzerte im King Georg eigentlich um 22 Uhr beendet sein müssen, ging das Trio denn auch nach nicht ganz einer Stunde von der "Bühne", kämpfte sich aber noch für eine Zugabe zurück. Thurston Moore wartete dabei geduldig, bis auch der letzte, der die Pause zum schnellen Gang aufs Klo oder an die Theke genutzt hatte, wieder auf seinem Platz war, da wegen die Leute wegen der Enge quasi über die Bühne gehen mussten. Die Zugabe selber endete dann in einer wilden Spielerei mit dem Interieur, Moore benutzte den Kronleuchter als Plektron.

Thurston Moore

Es war ein vielleicht auch wegen seiner Kürze ein sehr gelungener Auftritt. Augenzeugen des zweiten Abends berichteten mir, dass das Set identisch war, diesmal aber der Kronleuchter verschont blieb, Moore dafür etwas gesprächiger war, die Songs selber aber nicht ganz so harsch und roh dargeboten wurden.

Thalia Zedek

Thalia Zedek

30.03.14 Privat, Essen

Ende Februar hatte Thalia Zedek mit ihrer Band ihre Europa-Tournee beim Small Beast in Dortmund begonnen. Einen Monat später endete sie in Turin und die Band sollte von dort nach Enschede fahren, ehe es dann von Amsterdam aus zurück in die Staaten ging. Das brachte gaesteliste.de-Redakteur Carsten auf die exzellente Idee, die Band zu sich nach Hause nach Essen einzuladen, ihr eine Unterkunft für die Nacht anzubieten und Thalia vor einigen Freunden solo spielen zu lassen.

Thalia Zedek
Carstens Wohnzimmer beherbergt eine sehr umfangreiche Vinyl-Sammlung und für den Abend hatte er die Vinyl-Schaukästen an der Wand mit den Covern von Thalia Zedeks Platten bestückt.
Gegen 20:30 traf die Band in Essen ein und während sich die übrigen Musiker in der Küche stärkten, baute Thalia im Wohnzimmer einen kleinen Verstärker auf und begann um neun ihr Soloset vor zehn Gästen. Dem intimen Rahmen angemessen erzählte sie viel mehr zu den einzelnen Songs als auf den normalen Shows und hatte auch die Setlist etwas umgestellt und mehr Stücke von ihren Soloalben ins Programm aufgenommen.


Nach den zwei Shows in kompletter Besetzung in Dortmund und Köln war es sehr schön, die Stücke alternativ im nackteren Gewand zu hören. Vor allem bei Afloat war der Unterschied in der Stimmung des Liedes frappierend. Solo wirkten Thalias Interpretationen viel persönlicher und ihr Gesang klang deutlich emotionaler, als ob sie sich im Bandgefüge etwas zurücknehmen würde. Dafür wurde im Gegensatz die Rolle von David Michael Currys Geige, die ja gerade im King Georg oft wie eine zweite elektrische Gitarre klang, durch die heutige Abwesenheit, umso bewusster. Und auch wenn Thalia erzählte, dass ihr Booking Agent sie am liebsten solo in Europa touren sehen würde, gefielen mir die Band-Auftritte noch besser als diese nichtsdestotrotz wunderschöne Soloshow.
Nach etwas über einer Stunde und einer Zugabe, also in etwa die Länge der übrigen Konzerte der Tour, war die Europa-Tournee dann endgültig vorüber und Thalia konnte sich auch endlich auf den Weg zum Büffet in die Küche machen.


Setlist:
Next Exit
Fell So Hard
Walk Away
Winning Hand
No Substitutions
Bone
In This World
Brother
Afloat
Julie Said
1926
-----------------
Flathand

Small Beast w/ Ken Stringfellow & Mick Harvey

Small Beast

w/ Ken Stringfellow / Mick Harvey / Paul Wallfisch

28.03.14 Schauspielhaus, Dortmund

Wenn zwei tolle Konzerte in einer Stadt am gleichen Abend stattfinden, ärgert man sich normalerweise, denn man hat nur die Qual der Wahl. Freitags in Dortmund ist das zum Glück anders, denn als Dÿse um 22:30 im FZW aufhörten, begann das monatliche Small Beast im Institut des Schauspielhauses gerade erst. Also schnell die knapp zehn Minuten zu Fuß zurückgelegt und an der Theke noch ein Bier geholt und dann mal direkt neben Paul Wallfisch am Klavier reingeplatzt.

