Montag, 27. Mai 2013

Small Beast w/ And The Wiremen

Small Beast

w/ And The Wiremen / Valerie Kuehne And The PPL / Sebastian Gramss / Paul Wallfisch

24.05.13 Schauspielhaus, Dortmund

Nicht nur die Fußballsaison 2012/13 endet, auch die aktuelle Spielzeit am Dortmunder Theater. Zum Finale hatte Paul Wallfisch mal wieder ins gemütliche Institut geladen und mit And The Wiremen, Valerie Kuehne And The PPL und Sebastian Gramss ein volles Programm aufgeboten,
Zum Anpfiff nahm Wallfisch wie gewohnt am Klavier Platz und begann verhaltend, da seine Stimme angeschlagen war. Gegenüber den letzten Spielen hatte er seine Aufstellung verändert und wich von der Stammformation der letzten Small Beasts ab, indem er bislang wenig zum Einsatz gekommenen Stücken eine Chance gab. Mit The Things We Do To Grow (besser bekannt unter dem Spitznamen Coincidence) war nur ein erfahrener Spieler in der Startelf. Stattdessen durfte anlässlich seines Geburtstags ein Akteur aus der Mannschaft von Bob Dylan auflaufen. In der zweiten Halbzeit wechselte er dann die drei Gastspieler von And The Wiremen für seine Version von Lou Reeds Coney Island Baby ein, ein absoluter Glücksgriff, denn die Nordkurve feierte den Angriffswirbel mit Schlachtgesängen.


Danach wurde das Spiel zu einer virtuosen One Man Show. Sebastian Gramss zeigte, was man alles mit einem Kontrabass machen kann. Der Kölner war quasi auf Durchreise, musste am nächsten Morgen weiter nach Zürich und kam direkt aus Hamburg, wo er den Abend zuvor den Jazz-Echo 2013 verliehen bekommen hatte. Als erstes kündigte er ein Stück an, zu dem er in Irland inspiriert worden sei. Diesen Einfluss hörte ich in keinster Weise raus und überhaupt wirkte es so, wie man sich als ungeübter Hörer Jazz vorstellte. doch scheinbar war das nur eine Fingerübung zum Aufwärmen, denn danach ging es richtig ab und ich bekam den Mund vor lauter Staunen nicht mehr zu.

Sebastian Gramss

Gramss' Bass war eine Augenweide, denn er war nicht lackiert, sondern abgeschliffen, wirkte daher zwar leicht schäbig, aber man konnte dennoch die Qualität des Instruments erkennen. Und das Ganze war kein optischer Gag, sondern diente der Klangerzeugung, denn Gramss bearbeitet das Instrument teilweise mit zwei Bögen und strich damit nicht nur über die Saiten, sondern über den ganzen Klangkörper und entlockte ihm so die merkwürdigsten Töne. Melodien konnte man keine raushören, das war schließlich Jazz, aber immer wieder gab es rhythmische Muster, die sich zerstreuten, um dann wieder aufgenommen zu werden, unterbrochen von Soundcollagen, in denen das Instrument mal wie eine elektrische Gitarre, mal wie ein Bienenschwarm klang und das alles ohne irgendwelchen elektronischen Hilfsmittel. Wie spektakulär das Ganze war, konnte man an den Reaktionen der anderen anwesenden Künstler erkennen.

Sebastian Gramss, im Hintergrund Paul Wallfisch und
Lynn Wright, Simon Goff (And The Wiremen)

Die neben uns unter den Zuschauern sitzende Valerie Kuehne, selber Cellistin und übrigens Kuratorin des New Yorker Small Beast, starrte fassungslos auf das Geschehen und Simon Goff, der Geiger bei And The Wiremen schaute zunächst mal interessiert um die Ecke, stutzte, schaute genauer hin und verfolgte dann ebenso wie sein Band-Kollege Lynn Wright und auch Paul Wallfisch den Auftritt. Nur ein Passant fand das ganze wohl nicht so toll, ließ er doch die Hose vor dem Fenster herunter und ließ seinen Mond ins Institut leuchten, was allerdings fast unbemerkt blieb, da die meisten Augen gebannt auf Sebastian Gramss gerichtet waren.
Danach war dann Pause und frisch gestärkt ging es um Mitternacht in die zweite Halbzeit. Das Geschehen verlagerte sich nun  vom zentralen Mittelfeld vor der Theke des Instituts in die Westkurve. Zunächst waren die Fans irritiert, denn obwohl Wallfisch das Spiel wieder angepfiffen hatte, schien nichts zu passieren. Ein Mann saß erhöht neben einem Haufen elektronischen Equipments und drückte hier und da mal eine Taste, doch man hörte nichts. Vor ihm saß eine junge Frau und kaute an etwas, das wie ein Teil eines Tier-Skeletts aussah. Es wurde ruhiger, gespannte Erwartung füllte den Raum und ganz leise konnte man Töne hören, die offensichtlich von der Frau mit diesem Knochen erzeugt wurden.

Valerie Kuehne And The PPL

Zu den Tönen kam dann eine weitere Frau in den Raum und durchschritt ihn mit einem blinkenden Teller, auf dem ein Doughnut lag. Am Ende erklomm sie die Theke, stellte den Doughnut ab und begann mit einem Monolog über Psychoanalyse. Spätestens hier war klar, dass dies kein normales Konzert, sondern eine Performance war. Ihre Mitstreiterin unterbrach kurz die Klangerzeugung aus Werkzeugen und Alltagsgegenständen und packte stattdessen Scheibletten aus ihren Folien und klebte sie den Zuschauern auf die Hand oder warf sie einmal quer durch den Raum. Es folgten abstruse Geschichten über ein Gravitron, ein amerikanisches Kirmes-Fahrgeschäft und darüber, wie es Menschen in eine andere Welt zieht, um sie am Ende als Untote in Pittsburgh wieder erscheinen zu lassen. Sofort kam mir der Gedanke, dass Pittsburgh das US-Pendant zu Gelsenkirchen sein müsse. Das ganze war so over the top, dass man es als Parodie auf ernst gemeintes Avantgarde-Theater auffassen musste.
Danach gesellte sich Valerie Kuehne zu ihren beiden Ensemble-Kollegen und griff zum Cello, das sie wild bearbeitete und weiterhin Geschichten dazu ins Mikro brüllte, während dazu u. a. eine Kokosnuss zerlegt wurde. Auch die Umwelt trug zu dem Klangspektakel bei, denn auf dem Dortmunder Wall wurden wohl wieder Rennen gefahren und ein besonders lautes Motorenheulen fügte sich nahtlos in den Sound ein.

