Montag, 29. Oktober 2012

Maximo Park

Maximo Park / Animal Kingdom

27.10.12 Live Music Hall, Köln

Eine ausverkaufte Live Music Hall an einem Samstag Abend, schlechtere Ausgangsbedingungen für ein gelungenes Konzert gibt es eigentlich kaum. Um überhaupt einen vernünftigen Platz zu bekommen und neben dem matschigen Sound auch noch einen Blick auf die Bühne werfen zu können, muss man sehr früh da sein, um sich anschließend nach dem frühen Ende unwirsch aus der Halle drängen zu lassen, damit der Disco-Betrieb beginnen kann.
Bereits um kurz nach sieben kamen wir daher in Ehrenfeld an und sahen uns in unseren Vorbehalten gegen die Live Music Hall bestätigt. Die Garderobe wurde aus der Halle nach draußen ausgelagert, so dass man noch ein paar mehr Leute in die Halle packen kann, die sich dann bei den inzwischen winterlicher werdenden Temperaturen nach dem Konzert in der Schlange zu ihren Jacken den Tod holen können. Vielleicht sollte man den Namen verkaufen und die Halle in Grippostad Music Hall umbenennen.

Animal Kingdom

Wenigstens bekamen wir noch ein gutes Plätzchen am linken Bühnenrand ganz vorne und erwarteten die Vorgruppe. Pünktlich um halb acht begannen Animal Kingdom. Vor vier Wochen waren die drei Briten bereits in Köln im Vorprogramm von Frightened Rabbit zu hören und diesmal bekamen wir sie auch zu sehen. Leider bestätigten sie unsere Vorurteile von damals eindrucksvoll und waren furchtbar langweilig. Das Unterhaltsamste waren noch die spielerischen Unzulänglichkeiten des Schlagzeugers, während ansonsten der Sound sehr dürftig war, obwohl z. B. die Gitarre noch reichlich Unterstützung vom Band bekam. Gott sei Dank war nach einer halben Stunde Schluss und der Rest des Publikums bedankte sich für den Auftritt sogar mit mehr Applaus als nötig und angemessen war.

Maximo Park

Um 20:40 dann begannen Maximo Park mit dem Opener ihres vierten und aktuellen Albums The National Health ihr Set. Ich hatte die Band bislang erst einmal live gesehen, 2006 im kleinen JZE in Essen. Und damals wie heute bot der Fünfer eine glänzende Bühnenshow, die vor allem vom hyperaktiven Keyboarder Lukas Wooller und natürlich Rampensau Paul Smith lebte. Während Gitarre, Schlagzeug und Bass recht unspektakulär ihre Arbeit verrichteten, fegte Wooller wie ein Derwisch um, auf und auch mit seinem Tasteninstrument rum, wie man es sonst nur von Faith No Mores Roddy Bottum kennt. Übertroffen wurde er nur von Sänger Paul Smith, der ständig über die Bühne raste, dabei wild poste und auch immer wieder die Monitor-Boxen als Podest benutzte. Bei aller Aktivität wurde er nie kurzatmig, traf dennoch jeden Ton, so weit man es bei dem Klang beurteilen konnte. Der war nämlich nicht optimal, wenn auch nicht so schlimm wie befürchtet. Manchmal klang die Gitarre etwas zu verzerrt und auch mit dem Gesang hatte der Mischer wohl so seine Probleme, denn bei ruhigeren Passagen war die Stimme kaum zu hören, während sie ansonsten manchmal zu kräftig war und es dann aus den Boxen brummte. Vor allem The Undercurrents, meiner Meinung nach nicht nur das schönste Lied auf der neuen Platte, sondern sogar eines ihrer besten überhaupt, litt darunter.