Paul Wallfisch
 Zwar hatte Paul zu Beginn wohl angekündigt, sich diesmal kurz zu fassen, aber wie üblich schaffte er es nicht, so dass ich noch drei Songs von ihm mitbekam. Danach kam dann, für mich überraschend, Ken Stringfellow an die Reihe. Ich hatte ihn als Hauptact am Schluss erwartet.
Der Posies-Sänger und langjährige Tour-Gitarrist von R.E.M. wechselte zwischen Klavier und Gitarre, ignorierte fast ständig die Mikrofone, sondern sang direkt dem Publikum ins Gesicht, zunächst Solo-Stücke, insbesondere von seinem aktuellen Album Danzig In The Moonlight. Während mir das Album nicht besonders gut gefällt, da es einfach zu überproduziert ist, klangen die Songs solo toll, wobei es auch ein Duett zu Doesn't It Remind You Of Something gab mit Nicole Bianchet, einer Künstlerin, deren neues Album Stringfellow gerade produziert. Mit seinem Auftritt bewies Ken, dass er ein mindestens genauso intensiver Interpret ist wie Platzhirsch Paul Wallfisch.


Nach einer guten halben Stunde war Stringfellows Set vorüber und die obligatorische Pause stand an. Das sollte es gewesen sein? Nach der Pause jedenfalls kam Mick Harvey an die Reihe. Der Weggefährte von Nick Cave, mit dem er The Boys Next Door/The Birthday Party und die Bad Seeds gründete, gehört seit dieser Spielzeit quasi zum Dortmunder Ensemble, ist er doch Teil von The Ministry Of Wolves, der Band zur Inszenierung von Republik der Wölfe.

Mick Harvey

Neben eigenen Songs spielte er natürlich daher auch, verstärkt von Paul Wallfisch am Piano, Stücke daraus. Nebenbei offenbarte er eine gewisse Kurzsichtigkeit, denn immer wieder setzte er eine Brille auf, um seine Setlist lesen zu können. Einmal ließ er sogar einen Zettel mit Stichworten eines Songtextes von einem Gast während des Stücks hochhalten, um den Text nicht zu versemmeln. Nach ein Uhr war sein Auftritt dann beendet, doch anstelle der sonst üblichen Schlussworte kündigte Paul Wallfisch eine weitere Pause gefolgt von einem zweiten Auftritt von Ken Stringfellow an, quasi die Kür nach der Pflicht.

Ken Stringfellow

Diese Kür brachte dann endlich auch Material von den Posies, einen Solo-Song von Nicole Bianchet und lange Improvisationen mit Mick Harvey und Paul Wallfisch, wobei vor allem Harvey herrlich knurrig dreinschaute, wenn man ihm nicht die Akkorde richtig ansagte.
Es war fast drei Uhr morgens, als eines der besten Small Beasts dann doch noch zu Ende ging. Dieser lange Abend war ein Musterbeispiel dafür, was diese Veranstaltungsreihe so besonders macht.


Montag, 7. April 2014

Dÿse

Dÿse / Suralin

28.03.14 FZW, Dortmund

Aller guten Dinge sind drei und einen Doppelpack kann man auch nicht alle Tage machen. Der letzte Freitag im Monat gehört fast traditionell de Small Beast im Dortmunder Schauspielhaus und diesmal gab es mit Mick Harvey und Ken Stringfellow ein besonders tolles Programm. Von daher war ich kurz entsetzt, das am gleichen Abend Dÿse ebenfalls in der Stadt waren und im FZW spielten. Beide Läden liegen aber zum Glück keine zehn Minuten zu Fuß voneinander entfernt, das Small Beast begann erst um 22:30 Uhr und Dÿse hingegen sollten bereits um neun auf der Bühne stehen.

Dÿse

Pünktlich um acht begannen Suralin vor vielleicht einem Dutzend Anwesender und überzeugten mich leider erneut nicht. Genauso pünktlich um neun dann Dÿse, Schlagzeuger Jari dabei mit frisch getapetem Nackem vom Chiropraktiker-Besuch nachmittags. Er spielte auch zurückhaltender, was aber an diesem Abend Dortmund auch nicht anders verdient hatte, denn der Club des FZW war nicht gerade voll und das Publikum recht lahmarschig. Auf die Schwarz-Weiß-Wechselrufe vor Zebramann verzichtete die Band direkt in weiser Vorahnung und auch der Öko-Sprit-Gag, am Vorabend in Köln noch ein Brüller, zündete überhaupt nicht, Dennoch spielten die zwei souverän ihr Set, nur Sie ist Maschin wurde ausgelassen und vielleicht lag es gerade an der eingeschränkten Bewegungsfreiheit von Jari, dass gerade der Schleicher Sag Hans zu mir mir heute besonders gut gefiel.


Um halb elf jedenfalls war Schluss, also schnell rüber ins Schauspielhaus zum zweiten Teil des Konzertabends...