Valerie Kuehne And The PPL

Dabei headbangte sie wie die Herren von Apocalyptica, so dass ihr sogar die Brille von der Nase flog und ein Bügel sich löste. Die Skurrilität des Projekts wurde auch am Ende noch einmal deutlich, als sie auf ihre CDs hinwies, die man im Foyer erwerben konnte und von deren Erlösen sie versuchen würde, ihre tote Katze zu reanimieren. Während für manch Anwesenden das Ganze zu abgedreht war, gefiel mir diese bizarre und höchst unterhaltsame Performance ausgezeichnet.
Gastgeber Paul Wallfisch unterbrach noch einmal das Spiel für eine kleine Erfrischungspause, inzwischen herrschten fast tropische Temperaturen im Institut und hätte ich die Käsescheibe in meiner Hand nicht gegessen, wäre sie wohl zwischen meinen Fingern zerschmolzen.

And The Wiremen

And The Wiremen sind eine kleine All Star Truppe aus New York. Sänger/Gitarrist Lynn Wright spielt auch bei Bee And Flower, die letztes Jahr bereits beim Small Beast in Dortmund zu Gast waren, Trompeter Paul Watson blies bei Sparklehorse und am Bass ist normalerweise Tony Maimone von Pere Ubu. An diesen Abend war er allerdings nicht dabei, stattdessen wurden Wright und Watson von Simon Goff an der Geige unterstützt, sonst auch bei Bee And Flower.
Die Band spielte auf höchstem Niveau, nämlich auf der Theke stehend. Musikalisch erinnerte das an Calexico oder Giant Sand, der durchaus auf Platte (übrigens gratis bei Bandcamp erhältlich) vorhandene Jazzfaktor wurde diesmal fast komplett ausgeblendet.


Bei einem Song revanchierte sich Paul Wallfisch für die musikalische Unterstützung von And The Wiremen bei seinem Set und begleitet sie am Klavier. Nach einer Dreiviertelstunde, inzwischen war halb zwei bereits durch, kletterten die drei Herren von der Theke. Die Begegnung war entschieden, eine Verlängerung war aber nötig, um den Sieger zu ermitteln. Doch auch die Zugabe brachte keine Entscheidung und so ging es mit einem Unentschieden zwischen allen Beteiligten in die Sommerpause.


Dieses Small Beast zum Saisonabschluss war eines Champions League Finales würdig und wenn auch nicht so große Namen auf dem Platz standen wie auf dem Rasen von Wembley, war es mindestens so großer Sport, der im Institut geboten wurde.
Am 18. Oktober beginnt übrigens die neue Saison und wie immer werden die Höhepunkte auf diesem Sender zusammengefasst werden.

Peter Murphy

Peter Murphy / The Arch

22.05.13 Christuskirche, Bochum

Gibt es Gründe, sich ein Konzert von Peter Murphy anzuschauen, wenn man eigentlich kein besonders großer Fan seiner Musik ist? Der Hauptgrund war sicherlich das Motto der Mr. Moonlight Tour, nämlich Celebrating 35 Years of Bauhaus und sein Schaffen mit der Band hat deutlich mehr Eindruck hinterlassen als seine Solo-Werke. Zudem fand das Konzert in der Bochumer Christuskirche statt, die ich als Austragungsort der Urban Urtyp-Reihe kannte und die eine deutlich bessere Akustik versprach als die Matrix, die den Auftritt veranstaltete.
Trotz des großen Andrangs fanden wir noch gute Plätze recht weit vorne im Kirchenschiff, wenn auch seitlich zur Bühne. Entgegen des für 20 Uhr angesetzten Beginns begann die belgische Vorgruppe The Arch ihr Set bereits 20 Minuten früher.

The Arch

40 Minuten später verließen sie wieder die Bühne und es hätte die ganze Zeit irgendein Zillo-Mixtape laufen können, ich hätte den Unterschied wohl nicht bemerkt. Was allerdings negativer auffiel war der unglaublich schlechte, matschige Sound, scheinbar ein Markenzeichen der Matrix, das sie auch auf Konzerten außer Haus mitzubringen pflegen.
Nachdem der Umbau beendet war, wurde noch ein kleiner Teaser auf Peter Murphys neues Soloalbum Lion eingespielt, das Anfang nächsten Jahres erscheinen soll und immerhin von Killing Jokes Jaz Coleman produziert wird. Danach kam dann Herr Murphy zum ersten Auftritt der Europa Tour mit seinen drei Musikern auf die Bühne und eröffnete mit King Volcano das Set.

Peter Murphy

Dabei sang Murphy mit Distanz zum Mikro, so dass sein Gesang kaum zu hören war. Doch auch beim folgenden Kingdom's Coming blieb es fast so, obwohl er nun das Mikro am Mund hatte. Die Befürchtungen wurden also wahr, der schlechte Sound bei The Arch lag nicht an der Vorgruppe sondern an der Anlage. Während der Bass noch klar und tief zu hören war, wurde aus der elektrischen Gitarre leider ein heller Soundbrei, der alles überdeckte. Gerade bei Double Dare fiel dies unangenehm auf, so dass Murphy gegen die Gitarre anschreien musste, anstatt von ihr schräg umspielt zu werden.


Zum Glück kam öfter auch eine akustische Gitarre zum Einsatz, so dass Peter Murphys immer noch beeindruckende Stimme hier dann auch die nötige Präsenz bekam. Überhaupt demonstrierte der fast 56jährige, wie Bühnenpräsenz zu definieren hat. Seine Posen waren unpeinlich, seine Mimik auf den Punkt, alles immer den Song unterstützend. Wenn er wie ein eingesperrtes Tier im Kreis über die Bühne schritt, majestätisch und dennoch bedrohlich zugleich, war er das genaue Gegenteil zum Sänger von The Arch, der mit seinen wogenden Tanzbewegungen direkt anzeigte, dass jemand seine musikalischen Vorbilder nur kopiert, ohne an Ausstrahlung und Intensität an das Original auch nur annähernd heran zu reichen.

Peter Murphy

Natürlich durften bei einem Bauhaus-Set die großen Hits wie Bela Lugosi's Dead oder She's In Parties nicht fehlen, aber Murphy spielte auch Songs aus seinem Solowerk und diese Lieder überzeugten fast noch mehr. Zudem schien sich Murphy über den Auftrittsort informiert zu haben. So wusste er, dass der evangelische Hausherr mit einer Muslimin verheiratet ist, wie Murphy, der seit über 20 Jahren in Istanbul lebt, übrigens auch.
Doch zurück zur Musik. Wenn die Setlist schon nicht nur aus Bauhaus-Stücken bestand, dann konnten Coverversionen sicher auch nicht verboten sein, besonders wenn diese bereits zum Standard-Live-Repertoire von Bauhaus gehörten. Und so endete die Zugabe gleich mit zwei fremden Songs. Zunächst wurde Telegram Sam von T. Rex einer Glam-Kur unterzogen, so dass es teilweise an Suffragette City von David Bowie erinnerte. Und als krönenden Abschluss dann Ziggy Stardust vom Meister selbst, das dann auch den letzten von den Bänken riss und mit einstimmen ließ.