Maximo Park

Aber das war zu verschmerzen, denn die Band brannte ein energiegeladenes Feuerwerk an Hits ab. Sechs der ersten neun Songs waren von The National Health und bewiesen eindrucksvoll, dass das neue Album ohne Zweifel ihr bestes seit dem Erstling A Certain Trigger ist. Als würde die Band das auch so sehen, spielten sie folgerichtig auch nach den neuen Songs die meisten vom Debüt-Album, während z. B. nur ein Stück von Our Earthly Pleasures zu hören war.
Zwanzig Songs in gut 70 Minuten mit Apply Some Pressure als Schlusspunkt machten das Konzert unglaublich kurzweilig und sorgten für so gute Laune, dass natürlich die ganze Halle eine Zugabe forderte.
Hier verzückte zunächst das wunderschöne Acrobat, bevor als Finale mit Our Velocity noch einmal richtig Gas gegeben wurde.
Selbst die Live Music Hall konnte also nicht verhindern, dass Maximo Park ein richtig gutes Konzert spielten und wir es auch richtig genießen konnten.


Setlist:
When I Was Wild
The National Health
Girls Who Play Guitars
Until The Earth Would Open
Hips And Lips
Graffiti
Waves Of Fear
The Coast Is Always Changing
Banlieue
Questing, Not Coasting
By The Monument
The Undercurrents
Going Missing
Wolf Among Men
Kiss You Better
This Is What Becomes Of The Broken Hearted
Limassol
Books From Boxes
Write This Down
Apply Some Pressure
--------------------------------------------------
Acrobat
I Want You To Stay
Our Velocity

Sonntag, 28. Oktober 2012

Small Beast w/ Little Annie & Baby Dee

Small Beast

w/ Little Annie & Baby Dee / Jordan Hunt / Paul Wallfisch

26.10.12 Schauspielhaus, Dortmund

Das kleine Biest ist wieder los. Ich hatte ja schon anlässlich des Dear Reader-Auftritts im März diese kleine Reihe im Dortmunder Schauspielhaus wärmstens empfohlen. Nun stand nach der Sommerpause erstmals wieder ein Konzert an und Paul Wallfisch hatte Little Annie & Baby Dee eingeladen, die fast auf den Tag genau vor zwei Jahren auch bei der Premiere in Dortmund dabei waren.
Doch zunächst gab es eine örtliche Neuorientierung, denn wegen der großen Nachfrage wurde die Veranstaltung aus dem winzigen Institut ins Studio verlegt und war auch hier bereits im Vorfeld ausverkauft. Vor allem für die Musiker bedeutete dies deutlich mehr Platz als in der sehr beengten Theaterkneipe, aber wenigstens standen die tropischen Temperaturen unter dem Dach des Schauspielhauses denen im Institut in nichts nach. Paul Wallfisch machte wie üblich den Conferencier und spielte zur Einleitung am Klavier.
Neben einem Stück für eine aktuelle Inszenierung namens Einige Nachrichten an das All erzählte er ausführlich über ein gerade gelesenes Buch über die amerikanische Bürgerrechtlerin Angela Davis und ließ sich davon inspirieren. So spielte er das Davis gewidmete Sweet Black Angel von den Rolling Stones und Bob Dylans George Jackson.

Paul Wallfisch & Brian Viglione
Außerdem kam er irgendwie auf den Sänger und Schauspieler Dean Reed zu sprechen, der in der DDR lebte und ein Star in der Sowjetunion war. Auf Wallfischs Frage ans Publikum, wer denn Dean Reed kenne, gab es nur ein, zwei positive Handzeichen. Bei der Kurzfassung von Reeds Biografie fiel ihm dann ein, dass das Dortmunder Ensemble-Mitglied Andreas Beck der ideale Mann sei, um Reeds Hit Our Sommer Romance zu singen. doch da dieser gerade nicht anwesend war, musste das Publikum aushelfen. Just als das Lied beendet war, kam Beck doch noch angeschlurft. Paul erzählte ihm, dass er gerade von Dean Reed erzähle, worauf Beck sofort in die Runde fragte, ob denn jemand Dean Reed kenne, was ihm ein kollektives Aufstöhnen á la "Nicht schon wieder!" einbrachte.
Zum Abschluss der Einleitung kam dann der gerade aus New York eingeflogene Brian Viglione ans Schlagzeug für den Botanica-Song Shira & Safia.

