Mittwoch, 11. September 2013

Blake Schwarzenbach

Blake Schwarzenbach / Andalucia

07.09.13 Gleis 22, Münster

Vor über zwei Jahren war Blake Schwarzenbach mit seinen Forgetters auf Tour, noch ohne Album. Ende letzten Jahres erschien es endlich und nun ist er wieder in unterwegs, diesmal allerdings solo, aber dafür war angekündigt, dass er auch Lieder seiner alten Bands Jawbreaker und Jets To Brazil spielen würde.


Kurz nach neun öffnete sich der Vorhang zunächst für das Münsteraner Duo Andalucia. Man findet im Netz wohlmeinende Vergleiche zu den Japandroids, sie selber nennen auf ihrer Homepage Dinosaur Jr und Sonic Youth als Einflüsse. Ich hatte sie bereits im Juli in Recklinghausen gesehen und so richtig konnten sie mich damals nicht überzeugen, ich hatte aber auch nicht ihren ganzen Auftritt verfolgt. Diesmal schenkte ich ihnen ganz Gehör und dennoch kann mein Urteil nicht viel lobender ausfallen. Musikalisch erinnerten sie mich an die ostwestfälische Indierock-Schule Anfang der 90er um Bands wie die Hip Young Things, die Songs schrammelten also nett, aber ohne wirklichen Wiedererkennungswert vor sich hin. Die Vergleiche zu den Japandroids scheinen aber dann hauptsächlich auf der Tatsache zu beruhen, dass Andalucia auch nur Gitarre und Schlagzeug bedienen. Denn vor allem an Bühnenpräsenz hapert es doch gewaltig.
Lieber Sänger, deine Stimme ist nicht meins, aber das ist Geschmackssache. Doch du trittst vor Publikum auf und da sollte man die Leute auch ansingen und nicht an ihnen vorbei. Und genuschelt-gehauchte Ansagen, die man mit Mühe als "WrsndAndaluciausMünster" kann nicht nur mangels kräftiger Stimme kaum verstehen. Trau dir was zu, geh aus dir raus, dann wird das vielleicht noch was. Nichts für ungut, das musste mal so deutlich gesagt werden.

Andalucia

Bei Blake Schwarzenbach hatte ich mich im Vorfeld gefragt, was ich erwarten durfte und wie ich mich darauf vorbereiten sollte. Den ganzen Backkatalog rauf und runter hören? Letztlich legte ich mal wieder die Bivouac von Jawbreaker auf, ignorierte Jets To Brazil und blieb am Forgetters-Album hängen, weil es so großartig ist und war auf einmal gar nicht mehr zu versessen darauf, alte Klassiker zu hören, wenn Schwarzenbachs neuer Output doch genug Aufmerksamkeit verdient. Kurz nach zehn waren dann alle Spekulationen hinfällig, denn Schwarzenbach betrat die Bühne in einem nicht besonders gut gefüllten Gleis 22.

Blake Schwarzenbach

Wirkte er im Mai 2011 im Druckluft noch etwas unsicher und legte keinen besonders denkwürdigen Auftritt hin, war an diesem Abend sofort alles anders. Direkt zu Beginn stellte er klar, dass dieses das letzte von 23 Konzerten in Folge sein würde und er am Tag drauf im Flieger zurück nach New York säße. Zudem disste er gleich mal Green Day und The Get Up Kids, um dann mit Vampire Lessons musikalisch zu starten, dem ersten Song der ersten Forgetters-Single.
Das hatte mehr Biss und mehr Ausstrahlung in jedem Gesichtsausdruck und in jedem Ton als Andalucia vorher in 30 Minuten zusammen, wobei zu ihrer Entschuldigung natürlich gesagt sein muss, dass Schwarzenbach mit seinen 46 Jahren über so viel mehr Bühnen- und auch Lebenserfahrung verfügt. In der folgenden Stunde spielte er alte Songs (wie Chemistry von der Dear You, allerdings leider oder auch zum Glück kein Shield Your Eyes oder Busy), doch beeindruckte er mich am meisten mit den Forgetters-Stücken und dabei hatte er einige meiner Favoriten wie Too Small To Fail oder seine Version von Human League's Seconds gar nicht auf dem Zettel. Und das mit dem Zettel konnte man wörtlich nehmen, denn nach jedem Lied nahm Schwarzenbach den entsprechenden Zettel von seinem Text-Ständer und ließ ihn fast achtlos zu Boden gleiten.


Bei Turn Away hatte ich ob der Intensität Gänsehaut, er lebte Zeilen wie "I still want so much more than I got" geradezu. Da kam an diesem Abend nur My Drug Buddy, das Cover des alten Lemonheads-Songs von der It's A Shame About Ray ran. So habe ich Evan Dando das Lied noch nie spielen hören.
Zum Abschluss gab es dann noch eine Premiere. Schwarzenbach kündigte einen Art Freestlye Rap an mit dem merkwürdigen Titel Chris Alexanderplatz. Dazu schnappte er sich eine Kladde, wohl eine Ideensammlung voller PostIt-Fahnen. Er stellte einen Beat an seinen Effektgeräten ein und begann dazu in Beat Poetry-Manier den Text vorzutragen, bis er merkte, dass er den falschen Rhythmus gewählt hatte. Nach einem kurzen Abtauchen an die Pedale ertönte dann der passende Rhythmus und er beendete die Show in bester Hip Hop-Manier mit "Peace!".


Mir gefiel es super, doch ich bin mir nicht sicher, ob ich für den Rest des Publikums sprechen kann. Zwar gab es nur einen zaghaften Ruf nach alten Jawbreaker-Songs - Schwarzenbach lehnte es höflich ab, Jet Black zu spielen, da er dazu einen Drummer benötige - ansonsten blieb das Publikum reserviert, aber man spürte schon, dass die meisten sich mehr Klassiker gewünscht hätten. Ich war hingegen zufrieden und wünsche mir nun wieder eine Forgetters-Tour mit einem Schwarzenbach in der Form dieses Solo-Auftritts, mit diesem Biss und dieser Energie und dazu dann allen Stücken, die an diesem Abend ausgelassen wurden.

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