Auch zuvor hatten viele bereits das Konzert im Stehen verfolgt, was sicherlich bei einer Rockshow verständlich ist, aber wenn jemand ohne Not steht und damit die Reihen hinter ihm auch praktisch zum Stehen zwingt, obwohl er auch sitzend freie Sicht hätte und zudem selber aber fast unbeteiligt und stocksteif dann 100 Minuten verweilt, möchte man schon aus der Haut fahren. Das war fast so deplatziert wie die "Hail Satan"-Rufe vor der Zugabe von einem scheinbar Verwirrten, der Peter Murphys Musik offensichtlich nicht verstanden hat.
Doch konnte das die Qualität von Murphys Performance ebenso wenig schmälern wie der schlechte Sound, der scheinbar bewies, dass die Christuskirche für laute Musik nicht geeignet ist., auch wenn es in der Matrix vermutlich noch schlimmer geklungen hätte.

Peter Murphy

Mittwoch, 22. Mai 2013

31. Pfingst Open Air Werden

31. Pfingst Open Air Werden

w/ And So I Watch You From Afar / The Computers

Wie, ein Open Air Festival und nur zwei Bands gesehen, was ist das denn für eine Rosinenpicker-Mentalität? Letztes Jahr hatte es immerhin noch zu drei Bands gereicht, doch dieses Jahr interessierten mich am Line Up so richtig nur And So I Watch You From Afar, die mich nach ihrem tollen Auftritt im FZW vor anderthalb Jahren als Fan gewonnen hatten und die ich leider letzten Monat auf ihrer Headliner-Tour zum neuen Album verpasst hatte. Da The Computers direkt davor spielten, wurden diese dankbar mitgenommen.

Festival-Idylle im Löwental

Laut Zeitplan sollten die Computer gegen halb fünf hochgefahren werden und da der Pfingstmontag sich morgens noch eher als regnerischer Karfreitag präsentierte, wurde die Ankunft auf dem Festivalgelände auf diesen Zeitpunkt ausgelegt. Auch das Wetter mochte meinen Plan anscheinend, kam doch sogar die Sonne raus und es blieb trocken.
Musikalisch wurde der Fußweg vom S-Bahnhof auf die Festivalwiese untermalt von Jonas Davids gefälligem Indiepop, spärlich instrumentiert und dadurch sehr angenehm. Aber der akustische Eindruck war zu kurz für ein abschließendes Urteil.

Jonas David

Danach wollte ich dann in die erste Reihe, was bislang auch in den Vorjahren nachmittags nie ein Problem war, doch ich hatte die Rechnung ohne den Topact Prinz Pi und seine Fans gemacht, denn die Plätze an der Bühnenabsperrung waren schon von Mädchenrudeln belegt, die dort sechs Stunden ausharren wollten, um dem Sido für AbiturientInnen ganz nah zu sein. Zum Glück waren sie klein genug, um auch aus der zweiten Reihe freie Sicht auf die Bühne zu haben. Und die Aussicht sollte sich lohnen, denn The Computers aus Exeter waren eine Augenweide.

The Computers

Die fünf Briten kamen in weinroten Anzügen auf die Bühne, die aus der Nähe deutliche Schweißspuren aufwiesen und auch gleich zeigten, woher diese stammten. Ähnlich wie ihre Kleidungskollegen The Hives brannten sie ein Rock'n'Roll-Feuerwerk ab mit einer Rampensau von einem Sänger, der mehr Kilometer machte als ein 31 Jahre alter VW Käfer. Musikalisch haben sie sich mit ihrem neuen Album Love Triangles, Hate Squres deutlich in Richtung klassischem Rock'n'Roll weiterentwickelt, zumal der Sänger weniger keift als noch auf dem Debüt This Is The Computers.
Doch die Musik bildete nur den Soundtrack für die exaltierte Bühnenshow. Sänger Alex wuselte vom linken zum rechten Bühnenrand, kletterte auf das Klavier auf der Bühne und auch das Gestänge an der Bühnenseite hoch. Dabei wuchsen die Menge vor der Bühne und auch der Moshpit kontinuierlich an. Bei Music Is Dead begab er sich dann sogar auf die Wiese, nachdem er zuvor die Menge in bester Moses-Manier geteilt hatte, um sie dann wie bei einer Wall Of Death aufeinander losstürmen zu lassen. Bei all dem konnte einem der Roadie der Band fast leid tun, denn er musste ständig hinter seinem Boss herhecheln, Mikroständer halten, aufsammeln und wieder zusammenbauen und das Gitarrenkabel  einsammeln, um dem angeleinten Leitwolf maximale Bewegungsfreiheit zu bieten.

The Computers

Eine überzeugende Bühnenshow im wahrsten Sinne des Wortes und ich ärgerte mich im nachhinein, sie nicht bereits im April im heimischen FZW gesehen zu haben.
Nach einem kurzen Abstecher ins im Gegensatz zum Vorjahr neuen und sehr praktischen Pissoir-Gehege ging es dann wieder vor die Bühne zu den Pi-Prinzessinnen und And So I Watch You From Afar.

And So I Watch You From Afar

Das Quartett aus Belfast hat auf ihrem aktuellen Album All Hail Bright Futures einen deutlichen Schritt weg vom metallischen PostROCK hin in verspieltere Gefilde gemacht. Die Schwere ist dabei zu Gunsten einer rhythmischen Leichtigkeit etwas in den Hintergrund getreten, die der Band aber gut steht, zumal live immer noch deutlich mehr Wert auf die Gitarren als auf die elektronischen Sprengel gelegt wird und zudem das kurze Festival-Set Stücke von allen drei Alben enthielt.


So legten sie einen Auftritt hin, bei dem die Songs teilweise nahtlos ineinander über gingen und ein nicht mit ihrem Schaffen Vetrauter kaum sagen konnte, von welchem Album das gespielte Lied gerade war. Damit konnten sie zwar das "neutrale" Publikum nicht so begeistern wie zuvor The Computers, doch der Applaus prasselte dennoch reichlicher als am Vormittag der Regen.
Nur die Technik hatte wohl schlechte Laune, machte doch einem Gitarristen sein Equipment schwer zu schaffen, so dass er hektisch diverse Kabel umstöpselte, um sie letztlich komplett auszutauschen. Andererseits war das die perfekte Einleitung zu Set Guitars To Kill.