Jordan Hunt

Als nächstes kam dann Jordan Hunt an die Reihe. Der klassisch ausgebildeter Musiker gehört zur Band von Little Annie & Baby Dee und durfte seine eigenen Werke vorstellen. Und das war absolut beeindruckend. Er  begann mit hoher Stimme eine Tonfolge, die er dann am Klavier musikalisch untermalte und dabei elektronische Hilfsmittel einsetzte. Später wechselte er öfter noch von seiner tieferen Gesangs- in die Kopfstimme und zauberte so wunderschöne, melancholische Kleinode aus dem Hut, die an Perfume Genius oder auch an The Irrepressibles erinnerten. In letzterer Band spielt er auch Geige und steuert Backing Vocals bei. Eigene Veröffentlichungen gibt es zwar noch keine, aber eine EP ist in Arbeit.
Gegen Mitternacht war dann das Vorprogramm beendet und nach einer kurzen Pause begann dann die Hauptattraktion. Zunächst kam Baby Dee im rosa Kleidchen auf die Bühne, erinnerte dabei an eine von Ralf Königs Trümmertunten oder auch an Andreas Kunze als Doc Snyders Mutter. Jordan Hunt kam dann auch noch hinzu, diesmal an der Geige. Der eigentlich sonst sehr schrille und laute Baby Dee verblüffte hier mit zwei wunderschönen, traurigen Songs, die durch die sehr spröde, geradezu knarzig klingende Geige von Jordan Hunt noch trostloser klangen. Fast schon entschuldigend merkte Baby Dee danach an, dass er extra so schrill sei, um die Leute nicht komplett in Depressionen zu stürzen.

Little Annie & Baby Dee

Danach kamen noch die restlichen Begleitmusiker an Schlagzeug und Bass auf die Bühne und last but not least Little Annie im schwarzen Kostüm und mit schwarzem Stock. Es war aber keine Altersschwäche, auch wenn Gesicht und auch Stimme durchaus von einem ereignisreichen Leben ahnen ließen. Sie tänzelte immer wieder über die Bühne, dass man sich an Cab Calloway erinnert fühlte. Die Lieder im Cabaret-Stil, den die Dresden Dolls wieder salonfähig gemacht haben, waren mitreißend (leider so sehr, dass ausgerechnet hinter uns jemand immer haarscharf am Takt vorbei mitstampfte und -schnippte, dass man ausrasten mochte) und auch Brian Viglione (bekanntlich eine Hälfte der Dresden Dolls, bevor er sich Botanica anschloss) am Rand begeistert mitging. Little Annies Stimme wirkte nur bei ruhigeren Passagen brüchig, ansonsten hätte sie das Studio auch ohne Mikrofon unterhalten können. Und das, obwohl sie ständig eine Zigarette griffbereit hatte. Man hatte ihr das Privileg eingeräumt, auf der Bühne rauchen zu dürfen und extra einen Aschenbecher auf einem kleinen Tischchen hingestellt. Das nutzte dann auch ein heftig angetrunkener Gast aus dem Publikum aus, der ebenfalls rauchte und dann plötzlich nach vorne ging und rücksichtsvoll die Zigarette im Ascher entsorgte, dabei allerdings Promille abhängig äußerst elegant stolperte und nur um Haaresbreite nicht in andere Besucher fiel, sondern letztlich unversehrt wieder in seinen Sessel plumpste.
Da die Band am nächsten Morgen früh nach Hamburg weiterreisen musste, wurde es nicht die sonst durchaus übliche Veranstaltung bis in die Puppen, sondern "nur" ein recht kurzes Set. Nach knapp einer Stunde verließ das Quintett die Bühne, kam aber noch einmal für eine lautstark geforderte Zugabe zurück.