Dÿse

Dÿse / Suralin

27.03.14 Gebäude 9, Köln

Zurück aus Hamburg, was kann man da mit der Restwoche besseres machen als gleich weiter nach Köln zu fahren, um sich noch einmal Dÿse anzuschauen.
Diesmal haben sie eine Vorgruppe dabei, Suralin aus Chemnitz, deren Soundcheck von draußen gar nicht schlecht klingt. Derweil macht sich Dÿse-Gitarrist Andrei auf den Weg, Socken zu kaufen, denn die werden scheinbar dringend benötigt. Da möchte man nicht in den Tourbus reinschnuppern.
Als dann Suralin später den Abend eröffneten, können sie leider den guten Eindruck vom Soundcheck nicht bestätigen, denn zu den dort gehörten instrumentalen Passagen kam nun ein wenig überzeugender Gesang, der das Ganze dann doch zum durchschnittlichen Indierock machte.

Dÿse

Als Dÿse dann wieder mit Waldbart begannen, war das Gebäude 9 recht gut gefüllt. Das Publikum konnte zwar an Enthusiasmus nicht mit Hamburg mithalten, war aber dennoch sanges- und bewegungsfreudig genug, um gute Stimmung aufkommen zu lassen. Und so wurde eine Adhoc-Komposition von Schlagzeuger Jari direkt ein Hit, dem Kirmes-Rhythmus und dem schmissigen, aber dennoch nachdenklich stimmenden Refrain "Don't call me Banana Split or I call you Öko-Sprit" konnte sich keiner entziehen. Apropos Ziehen, mitten im Set griff Jari sich unvermittelt in den Nacken, hatte er dort ein unangenehmes Ziehen gespürt. Fortan trommelte er unter sichtbaren Schmerzen tapfer weiter, das Set wurde eiskalt durchgezogen, nur die zweite Zugabe wurde ausgelassen.
Es war erneut ein guter Dÿse-Auftritt, konnte Hamburg aber nicht toppen, da war das Hafenklang einfach der bessere Ort als das Gebäude 9.

Dÿse

Apropos Gebäude 9, viele Gespräche an dem Abend drehten sich um die Zukunft des Veranstaltungsortes, war doch just von der Stadt Köln der Plan für das so genannte Euroforum Nord abgesegnet worden, der keine Zukunft für den renommierten Club, sondern stattdessen Wohnbebauung. Es gibt zwar in dem Plan auch für Kreativwirtschaft ausgewiesene Flächen, aber mit dem sehr Musik freundlichen Zusatz "nicht störendes Gewerbe". Inzwischen hat sich natürlich mit Unterstützung diverser Künstler die Front zur Erhaltung des Gebäudes formiert und auf Facebook eine entsprechende Rettungs-Seite eingestellt.



Meine Meinung dazu ist durchaus gespalten. Ich bin einfach mal durch meine Konzertliste gegangen und musste feststellen, wie viele Läden, in denen ich tolle Auftritte gesehen habe, es nicht mehr gibt, bzw. nicht mehr an alter Stelle, sei es das Odeon in Münster (mein erstes Nomeansno-Konzert 1990), die Live Station in Dortmund (bestes Giant Sand-Konzert aller Zeiten 1993), die alte Fabrik in Coesfeld (Einstürzende Neubauten 1990, Nick Cave & The Bad Seeds 1991) bis hin zum alten FZW in Dortmund (Green Day 1994). Ich bin aber auch nicht der Szenetyp, der einen Stammladen zum Abhängen braucht, weshalb ich nie eine besondere Bindung zu Clubs aufgebaut habe. Natürlich gibt es Orte, die ich ganz besonders mag, das Gleis 22 oder das Druckluft und es täte mir sehr weh, wenn diese nicht mehr da wären, aber das Programm hängt nicht unwesentlich vom Booker ab und warum sollte nicht ein ähnlich gutes Programm an anderer Stelle einer Stadt angeboten werden können. Zumal das Gebäude 9 nicht unbedingt den besten Sound hat und es zudem unter der Woche fast immer in ein Wettrennen zum Deutzer Bahnhof mündet, um den letzten Regionalexpress ins Ruhrgebiet zu erwischen.
Nichtsdestotrotz ist die Initiative lobenswert, verdeutlicht die Planung doch, wie wenig (Sub)Kultur geschätzt wird, auch wenn hier die ersten Deutschland-Konzerte späterer Weltstars (z. B. Arcade Fire) stattfanden. Aber hoffentlich ist gerade das der Anlass zum Umdenken, nicht nur für das Gebäude 9, sondern auch für viele andere kleine Clubs im Lande, die regelmäßig um ihr Fortbestehen kämpfen müssen.