Natürlich ist ein Club-Auftritt mit die Musik entsprechend untermalenden Lichteffekten deutlich besser, aber auch so war es ein beeindruckender Auftritt, denn dafür war die Musik einfach zu stark.
Danach kamen dann Vierkanttretlager aus Husum, der Heimat von Turbostaat. Doch im Gegensatz zu deren Musik fehlen bei den Lageristen gerade die Ecken und Kanten. Musikalisch kann man das als etwas härtere Hamburger Schule mit einer Prise Virginia Jetzt! beschreiben, was ja sogar durchaus erträglich klingt, wenn da nicht die furchtbaren Texte wären, die sich nach Literaturkurs Sekundarstufe II oder auch vertontem Tagebucheinträgen eines Möchtegern-Intellektuellen anhören.

Vierkanttretlager

Sorry, aber bei Zeilen wie "Da hinten hinterm Park / beginnt mein Lieblingsteil der Stadt / wo die Einsamkeit die schönsten Farben trägt./ Da sehen wir uns im Neonlicht / an den verschlossenen Türen satt:" (aus Hoooligans) dreht sich mir der Magen um und da riss auch der live etwas härtere Gitarrensound nichts mehr raus. Ich setzte die Segel und steuerte den rettenden Hafen des Bahnhofs an.
Zwei gute Bands gesehen, nicht nass geworden, damit war es natürlich dennoch eine zufrieden stellende Ausbeute für ein Open Air, dessen Besuch zudem Pflicht sein sollte, damit das Festival auch in Zukunft stattfinden kann.

Freitag, 17. Mai 2013

Astronautalis

Astronautalis / Conquering Animal Sound

15.05.13 Druckluft, Oberhausen

Ich war auf einem Hip Hop Konzert und es hat gerockt. Bislang konnte ich dieses nur in Zusammenhang mit den Beastie Boys behaupten, doch seit Mittwoch wurde mein Horizont erweitert.

Die Spielwiese von Conquering Animal Sound

Jahrelang war Astronautalis irgendwie an mir vorbei gegangen, auch wenn Bekannte immer wieder von dem weißen Amerikaner Andy Bothwell geschwärmt haben. Sein aktuelles Album This Is Our Science ist nun schon zwei Jahre alt und zum ersten Mal ist er mit Band damit in Europa unterwegs (sonst war er alleine mit seinem Laptop auf Tour). Ein kurzer Click durch diverse YouTube-Videos und ich wusste, dass der Auftritt im Druckluft nicht ohne mich stattfinden würde, zumal mit Conquering Animal Sound auch noch ein interessantes schottisches Elektronik-Duo mit auf der Bühne stand.

Conquering Animal Sound
Conquering Animal Sound kommen aus Glasgow und bestehen aus James Scott und Anneke Kampmann (welch typisch schottischer Name). Ihr gerade erschienenes zweites Album On Floating Bodies erschien bei Chemikal Underground, was schon Kaufempfehlung genug sein sollte.
Die Bühne bestand aus einem Keyboard-Regal und einem Tisch voller Spielzeug, Laptops und auch nicht-elektronischem Gerät. Hier tobte sich hauptsächlich James, auch optisch ein typischer Schotte, aus, während Anneke hauptsächlich für den Gesang zuständig war. Ihre Stimme erinnert auf Platte manchmal sehr an Björk und auch Lena Meyer-Landrut, doch live relativierte sich dieser Eindruck zum Glück. Vor allem Annekes Bühnenpräsenz ist beeindruckend. Nur selten wirkte sie so introvertiert wie ihre Musik und hatte die Augen geschlossen, meistens suchte sie den direkten Blickkontakt mit dem Publikum.


Nach vierzig Minuten war der gelungene Auftritt vorbei und man konnte am Merch-Stand sehen, dass das Duo an diesem Abend neue Freunde gewonnen hatte.
Anschließend wurde das Spielzeug abgeräumt, der Tisch blieb aber auf der Bühne, denn darauf platzierte Andy Bothwell aka Astronautalis sein Equipment, ein Tablet, das für die elektronischen Sounds verantwortlich war, während Schlagzeug und Gitarre live gespielt wurden.

Astronautalis

Da live die Gitarre natürlich viel prominenter als auf den Alben von Astronaulis war, entwickelte sich von Anfang an ein Indierock-Konzert mit einem mehr rappenden als singendem Frontmann. Und die ca. 100 Besucher im gut gefüllten Druckluft groovten sofort mit. Bothwell versprühte eine so positive, mitreißende Energie, die einfach ansteckte und als Rapper ist er ein erfahrener Wortakrobat, der einfach weiß, wie man mit kleinen Geschichten das Publikum unterhält.


So erzählte er Anekdoten von seinem letzten Aufenthalt in Oberhausen, wie er sich ein Tattoo stechen ließ und nahm auch die Geschichte von Conquering Animal Sound auf, die zwischen Soundcheck und Auftritt ins Hotel eincheckten und auf dem Weg dahin von der Polizei angehalten wurden, um seine Erfahrungen mit der deutschen Obrigkeit zum Besten zu geben. Überhaupt fand er sehr lobende Worte für Conquering Animal Sound, die den zweiten von nur drei Auftritten im Vorprogramm von Astronautalis spielten. Tags zuvor in Gleis 22 hatte er sie nur durch die geschlossene Tür zum Backstage-Raum gehört und heute hatte er ihr Set neben der Bühne verfolgt und war nach eigener Aussage total beeindruckt.


Diese freundlichen Worte passten zu seinem ganzen Bühnenverhalten. Hier kombinierte er die Energie eines Rock-Sängers mit den Gesten eines Hip Hoppers, alles immer mit einem erfreuten Lächeln im Gesicht, wenn das Publikum mitsang oder sonst irgendwie positiv reagierte und das tat es ständig.
Musikalisch gab es alle Hits aus den beiden Alben Pomegrante und This Is Our Science, aber auch einen neuen Song mit dem vorläufigen Arbeitstitel Force Fire. Ein Höhepunkt war aber das bei Astronautalis live zum festen Repertoire gehörende Freestyle-Segment, bei dem Bothwell sich wahllose Begriffe aus dem Publikum zurufen ließ, um darüber zu rappen. Oberhausen zeigte sich hierbei kreativ und schlug ihm u. a. Heisenberg, "cod liver oil" und Detlef Schrempf vor, die er auch alle mühelos unterbrachte.
Nach gut siebzig Minuten war zunächst Schluss, doch natürlich gab es eine Zugabe und hier drehten Astronautalis noch einmal so richtig auf und brachten vor allem mit Trouble Hunters auch die Anwesenden zum Mitgröhlen oder wie Andy sagte: "If you know the words, sing along; if you don't, just yell".


Kurz vor Mitternacht war dann eines der bisherigen Konzerte des Jahres vorüber und ich wusste, warum meine Bekannte so von ihm schwärmte.