Wünsche blieben bei dieser wunderbaren Revue eigentlich keine offen, auch wenn ich mich persönlich über Because You're Gone gefreut hätte, einer Kollaboration von Paul Wallfisch und Little Annie, die auf ihrem Album Genderful und auch auf Botanicas Who You Are zu finden ist und letztes Jahr auch von David J (dem ehemaligen Bassisten von Bauhaus) auf seinem Album Not Long For This World.gecovert wurde. Und passenderweise wird David J auch beim nächsten Small Beast Ende November zu Gast sein, wieder im Studio des Dortmunder Schauspielhauses und natürlich wieder mit mir im Publikum.

Samstag, 20. Oktober 2012

Therapy?

Therapy? / Ritalin Ray

18.10.12 Turock, Essen

Nach elf Jahren ließen Therapy? sich mal wieder in Essen blicken und spielten im Turock im Rahmen ihres zweiten Teils der Tour zum im März erschienenen Albums A Brief Crack Of Light.
Um acht eröffnete das Dortmunder Quartett Ritalin Ray den Abend vor einer noch sehr überschaubaren Zahl von Zuschauern. Die Band hat nach eigenen Angaben erst um die zwanzig Auftritte gehabt, was man ihnen aber nicht anhört. Sehr fett rockten die vier in den Fußstapfen der Queens Of The Stone Age und ernteten dafür verdientermaßen viel Applaus. Von daher empfehle ich einen Besuch auf der Homepage der Band, um ihr Album gratis herunterzuladen.

Ritalin Ray

Es ist inzwischen üblich, dass die meisten Bands anlässlich eines neuen Albums zweimal auf Tour gehen. Auch bei Therapy? ist es so. Dabei hat es sich eingebürgert, dass sie auf der ersten Tour kurz nach Erscheinen der Platte die neuen Songs in den Mittelpunkt rücken und bei der zweiten Runde dann nur noch eine Handvoll im Set belassen und wieder auf die bekannten Hits setzen.

Therapy?

Dies schien auch diesmal der Plan zu sein. Im März in Köln wurde das neue Album komplett gespielt, dafür aber auf Songs von Troublegum ganz verzichtet. Doch um neun wurde das inzwischen ansehnlich gefüllte Turock direkt mit Knives zum Kochen gebracht. In der Folge wechselten sich alte Klassiker wie Meat Abstract mit neuen Songs wie Ghost Trio ab. Dabei gab es Klischee-Ansagen wie "Make some noise" oder "Essen, are you ready?", doch wer glaubte, hier spulte eine alternde Rockband ein routiniertes Set leidenschaftslos runter, brauchte nur einen Blick in die Gesichter des Trios zu werfen. Andy Cairns sprühte vor Spielfreude, wirbelte über die Bühne und hatte offensichtlich einen Höllenspaß an der Show. Und auch der inzwischen vom reinen Roadie zum heimlichen zweiten Gitarristen mutierte Hot Steve ging am Bühnenrand ab wie Schmidts Katze.


Eine nette Spielerei gab es auch. Bei Get Your Dead Hand Off My Shoulder schnallte sich Schlagzeuger Neil Cooper eine Kamera um den Kopf, um so das Konzert aus seiner Sicht zu filmen. Die Aufnahmen sollen in einem zukünftigen Video zu diesem Song verwendet werden.
Die Band hielt durch den konstanten Wechsel von alten und neuen Songs den Spannungsbogen hoch und legte zum ende hin sogar noch zu, als mit Screamager, Nowhere und Potato Junkie gleich drei absolute Kracher am Stück gespielt wurden. Danach konnte doch eigentlich nichts mehr kommen, doch Therapy? überraschten das Publikum mit dem seit Jahren nicht mehr live gespielten Bad Mother.


