Mittwoch, 3. August 2011

Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine

Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine / Angel City Outcasts

01.08.11 FZW, Dortmund

Eine lebende Legende schaute vorbei und eine Bildungslücke wurde somit geschlossen. Die Dead Kennedys waren sicherlich eine der bedeutendsten amerikanischen Punk-/Hardcore-Bands der späten 70er, frühen 80er Jahre und als sie im Dezember 1982 im benachbarten Recklinghausen spielten, war ich im zarten Alter von fast 15 Jahren noch ein unwissender Barclay James Harvest-Hörer.1986 kam dann das Ende der Dead Kennedys und Sänger Jello Biafra veröffentlichte Platten mit D.O.A., Nomeansno, Steel Pole Bathtub und den Melvins, mit Leuten von Ministry unter dem Namen Lard und brachte diverse Spoken-Work-Alben raus. Während seine ehemaligen Mitstreiter Anfang des Jahrzehnts als billige Kopie ihrer eigenen Vergangenheit wieder auf Tour gingen. dauerte es bis 2009, ehe er wieder als Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine Musik in der Tradition der Dead Kennedys unter seinem eigenen Namen aufnahm. Deren zweites Album Enhanced Methods Of Questioning ist gerade erschienen und im Zuge dessen spielte er ein recht kurzfristig angesetztes, aber dennoch ausverkauftes Konzert im kleinen Club des FZW.
Die erste Vorband wurde noch beim Bierchen in der dieses Jahr so seltenen Abendsonne verpasst, doch die Angel City Outcasts bekamen wir noch mit. Die vier Jungs aus Los Angeles machen Hochgeschwindigkeits-Rock'n'Roll im Stile der Hellacopters, allerdings mit Defiziten im Posing. Einzig der Bassist, klischeesicher zwischendurch an einer Flasche Jim Beam nippend, konnte hier punkten. Musikalisch machten sie ihre Sache recht gut in einem wahrlich ausgenudelten Genre, auch wenn ihre Huldigungen an Kiss mit ihrer in LA Rock City umbenannten Version eines Klassikers sowie ihr Cover von AC(DCs Whole Lotta Rosie doch etwas daneben gingen.

Angel City Outcasts
Gegen 22:15 betrat dann der von den Nomeansno-Freunden Victims Family ausgeliehene Gitarrist Ralph Spight mit zugetapetem Mund die Bühne und frickelte ein paar Minuten auf seiner Gitarre rum, ehe der Rest der Guantano School Of Medicine den OP betrat, darunter der ehemalige Rollins Band-Bassist Andrew Weiss.

Ralph Spight (Guantanamo School Of Medicine)
Mit The Terror Of Tinytown, dem Opener des Erstlings The Audacity Of Hope, ging es dann los und Jello Biafra kam mit Sonnenbrille und einer modisch äußerst abschreckenden rot-schwarz karierten Jacke auf die Bühne und explodierte sofort. Ein störender Monitor wurde mal eben aus dem Weg befördert (wie später auch ein Rucksack und ein Sweatshirt, die unbedachte Zuschauer am Bühnenrand abgelegt hatten), denn der inzwischen 53jährige hatte immer noch Hummeln im Hintern, war praktisch ständig in Bewegung auf der Bühne, am Rand und auch im Publikum. Dabei schnitt er auch noch ständig Grimassen und untermalte pantomimisch seine Texte. Auch seine berüchtigten Tiraden gegen die Reichen und die Mächtigen ließ er als Einleitung zu den Stücken ab, dabei wetterte er u. a. gegen die Gentechnik (zu The Cells That Will Not Die) und machte Werbung für Anti-Kriegs-Organisationen (zu Victory Stinks). Auch fand er lobende Worte für die Hartnäckigkeit der Anti-Atomkraft-Bewegung in Deutschland, deren Beharrlichkeit sich ja letztlich auszahlte, wenn auch bedingt durch die Katastrophe in Fukushima.
Der Rest der Band wirkte im Gegensatz zum Energiebündel Jello fast verhalten im Hintergrund, nur Ralph Spight wirbelte ebenfalls wie ein Derwisch herum und begab sich ebenfalls häufig an den Bühnenrand. Musikalisch standen natürlich die Lieder der beiden GSM-Alben im Vordergrund, darunter auch ein bislang unveröffentlichter Song namens John Dillinger, aber plötzlich ertönten die ersten Zeilen von California Über Alles und die ohnehin schon gute Stimmung im heißen Club schwappte über. Es folgten später noch weitere Ausflüge in seine alten Werke mit dem DK-Klassiker Bleed For Me und Forkboy vom Lard-Album The Last Temptation Of Reid, ehe nach gut 65 Minuten erst einmal Schluss war. Doch natürlich folgte eine Zugabe, deren Abschluss Holiday In Cambodia bildete, bei dem der ganze Saal geschlossen "Pol Pot" mitgröhlte. Danach erwarteten viele nichts mehr, doch die Band kam noch einmal zurück und es ertönte das markante Riff eines meiner Lieblingssongs der Dead Kennedys, Moon Over Marin. Mit I Won't Give Up, quasi einem Manifest des Politikers Jello Biafra, endete über 90 Minuten schließlich ein mehr als beeindruckendes Konzert einer Punklegende, der man in jedem Augenblick abnahm, das sie noch eine Botschaft unters Volk zu bringen hat und die es immer noch spielend schaffte, die Zuschauer in ihren Bann zu ziehen, denn schließlich lauteten die letzten Worte das letzte Liedes so passend:
I won't give up
It's not an option.


Jello Biafra And The Guantanamo School Of Medicine

1 Kommentar:

  1. Wenn ich das so lese wäre ich wohl doch besser hin. Aber war ja eh ausverkauft.

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