Montag, 13. Mai 2013

Chvrches

Introducing 

w/ Chvrches / Claire

11.05.13 Gebäude 9, Köln

Das Intro hatte eine gute Idee und schickt daher seit einiger Zeit mehrere Newcomer unter dem Label Introducing auf Club-Tour. Um das Publikum zu diesen meist recht unbekannten nationalen und internationalen Acts zu locken, kostet der Spaß keinen eintritt, sondern nur eine E-Mail, um sich für die Gästeliste anzumelden.
Für die Introducing-Reihe im Mai gelang ihnen dabei der Coup, eine der zur Zeit meist gehypten Bands überhaupt als Headliner zu verpflichten, Chvrches aus Glasgow. Ihre erste Deutschland-Tour (von einem Einzel-Gig in Berlin letzten Monat mal abgesehen) bestreiten sie dabei mit Mighty Oaks, Young Galaxy und Claire.

Claire

Wie groß die Nachfrage sein würde, konnte man daran erkennen, dass die Registrierungsliste bereits im Vorfeld wegen Überfüllung geschlossen wurde. Da um 19 Uhr Einlass sein sollte, machten wir uns auch rechtzeitig auf den Weg, um schon gegen halb sieben am Gebäude 9 zu sein, denn nur der frühe Vogel würde den Wurm fangen. Der wie üblich chronisch überfüllte Regionalexpress von Dortmund nach Köln kam allerdings mit über 20 Minuten Verspätung in Deutz an und auch wenn der Einlass auf halb acht verschoben worden war, nahmen wir uns ein Taxi anstatt des üblichen 25minütigen Spaziergangs am Messegelände entlang. Als wir in die einfahrt zum Gebäude 9 bogen, beglückwünschten wir uns zu der Entscheidung, denn es hatte sich bereits eine stattliche Schlange gebildet.Dementsprechend öffneten die Tore doch bereits früher als geplant, so dass wir nach erfolgreichem Eintritt gemütlich und entspannt das weitere Treiben von den im Hof aufgestellten Bänken verfolgen konnten.

Chvrches

Die Menschenschlange nahm kein Ende und wir wunderten uns, wie viele Leute in das Gebäude 9 reingelassen wurden. Erst als um halb neun Mighty Oaks anfingen zu spielen, war der Spuk vorbei und scheinbar war niemand nach Hause geschickt worden, obwohl ich hätte schwören können, dass deutlich mehr Menschen sich angestellt hatten, als in die kleine Werkshalle reinpassen. Da laut Zeitplan Chvrches erst kurz vor halb zwölf spielen sollten, wurden die ersten zwei Bands Opfer der Nahrungs- und Getränkesuche im umliegenden Viertel. Wer wissen möchte, was wir verpasst haben, dem sei hier der Bericht des Manns ohne Zuhause, Christoph vom Konzerttagebuch, empfohlen. Es war übrigens beruhigend zu lesen, dass meine Eindrücke vorab insbesondere von Young Galaxy sich scheinbar bestätigt haben, so dass ich auch im Nachhinein nicht besonders traurig bin, die Prioritäten des frühen Abends nicht auf die Musik gesetzt zu haben.
Gegen viertel nach zehn begaben wir uns dann doch in die Halle, um wegen der zu erwartenden Fülle noch einen guten Platz möglichst weit vorne zu ergattern. so konnten wir dann noch das komplette Set des Münchner Quintetts Claire sehen.Der Fünfer stand musikalisch mit seinem Synthie-Pop sicherlich Chvrches am nächsten, wies aber dennoch deutliche Unterschiede auf. Die Stimme der Sängerin ist kräftiger und wirkte unterkühlter und die Musik zudem einfacher und Rhythmus betonter. Der Beat wurde durch einen richtigen Schlagzeuger vorgegeben und variierte nicht besonders, sondern blieb permanent im Midtempo-Bereich. So mussten Spielereien drumherum für Abwechslung sorgen wie z. B. der Einsatz von zusätzlichem Schlagwerk oder kleine Gitarrensprengsel. Dabei zeigten sich bereits erste Schwächen im Sound, denn trotz wilden Einhämmerns auf einem elektronischen Drumpad war davon nichts zu hören, was dafür dann allerdings optisch bizarr wirkte. Da der Soundmann von Claire ein erfahrener Hase war, ich kannte ihn schon von der zweiten Tour der Münchner Band Instrument mit The Unwinding Hours im Oktober 2010, schien das dann ein Hausproblem zu sein.
Nichtsdestotrotz kamen Claire bei der inzwischen vollen Halle gut an und waren sichtlich gerührt, vor allem Sängerin Josie-Claire Bürkle (damit dürfte auch klar sein, woher der Name der Band kommt) bedankte sich überschwänglich. Klang dabei ihre Stimme recht piepsig, so war ihr Gesang dagegen sehr angenehm (im Gegensatz zum Gitarristen, der am seinem Instrument deutlich besser aufgehoben war), nur das Rappen sollte sie vielleicht lassen, denn das Grandmaster Flash-Zitat aus The Message war nicht wirklich gelungen.

Chvrches

Über Chvrches selber habe ich bereits letztes Jahr anlässlich ihres zweiten Live-Auftritts überhaupt im Glasgower Stereo einiges geschrieben. Seitdem hat die Band zwei Singles veröffentlicht (The Mother We Share und Recover, dessen Rest-Exemplare auf Vinyl am Merchstand ruckzuck ausverkauft waren) und hat eifrig Konzerte gespielt, u.a. in England im Vorprogramm von Passion Pit und Two Door Cinema Club, sowie eine eigene UK- und eine erste US-Tour rund um die SXSW-Messe. Auch nach der Introducing-Reihe geht es direkt weiter mit weiteren Reisen nach Amerika und Australien, sowie einigen Konzerten im Vorprogramm von Depeche Mode und einigen europäischen Festivals, ehe im September endlich das lang erwartete Debüt-Album erscheinen wird, mit dem man dann natürlich auf Europa-Tournee gehen wird, was auch sonst.
Iain Cook sagte auch nach dem Konzert, dass er gar nicht mehr wisse, wann er mal längere Zeit am Stück zu Hause war, aber dass dies im Vergleich zu den Aereogramme-Touren doch sehr angenehm sei, weil durch den Erfolg alles bequemer sei. So werde die Band für die US-Tour einen eigenen Tourbus haben und nicht in einem schäbigen Miet-Van reisen müssen.
Zum Intro von 1999 von Prince kam die Band um halb zwölf auf die Bühne und legte nahtlos mit Lies los, dem vor genau einem Jahr veröffentlichten ersten Track, der den ganzen Rummel auslöste und aus dem als Spielerei gedachten Nebenprojekt einen Fulltime Job machte. Als Sängerin Lauren den einjährigen Geburtstag erwähnte, brach das Gebäude 9 auch spontan in ein Geburtstagsständchen aus. Leider zeigte sich der Sound noch mehr als bei Claire nicht gerade in Feierlaune, denn vor allem die Bässe wummerten so laut, dass die Synthie-Melodien davon überlagert wurden und zu dünn klangen. Zudem war das Licht einfallslos und zu spartanisch und durch ständigen Nebeleinsatz blieb der optische Eindruck hinter einem diffusen Schleier verborgen. Außerdem hatte Lauren auf auf Bühnen-Makeup verzichtet und ließ so auch noch die Ästhetik der 80er vermissen, die die musikalischen Zitate an diese Zeit so schön verstärkt. Niedlich hingegen ihre immer noch schüchtern wirkenden Ansagen, z. B. ihr offensichtliches Bemühen, trotz schottischem Akzent verstanden zu werden. So entschuldigte sie sich zwischendurch mal für das Gerede untereinander und sagte dabei "patter", den schottischen Ausdruck dafür, ehe sie sich schnell korrigierte und "banter" sagte.
Keyboarder Martin Doherty hingegen wirkte bei seinen Gesangspassagen wie eine erfahrene Rampensau und erinnerte im Gegensatz zur Bühnenrand-Präsenz als Live-Musiker bei Aereogramme und The Twilight Sad an seine früheren Tage als Sänger bei der Glasgower Band Julia Thirteen, so wie ich ihn im Vorprogramm von Aereogramme im November 2004 kennengelernt hatte.