Nach über 90 Minuten setzte Diane den Schlusspunkt, wieder einmal in einer Version näher am Original von Hüsker Dü.
Therapy? scheint es nichts auszumachen, nur noch kleinere Clubs zu füllen, denn mit ihrer Energie und Spielfreude könnten sie locker immer noch Massen bespaßen. Und sie scheinen inzwischen auch wieder zufriedener mit ihren eigenen Alben zu sein, denn vor einigen Jahren wären bei der zweiten Tour zu einer aktuellen Platte nur noch zwei, drei Songs davon im Set geblieben, während es diesmal sieben von zehn waren, die auch qualitativ überzeugten.
Mein 49. Konzert von Therapy? war daher definitiv ein Kandidat für meine Top Ten an Auftritten dieser Band, die mich auch nach über 21 Jahren immer noch packt.

Setlist Therapy?

Setlist:
Knives
Turn
Meat Abstract
Ghost Trio
Why Turbulence?
Die Laughing
Innocent X
The Buzzing
Plague Bell
Exiles
Get Your Dead Hand Off My Shoulder
Unbeliever
Before You, With You, After You
Church Of Noise
Screamager
Nowhere
Potato Junkie
Living In The Shadow Of The Terrible Thing
Rust
Bad Mother
Trigger Inside
Stories
Diane

Dienstag, 16. Oktober 2012

We Are Augustines

We Are Augustines / Go Back To The Zoo

14.10.12 Luxor, Köln

Fast genau acht Monate nach ihrem Auftritt im Vorprogramm der Maccabees kehrten We Are Augustines zurück nach Köln und füllten das Luxor fast komplett.

Go Back To The Zoo

Doch zunächst standen Go Back To The Zoo aus Amsterdam auf der Bühne. Trotz zweier Alben in den niederländischen Top Ten war mir die Band vollkommen unbekannt. Die gut gespielte Mischung aus The Strokes, Kings Of Leon und Two Door Cinema Club kam beim Publikum zwar gut an, überzeugte mich allerdings nicht mangels Eigenständigkeit.
Bereits im Juni 2011 war das Album Rise Ye Sunken Ships von We Are Augustines veröffentlicht worden, auch wenn es hierzulande erst zu den Auftritten mit The Maccabees erschien und seitdem tourte die Band ständig damit durch die Weltgeschichte. So war doch zu befürchten, dass die Band inzwischen Ermüdungserscheinungen aufweisen würde.

We Are Augustines

Doch davon war um kurz nach neun, als sie mit Philadelphia (The City Of Brotherly Love) begannen, nichts zu spüren. Als Quartett mit einem zweiten Gitarristen und gelegentlich sogar zu fünft mit Posaunen-Einsatz rockten sie gleich ab und auch das Publikum sang sofort mit. Hier hatte sich eine Band unermüdlich ihr Publikum erspielt und genoss dies offensichtlich. Vor allem Sänger Billy McCarthy strahlte eine Freude aus, die einfach ansteckend wirkte. Bei bislang nur einem veröffentlichten Album (die Vorgänger-Band Pela blieb songtechnisch praktisch außen vor) stellte sich die Setlist von alleine zusammen. Mit dem Live-Klassiker Rise Ye Sunken Ships gab es nur ein unveröffentlichtes Stück, dafür mit Ballad Of A Patient Man einen Ausblick auf das zweite Album, auch wenn der Song bereits auf einer iTunes Session erhältlich ist.


Geradezu Gänsehaut-Atmosphäre kam bei den ruhigeren Stücken auf wie bei East Los Angeles, als Billy nur von einem Keyboard, gespielt von Bassist Eric Sanderson, begleitet wurde. Das war Emo im besten Sinne, denn Gefühle wurden haufenweise produziert und auch die großen Gesten kamen absolut überzeugend rüber. In einer längeren Ansprache erzählte Billy dann auch, wie sehr ihn die Liebe zur Musik antreibt und dass er jedem Künstler nur raten könne, seinen Traum zu verwirklichen, auch wenn man davon nicht reich werden könne, aber "Rock'n'roll saves lives", was bei Billys familiärer Vergangenheit (sein Bruder beging Selbstmord, was ihn damals selber fertig machte) auch glaubwürdig klang.
Nach gut einer Stunde verabschiedete sich die Band mit Book Of James, kehrte aber natürlich umjubelt zu einer Zugabe zurück. Und wieder war es ein ruhiger Moment, Philadelphia zum zweiten Mal an diesem Abend, allerdings als akustische Variante namens Slow Philly, der ein Highlight brachte.


