Montag, 16. Juni 2014

Thomas Truax

Thomas Truax

14.06.14 Junge Oper, Dortmund

Thomas Truax war in der abgelaufenen Spielzeit verantwortlich für die Musik zur Inszenierung von Peer Gynt am Schauspielhaus Dortmund. Zwischen den Aufführungen hatte Truax immer mal wieder Solo-Auftritte bestritten, u. a. einen sehr guten im Vorprogramm von Gallon Drunk in Krefeld. Da Peer Gynt nun ausgelaufen ist, könnte dieses Konzert im Rahmenprogramm des NRW-Theatertreffens eine der letzten Gelegenheiten gewesen sein, den sympathischen Amerikaner live in Dortmund zu erleben.
Schauplatz war die Junge Oper, ein kleiner Wellblechschuppen neben dem Schauspielhaus, in dem sonst hauptsächlich Opernaufführungen für Kinder und Jugendliche stattfinden.

Thomas Truax

Gegen 23:15 betrat Truax die ebenerdige Bühne vor ca. 50 Zuschauern, womit der kleine Saal gut gefüllt war. Er bot dabei eine bunte Mischung aus Stücken seiner zahlreichen Alben, natürlich auch aus seinem neuesten Trolls, Girls & Lullabies, dem Soundtrack zu Peer Gynt, sowie zahlreichen Coverversionen.
Wie immer offenbarte er dabei, welch großartiges Spielkind in ihm steckt. Bei Full Moon Over Wowtown begab er sich wieder auf Wanderung, zunächst durch den Zuschauerraum. Dabei versteckte er sich kurz unterhalb einer Kanzel, in der der Ton- und Lichtmensch ihren Job verrichteten, um dann vor die Glasscheibe zu springen und die beiden gehörig zu erschrecken.
Anschließend öffnete er eine Notausgang-Tür nach draußen und drehte einige Runden ums Gebäude. Anschließend erzählte Truax, dass er draußen singend und Gitarre spielend an einer Polizeistreife vorbeikam. Bei der nächsten Runde standen die Beamten immer noch da und schauten wohl etwas komisch, während sich Thomas noch nie so beschützt während eines Auftritts fühlte.
Bei The Butterfly And The Entomologist gab mitten im Lied der kleine Taschenventilator ("It's always good for an artist to have a personal fan") seinen Geist auf, so dass Truax das Lied per Hand zu Ende spielen musste. Solch kleine Pannen brachten ihn aber nicht aus der Fassung, denn ein wenig chaotisch wirkten seine Auftritte schon immer. Wie ein zerstreuter Professor wuselte er zwischendurch immer wieder über die Bühne, als ob er vergessen hatte, was er als nächstes tun wollte.

Thomas Truax

Und als wären die Geschichten in seinen Songs nicht schon bizarr genug - man denke nur an Why Dogs Howl At The Moon, einer der schönsten Momente des Abends, so zeigte sich Truax auch dazwischen in Plauderlaune. So erzählte er von seinem Kurzauftritt während der Eröffnungsfeier des Theatertreffens am Abend zuvor, als auch der Bürgermeister der Stadt Dortmund anwesend war und  an einem Rednerpult stand, während daneben auf einem Podest Mother Superior, seine Eigenkonstruktion eines Rhythmusrades, thronte, so dass die Szenerie wie eine Podiumsdebatte zweier Politiker wirkte.
Er ließ sich auch von der Kulisse inspirieren, denn in einer Ecke der Bühne stand eine kleine Rakete, vermutlich eine Requisite von einer vergangenen Aufführung. Er ließ den letzten Akkord auf seiner Gitarre lange weiterhallen und ging dann zu der Rakete rüber und lauschte und erklärte dann, dass er dachte, dass das Geräusch vom Triebwerk der Rakete stamme, weil Mother Superior immer schon einmal zu den Sternen fliegen wolle.
Letzten Monat stellte Thomas Truax für einen Blog acht seiner Lieblingslieder vor und vielleicht spielte er deshalb an diesem Abend so viele Coverversionen. Wie schon Joseph Keckler beim letzten Small Beast trug er seine Version von I Put A Spell On You vor, Satisfaction wurde ja auch in Peer Gynt verarbeitet, aber Sleepwalk gehörte zu eben dieser Bestenliste.


Auch einen brandneuen Song stellte Truax vor. Hatte Joseph Keckler beim Small Beast ein Lied namens I Was A Teenage Goth gespielt, konterte Thomas mit I Was A Teenage Post Punk und der herrlichen Textzeile "Bauhaus for breakfast, Wire for lunch".
Das mit einer psychedelischen Leuchtbrille gespielte Beehive Heart beendet dann fast 75 Minuen das kurzweilige Set.  Und dann passierte etwas Merkwüdiges. Das Publikum, das sich während des ganzen Auftritts merklich prächtig unterhalten fühlte, klatschte normal Beifall, dann war es still, aber niemand machte Anstalten zu gehen. Truax stand sichtlich verwirrt am Bühnenrand und wusste nicht, was er davon halten sollte. Ich hatte so etwas auch noch nicht erlebt und sagte dann zu ihm, dass offenbar niemand gehn würde, ehe er nicht noch etwas spielen würde. Den gefallen tat er uns dann auch und coverte als Rausschmeißer zwischen den Sitzreihen den Country-Klassiker King Of The Road. Jetzt waren offenbar alle zufrieden und machten sich auf den Weg an die frische Luft.

Thomas Truax

Ich werde Thomas Truax am Dortmunder Theater vermissen und hoffe, das er vielleicht das eine oder andere Mal zu Gastauftritten vorbeischaut, denn wie er seinen Spieltrieb kreativ in wunderbare Musik umsetzt, ist schon einzigartig.

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