Chvrches

Ein noch größeres Ärgernis als der dürftige Sound war allerdings wieder einmal das Kölner Szene-Publikum. Neben vielen enthusiastischen Fans gab es leider auch eine Reihe an Menschen, für die das offensichtlich mehr eine lästige Pflichtveranstaltung war, als dass sie aus echtem musikalischen Interesse dort waren. Anders kann ich es mir jedenfalls nicht erklären, dass man in der Umbaupause demonstrativ Quartett spielt und einen Großteil des Auftritts mit dem Rücken zur Bühne in der ersten Reihe steht.
Dieser Menschenschlag war aber zum Glück in der Minderheit, der Rest feierte die Band ab, so dass die drei Schotten, nachdem sie mit The Mother We Share ihr Set beendet hatten, doch noch einmal für eine Zugabe zurück auf die Bühne kamen. Hier schloss sich dann der Kreis, denn Prince hatte ihren Auftritt eingeleitet und mit einem Cover von I Would Die 4 U, das sie als I Would Die For V auch bereits für eine BBC Session aufgenommen hatten, wurde er dann beendet.
Insgesamt wirkte der Auftritt für mich nicht so gut wie der letztes Jahr in Glasgow, was ich aber hauptsächlich auf die Begleitumstände zurückführe, denn musikalisch gibts an den Songs von Chvrches nichts zu meckern. Von daher hoffe ich, sie im Herbst auf ihrer eigenen Tour mit besserem Sound und Licht wiederzusehen.

Nomeansno

Nomeansno

09.05.13 Druckluft, Oberhausen

Nur drei Tage nach dem schönen Auftritt von Fang Island war ich schon wieder am Druckluft und erneut bevölkerten Horden den Biergarten, diesmal aber weniger Hipster, dafür meistens Alt-Punks, die mit Nomeansno in die Jahre gekommen waren. Zuvor bei den Konzerten in der Halle, war die Bühne meistens etwas vorgezogen, damit der Raum davor nicht zu groß und trostlos leer wirkte, doch dies war heute nicht nötig.

Nomeansno

Eine Vorgruppe gab es wegen Krankheit nicht und so ging es nach kurzer Aufwärmphase im Backstage-Bereich um zehn vor zehn los. Wie schon im Dezember im Gleis 22 wurde der Remix von The River als Intro verwendet, in den dann die ganze Band einstieg. Aus dem riesigen Back-Katalog wurden wieder handverlesene Perlen gespielt, dabei wirkte die Band frisch und gut gelaunt, womöglich weil es erst das zweite Konzert der Tour war.


Das mag auch der Grund gewesen sein, warum Bassist Rob Wright mal eben den Einsatz zu Graveyard Shift verpatzte. Das blieb aber der einzige Patzer eines gelungenen Auftritts, bei dem die akten Herren auch seit langem mal wieder die Ramones coverten mit I Don't Care. Zwischendurch gab es noch einen kleinen Einblick in die Pläne von Schlagzeuger John Wright. Er wird nach Ende der Tour noch etwas in Deutschland bleiben und seinem Hobby, der Bier-Brauerei, nachgehen. Die regelmäßigen Konzertreisen scheinen auch seine Geographie-Kenntnisse positiv erweitert zu haben, denn er korrigierte seinen Bruder Rob, dass er in Franken und nicht in Bayern sein werde.


Zum Ende des regulären Sets schnallte sich Rob dann ausnahmsweise mal eine Gitarre statt des Basses für Joyful Reunion von 0 + 2 = 1 um. Das sehr gut gefüllte Druckluft wollte mehr und bekam eine dem Durchschnittsalter angemessene Zugabe.Nach dem Klassiker Dark Ages wurden wieder die Ramones gecovert, wobei Gimme Gimme Shock Treatment nahtlos in The End Of All Things überging, dem würdigen ende eine sehr guten Konzerts, deutlich besser als der Auftritt in Münster Ende letzten Jahres.


Beim Verlassen der Bühne nach fast 100 Minuten Spielzeit gab Gitarrist Tom Holliston, dessen Hemd während des Sets seine Farbe von einem normalen Blau in ein verschwitztes schwarz-Blau gewechselt hatte, sein Plektron einem kleinen Jungen, der mit seinen Eltern da war, für den Nachwuchs der Fanschar ist also gesorgt.
Übrigens äußerte sich Tom in seinem Tourblog äußerst lobend über das Druckluft und seinen Sound und das vollkommen zu Recht, ist es doch in den letzten Jahren auch einer meiner liebsten Clubs geworden, sowohl was den Klang als auch das Programm und überhaupt das nette Drumherum betreffen.