Der Chapel Song als ihr bekanntestes Stück sollte dann eigentlich der Rausschmeißer sein, der zweite Gitarrist schmiss auch schon einen Teil des Drumkits um und legte sich dabei selber hin. Doch die Band blieb danach auf der Bühne, holte Zuschauer aus den ersten Reihen zu sich hoch und Billy meinte auch, er wolle einfach noch nicht gehen. So gab es also noch New Drink For The Old Drunk in einer ellenlangen Version und wie auch schon mehrmals im Set erklomm Billy die Monitore und schaute ins Publikum, als wolle er sich vergewissern, dass die Leute wirklich alle da seien, um ihn und seine Band zu sehen.
Im Februar hatte ich geschrieben, dass ich der Band zutraue, einen ähnlichen Weg zu gehen wie z. B. The Gaslight Anthem und dieser überragende Auftritt acht Monate später bestätigte mich in dieser Einschätzung. Jetzt ist es an We Are Agustines, mit einem guten zweiten Album den nächsten Schritt in diese Richtung zu machen.

Setlist We Are Augustines

Setlist:
Philadelphia (The City Of Brotherly Love)
Ballad Of A Patient Man
Strange Days
Juarez
Augustine
East Los Angeles
Rise Ye Sunken Ships
Patton State Hospital
Barrel Of Leaves
Headlong Into The Abyss
Book Of James
----------------------------------------------
Slow Philly
Chapel Song
New Drink For The Old Drunk

Sonntag, 7. Oktober 2012

...And You Will Know Us By The Trail Of Dead

...And You Will Know Us By The Trail Of Dead / Maybeshewill

05.10.12 Grammatikoff, Duisburg

Am 19. Oktober erscheint Lost Songs, das neue Album von Trail Of Dead. Nachdem sie im Sommer die Platte in Hannover aufgenommen haben, entschieden sie sich also wieder für eine Metropole als Schauplatz ihres Tourauftakts.

Maybeshewill
Doch zunächst betraten fünf Herren als Leicester unter dem Namen Maybeshewill die Bühne und boten instrumentalen Rock dar. Mogwai und Explosions In The Sky seien als Referenzen genannt, das Ganze aber straighter und dank der Kürze des Sets als Vorgruppe knackig kompakt. Ich mag ihr letztjähriges Album I Was Here For A Moment, Then I Was Gone, auch wenn es doch etwas konventionell geraten ist und dadurch durchaus Längen hat. Aber bei dem kurzen Set kam keine Langeweile auch und dem Rest des Publikums ging es offensichtlich genauso, denn es gab reichlich Applaus für das Quintett.


Danach dann die obligatorische Umbaupause, Instrumente werden gestimmt, die Setlisten verteilt, ein Edding rausgeholt und die Setlist noch korrigiert. Catatonic vom neuen Album wurde kurzfristig aus dem Programm genommen, übrig blieben elf Songs.