Setlist Nomeansno

Setlist:
The River
In Her Eyes
Oh No! Bruno!
Every Day I Start To Ooze
Jubilation
Ghosts
Slave
I Don't Care
One In The Same
The Graveyard Shift
The World Wasn't Built In A Day
Obsessed
The Hawk Killed The Punk
He Learned How To Bleed
The Tower
Joyful Reunion
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Dark Ages
Gimme Gimme Shock Treatment
The End Of All Things

Rob Wright / Nomeansno

Donnerstag, 9. Mai 2013

Fang Island

Fang Island / No Spill Blood

06.05.13 Druckluft, Oberhausen

Horden von Hipstern bevölkern an einem Montag Abend bei herrlichem Wetter die Tische vor dem Druckluft. Doch zu früh gefreut, die sind wegen der Kurzfilmtage da, um die Ecke vor dem alten Café  saß niemand und drinnen war es auch noch so übersichtlich, dass selbst ein schlechter Schreiner die Besucher an einer Hand abzählen konnte. Dabei hatte ich schon mit etwas mehr Interesse für die New Yorker Band Fang Island gerechnet, schließlich erschien ihr aktuelles Album Major letztes Jahr auf dem Label Sargent House, immerhin die Heimat von And So I Watch You From Afar. Und rein zufällig klingt die Musik von Fang Island Island wie eine Mischung aus ASIWYFA und Parts & Labor, womit sich der Kreis schließt, denn die spielten ja auf ihrer Abschiedstour vor nur einer Handvoll Zuschauern im Druckluft-Café.

No Spill Blood
Doch zunächst kamen No Spill Blood aus Dublin, Bass, Schlagzeug und fieser Sythesizer-Sound, das Ganze zu einem Gemisch aus Atari Teenage Riot und The Jesus Lizard vermengt mit einer gehörigen Prise Hippie-Gewürzen. Und gerade diese Gewürze machten den Eintopf etwas laff, denn manche Lieder waren einfach zu lang, da durfte der Keyboarder noch ellenlang die Töne variieren, ohne allerdings da wirklich dem Song eine individuelle Note zu geben, denn dafür klangen sie zu einförmig, genau genommen gab es nur zwei Stücke, eins ohne und eins mit Gesang. Eine gut klingende Instrumentierung machte also leider noch keine gute Musik.

Fang Island

Ganz anders bei Fang Island, hier war Abwechslung Programm. Postrockige Songs mit der Betonung auf Rock (wie bei ASIWYFA) wechselten sich mit herrlich melodiösen Popsongs ab, und auch der wechselnde Gesang untermalte diesen Variantenreichtum. Das Keyboard klingt auf Major prominenter (daher die Assoziation zu Parts & Labor), live dominieren aber die Gitarren. Und auch der Bass, gespielt vom Schlagzeuger der Vorband, klang besser als bei No Spill Blood, weil er einfach weniger zur Melodieführung beitragen musste, sondern ein reines Rhythmus-Instrument war.


Vor allem das Doppelpack-Finale aus Asunder vom aktuellen Album und Daisy vom Vorgänger Fang Island gefiel den immerhin doch gut 20 Anwesenden.so gut, dass eine Zugabe gefordert und gewährt wurde.
Und hier überraschte die Band mit einem Thin Lizzy-Cover, dem raren Sitamoia.


Die eng am Original gehaltene Version hätte auch als Fang Island-Song durchgehen können, bezeugte damit eher die Zeitlosigkeit von Thin Lizzy als einen etwaigen Retro-Charme bei den New Yorkern. 
So endete nach gut 50 Minuten ein Konzert, das sicherlich mehr Zuschauer verdient gehabt hätte, während vorne im Biergarten immer noch die zahlenmäßig überlegene Kulturschickeria saß und nicht ahnte, was ihnen hinter ihrem Rücken entgangen war.

Montag, 6. Mai 2013

Iron Chic

Iron Chic / Ghost Mice / underparts

04.05.13 Café Lorenz, Münster

Kann man unvergessliche Abende wiederholen? Es war ein sonniger Mai-Abend vor zwei Jahren in Köln,, als Iron Chic das kleine Aetherblissement in einem Schweiß getränkte Sauna der guten Laune verwandelten. Zwei Jahre später haben sie eine neue Single namens Spooky Action veröffentlicht (wie alles von ihnen digital zum Preis deiner Wahl über ihre Bandcamp-Seite zu beziehen) und waren wieder auf Tour.
Sie spielten erneut im Aetherblissement, aber das Konzert war Wochen im voraus bereits ausverkauft und ich war zudem fußballtechnisch verhindert, so dass diesmal die Reise ins Café Lorenz nach Münster führte, übrigens ebenfalls im Vorfeld schon ausverkauft.
Die Sonne lud uns zum Verweilen auf den Holzbänken vor dem Jugendzentrum ein, so dass von den Vorgruppen underparts und Ghost Mice nur kurze Fragmente beim Bier holen vernommen wurden, die uns nicht so recht vor die Bühne locken wollten.

Iron Chic

Um kurz vor halb elf hatten sich dann alle vor der Bühne versammelt und ihre Stimmbänder gut geölt, um von Anfang bis zum Ende alles, aber auch wirklich alles voller Inbrunst mitzusingen. Mit dem Opener Every Town Has An Elm Street gings los und das Energieniveau wurde mühelos hoch gehalten, die einzige Verschnaufpause bot Climate Is What We Expect, Weather Is What We Get.



Immer wieder bildeten sich kleine Menschentrauben um Sänger Jason Lubrano, sobald er etwas zu nahe an Bühnenrand kam, einmal wurde er in den Strudel vor der Bühne hinab gezogen, konnte aber wieder auftauchen.
Auf der Bühne stand ein kleines Mädchen namens Lily mit großem Gehörschutz und schaute sichtbar interessiert dem Treiben zu, keine Ahnung, zu wem sie gehörte, es wurde aber nach dem Konzert noch schnell ein Erinnerungsfoto mit der ganzen Band gemacht.

Iron Chic

Mach gut 35 Minuten war Schluss, doch die Band ließ sich noch zu einer Zugabe überreden und spielte Cry-Baby, ein Lied von ihrem ersten Demo. Die Menge hätte zwar gerne noch mehr gehört, doch es war Schluss, da die Band schon mittags in Trier beim Ex-Fest einen Gig gespielt hatte und direkt danach nach Münster gefahren war, also auch zu Recht vollkommen platt war.


War es also ein ebenso unvergesslicher Abend wie in Köln? Nun, etwas zu meckern findet man immer. Ich hätte gerne Spooky Action At A Distance von der neuen EP gehört, für mich eines der besten Lieder, die sie je geschrieben haben. Aber das war ein Luxusproblem, das auch den anderen großartigen Songs, die auf der Setlist waren, nicht  gerecht würde. Und auch wenn das Café Lorenz nicht diese intime Enge des Aetherblissements hat, war es dennoch wieder ein großartiges Konzert. Dem dürften auch selbst die Handvoll Landeier, die geradezu penetrant eine zweite Zugabe forderten und sich über die ihrer Meinung zu kurze Spielzeit meckerten, zustimmen.