Setlist ...And You Will Know Us By The Trail Of Dead

Um 21:45 betrat das texanische Quartett dann die Bühne. Conrad Keely wirkte mächtig zugekifft, zeigte ein breites Grinsen, das er fast den ganzen Auftritt über nicht ablegte. Bei Will You Smile Again? und Worlds Apart lief es allerdings noch nicht rund, man merkte deutlich, dass dies erst das erste Konzert der Tour war. Auch der Sound, bei Maybeshewill noch ausgezeichnet, ließ etwas zu wünschen übrig, als dass der Gesang etwas zu leise war. Die Instrumente kamen laut und differenziert rüber, Conrads Stimme kam dagegen aber phasenweise nicht an. Doch das ist Jammern auf höchstem Niveau, denn so einen guten Klang wie im Grammatikoff sucht man sonst bei Konzerten in Clubs dieser Größe meistens vergeblich.
Weiter ging es mit zwei neuen Stücken vom kommenden Album, die auch sofort  gefielen, wirkten sie doch  roh und rockig und hätten auch gut auf Madonna gepasst.Womit wir bereits bei den Highlights angekommen wären. Zu Mistakes & Regrets wechselte Jason Reece ans Schlagzeug und versprühte noch mehr Energie als Jamie Miller, der dafür in die Saiten griff.


Geradezu tragikomischen Unterhaltungswert besaß außerdem der ohnehin etwas nervöse und tolpatschige Roadie. Der kam nämlich durch das Wechseln der Instrumente ins Schwitzen und wirkte teilweise so verwirrt, das er mal vergaß, Conrad die benötigte neue Gitarre zu bringen, mal Instrumente wechseln wollte, während die Band dies nicht wollte.Überhaupt war es nicht sein Abend. Als Jasons Pedale zu Beginn von Bells Of Creation mal nicht wollten, fummelte er eine Minute hektisch, aber wirkungslos daran rum, bis schließlich Drummer Jamie nach vorne kam und das Problem in zehn Sekunden behoben hatte. Und Bassist Autry musste ihn geradezu anfauchen, bis er endlich die Scherben eines zerbrochenen Bierglases vor ihm wegräumte, wobei er auch noch wieder die Hälfte fallen ließ. Doch diese Aufräumarbeiten waren nötig, denn Autry zog das ganze Poser-Repertoire ab und wälzte sich kurz nach der Reinigungsaktion genau da auf der Bühne, wo kurz zuvor noch die Scherben lagen. Das Ganze gipfelte dann geradezu in einer öffentlichen Abmahnung, als Conrad zum Roadie sagte "I think we need to talk about some issues." Doch dabei wirkte er sehr entspannt und auch für das Publikum hatte das eher Slapstick-Charakter und der tollen Performance tat es auch keinen Abbruch, denn inzwischen hatte sich die Band eingespielt und auch offensichtlich Spaß an dem Konzert gefunden.

...And You Will Know Us By The Trail Of Dead

Vor allem das fast viertelstündige Epos Strange News From Another Planet überzeugte Zuschauer und auch die Band war so in Fahrt, dass der eigentlich laut Setlist geplante Abgang ausfiel und einfach weiter gespielt wurde.Und auch nach der laut Plan eigentlich letzten Zugabe A Perfect Teenhood war noch kein Ende in Sicht und die Band haute u. a. noch Richter Scale Madness und Weight Of The Sun raus. Kurz danach war dann doch erst einmal Schluss, aber natürlich gab es noch die frenetisch geforderte Zugabe.Nach der verließ die Band endgültig die Bühne, nur Conrad hatte noch Bock und schrammelte alleine an der Gitarre noch ein paar Minuten weiter, bis nach fast 110 Minuten der letzte Ton verklungen war.
Es war ein mehr als gelungener Tour-Auftakt, denn gerade die kleinen Unperfektheiten, gepaart mit der entspannten Stimmung der Band und ihrer merklichen Freude, wieder auf Konzertreise zu sein, machte den Abend so großartig. Sie brauchen keine zwei Schlagzeuge und sechs Musiker mehr auf der Bühne, vom albernen Zertrümmern des Equipments ganz zu schweigen, um dennoch 110% Energie und auch immer noch ein gesundes Quäntchen Aggressivität an den Tag zu legen und so alles in Grund und Boden zu rocken.


Dienstag, 2. Oktober 2012

Frightened Rabbit

Frightened Rabbit / Animal Kingdom

30.09.12 Gebäude 9, Köln

Nach dem Abstecher nach Edinburgh mit dem Konzert von I Build Collapsible Mountains in Düsseldorf ging es zum Abschluss der schottischen Wochen zurück nach Glasgow mit dem Konzert von Frightened Rabbit im Kölner Gebäude 9.
Die Vorgruppe Animal Kingdom hörten wir uns nur aus dem Vorraum an getreu dem Titel ihres aktuellen Albums The Looking Away, denn das glatte, perfekt auf große Bühnen getrimmte Zweitwerk der britischen Band langweilt doch sehr und zudem spielen sie auch noch Ende des Monats wieder in Köln, dann als Support für Maximo Park in der Live Music Hall. Der spärliche Applaus, der aus der Halle nach draußen drang, bestätigte uns darin, dieser Band nicht zu viel Aufmerksamkeit zu schenken.

Frightened Rabbit

Kurz nach zehn kamen dann die fünf Musiker von Frightened Rabbit auf die Bühne und begannen mit The Modern Leper. Nach zwei Liedern mit drei elektrischen Gitarren wurden dann bei Old Old Fashioned die akustischen Klampfen ausgepackt und es kam schunkelige Partystimmung auf. Das Angenehme bei Frightened Rabbit ist aber, dass diese im besten Sinne volkstümlichen Elemente nie peinlich wirken, dafür legte vor allem Sänger Scott Hutchison zu viel Herzblut an den Tag.


Anlass für die kurze Tour war übrigens die Veröffentlichung der neuen Single State Hospital als Vorgeschmack auf das nächstes Jahr erscheinende neue Album, das erste bei einem Major Label. Zwei Songs der EP wurden auch live gespielt und vor allem das Titelstück ist für mich persönlich ein Meilenstein, eines der atmosphärisch dichtesten Lieder, das sie bislang veröffentlicht haben und zugleich auch eine Weiterentwicklung, betten sie hier doch ähnlich wie The Twilight Sad auf ihrer letzten CD, gekonnt Wave-Elemente aus den 80ern ein, ohne dafür ihren typischen Sound zu opfern. Live kamen sie zwar nicht an die Wucht der Studioversion heran, erzeugten aber dennoch Gänsehaut.
Nach einer guten Stunde verabschiedeten sie sich dann mit zwei großartigen Versionen von My Backwards Walk und vor allem Square 9, bei dem die Band nach und nach die Bühne verließ und einen entfesselten Drummer zurückließ, der als letzter verausgabt abtrat.
Zur Zugabe erschien zunächst nur Scott, um solo Poke und Scottish Winds von der ersten Single für Atlantic aus dem letzten Jahr zu spielen. auch Good Arms Vs Bad Arms begann er noch allein, wurde dann aber mitten im Lied wieder von seinen Mitstreitern unterstützt.


The Loneliness And The Scream schien dann das grandiose Ende des Konzerts zu sein, doch die Band setzte, lautstark vom begeisterten Publikum gefordert, noch eine drauf und kehrte ein zweites Mal zurück, um nach gut 90 Minuten mit einer nahezu epischen Version von Keep Yourself Warm ein tolles Konzert zu beenden.
Bereits vor gut zweieinhalb Jahren im Luxor hatten mich Frightened Rabbit positiv überrascht, aber der Auftritt im sehr gut gefüllten Gebäude 9 übertraf die damalige Show noch einmal und es könnte eventuell die letzte Gelegenheit gewesen sein, die Schotten in so einem kleinen Club zu sehen, denn das Zeug, größere Hallen zu füllen, haben sie auf jeden Fall.

Setlist Frightened Rabbit

Setlist:
The Modern Leper
Nothing Like You
Old Old Fashioned
The Twist
State Hospital
Fast Blood
Music Now
Head Rolls Off
Swim Until You Can't See Land
Boxing Night
My Backwards Walk
Square 9
----------------------------------
Poke
Scottish Wonds
Good Arms Vs Bad Arms
Living In Colour
The Loneliness And The Scream
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Keep Yourself Warm