Iron Chic verströmen einfach eine so unglaublich positive Energie und das allein mit ihrer Musik. Die Bühnenpräsenz ist nichts Besonderes und vor allem Sänger Jason wirkt so introvertiert, dass er manchmal auf der Bühne fehl am Platze zu sein scheint. Vor dem Auftritt striff er mehrmals draußen herum , rauchte sich eine Zigarette und wirkte dabei verloren, als ob er nicht wüsste, wo er ist und was er hier macht. aber mit dem Mikrofon am Mund scheint er sein Ausdrucksmittel gefunden zu haben, wird zum Cutesy Monster Man:

I sold my soul
Now I age but don't get old
And to this day it's the best deal I ever made
All the things I could never say
Will come spraying out of my face
Through my broken teeth
The best and worst of me

Iron Chic und Lily

Daher war es wieder ein unvergesslicher Abend, denn diese Band schaffte es wieder einmal mühelos, mit ihrer Musik direkt ins Herz zu treffen, klingt kitschig, ist aber so.

Sonntag, 5. Mai 2013

Uncle M Fest

Uncle M Fest

w/ Nothington / Apologies, I Have None / KMPFSPRT / PJ Bond / Idle Class

02.05.13 Skater's Palace, Münster

Das Münsteraner Plattenlabel Uncle M wollte Geburtstag feiern und fragte dabei anscheinend die Booking-Agentur Uncle M, welche Bands man denn so spielen lassen könnte. Zum einen wurden Knebelverträge mit den hauseigenen Bands genutzt und außerdem kamen KMPFSPRT, die eh jede gerade herumstehende Bühne zum Spielen nutzen, hinzu oder PJ Bond, den man einfach aus dem Backstage-Raum der Nothington-Tour kidnappte.
Um auch zahlreiche Besucher in den Skater's Palace zu locken, wurden noch vegane Cupcakes gebacken, so dass man als stets hungriger Rocker gar nicht nein sagen konnte.

Idle Class

Das Uncle M Fest war so bereits im Vorfeld ausverkauft und das Café des Skater's Palace war bereits zu früher Stunde gut gefüllt, als die Lokalmatadore Idle Class den musikalischen Reigen eröffneten. Allein in den letzten Wochen haben sie schon so ziemlich alles supportet, was Rang und Namen hat, u. a. Polar Bear Club und Samiam, und dürften dabei vielleicht sogar den einen oder anderen Act mit ihrem hymnischen Punkrock an die Wand gespielt haben, denn man merkte ihnen die  Bühnenerfahrung aus anderen Bands wie Goodbye Fairground oder Stand Fast an.

PJ Bond

Danach wurde es kuschelig, denn das Dan Mangan-Double PJ Bond bot Akustisches dar. Von einer dezent eingesetzten elektrischen Gitarre begleitet, glitt das Ganze aber nicht zu sehr in Lagerfeuer-Romantik ab, stattdessen beeindruckte vor allem Bonds kräftige Stimme die Zuhörer.

KMPFSPRT

Danach dann KMPFSPRT aus Köln, hatte ich zuletzt Ende letzten Jahres in Oberhausen gesehen und dort an manchen neuen Songs etwas auszusetzen gehabt. Inzwischen scheinen sie nach eigener Aussage das erste Album im Kasten zu haben und diese Aufnahme-Pause hat ihnen gut getan, denn diesmal gab es nix zu meckern. Die alten Kracher zündeten gewohnt gut, aber die neuen Stücke fügten sich diesmal nahtlos in den Gesamteindruck ein und versprechen viel.


Die Briten von Apologies, I Have None spielen sich hierzulande geradezu den Arsch ab und waren bereits mehrmals mit ihrem Debütalbum London in deutschen Clubs unterwegs, u. a. als Vorgruppe für Make Do And Mend. Dabei haben sie wie fast alle Briten ein sehr gutes Händchen für Mitgröhl-Melodien, auch wenn sie im straighteren Uptempo-Bereich dabei nicht an Landsleute wie die Bangers oder die leider verblichenen Milloy herankommen, dafür aber fast schon Stadion kompatible Hymnen aus dem Ärmel schütteln können.


Geradezu passend dazu sah der Bassist auch aus wie einer der Hooligans aus dem Film The Football Factory, wirkte allerdings wie der Rest der Band sehr entspannt. Pünktlich zur geplanten Anfangszeit 20:45 war das Set fertig aufgebaut, aber mit der lapidaren Ansage, es würde noch ein Viertelstündchen dauern, gingen sie noch ein Bierchen trinken. Als sie danach endlich anfangen wollten, mussten sie noch etwas warten, denn ein Zuschauer hatte mal eben die Bühne erklommen und gab eine kleine Beatbox-Einlage. Lachend machte die Band mit, ehe es danach dann gleich mit Sat In Vicky Park abging. Zum ersten Mal war es rappelvoll vor der Bühne und der Mob sang lautstark mit, ein Zeichen, wie man sich Fans offensichtlich durch regelmäßiges Touren erspielen kann.


Die Energie vor und auf der Bühne schaukelte sich gegenseitig hoch, bis sich irgendwann der Gitarrist kopfüber in die Menge stürzte. Sein Kollege wollte ihm dann zurück auf die Bühne helfen, doch er zog ihn einfach ebenfalls in die Masse.Was als würdiger Abschluss eines tollen Auftritts gedacht war, reichte den Leuten aber nicht, denn sie verlangten noch eine Zugabe, so dass ungeplant einfach noch einmal der Vicky Park besungen wurde. Und danach enterte wieder ein Zuschauer die Bühne, setzte sich im Bayern-Trikot ans Schlagzeug und trommelte etwas vor sich hin, sehr skurril.

Apologies, I Have None

Nach diesem fulminanten Auftritt war ich mir nicht sicher, ob Nothington das toppen könnten. Ich hatte sie das erste Mal im Februar 2010 in Wiesbaden bei ihrem allerersten Auftritt in Europa überhaupt gesehen und seitdem waren sie immer häufiger hierzulande zu Gast und erspielten sich so eine wachsende Fangemeinde und schafften es sogar ins Vorprogramm der gesamten Donots-Tour letztes Jahr.

Nothington

Und so präsentierten sie sich auch als würdiger Headliner, dem sofort alle zu Füßen lagen. In einer knappen Stunde bretterten sie Hits aus allen drei Alben runter, die komplett mitgesungen wurden, von Where I Stand über A Mistake, The Converation Ends bis zu Far To Go und dem Nirvana-Cover Territorial Pissings.


Die Bühne füllte sich mit Bierflaschen, dem Gitarristen wurde während des Spielens Flüssigkeit eingeflößt, es wurde einer feucht-fröhliche Party, bei der eigentlich nur der ansonsten obligatorische Rausschmeißer This Time Last Year fehlte. So jedenfalls feiert man würdig eine rauschende Party und ich kann nur hoffe, dass es den Organisatoren so viel Spaß wie den Zuschauern gemacht hat und sie das Ganze wiederholen, denn schließlich hat man ja jedes Jahr Geburtstag.